Kapitel 22

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,,Bist du dir sicher? Ich meine, ich kann auch einfach neben euch her fliegen."
,,Dann ist es doch kein richtiger Ausritt", beschwerte sich Hayden.
Zweifelnd guckte ich zu ihm hoch und dann wieder zu der Stute.
,,Jetzt setz dich einfach drauf. Ich werde dich schon nicht fallen lassen", forderte er mich auf und schob mich näher zu Rhea.
,,Davor habe ich keine Angst. Ich meine, ich kann reiten und im Notfall kann ich mich auch mit meinem Element auffangen, aber sind wir beide nicht zu schwer für sie?", fragte ich ihn und deutete dabei auf sein Pferd.
,,Keine Sorge, Rhea ist stark", meinte Hayden und tätschelte seine Stute stolz.

Seufzend gab ich dann nach und schwang mich mit hilfe des Steigbügels auf das schwarze Pferd.
Kurz danach stieg auch Hayden hinter mir auf Rhea und fasste nach den Zügeln, so dass ich von seinen Armen umschlossen wurde.
Er trieb seine Stute an und wir ritten im Trab aus dem Lager auf die Übungswiese.
Hayden ritt am Rand des Waldes lang und steuerte die freien Wiesen neben den Bäumen an, die meistens als Feld für die Bauern fungierten.

Wir waren in Schweigen gehüllt. Keiner wollte etwas sagen oder wusste, was. Durch Haydens Nähe war ich auch die ganze Zeit angespannt und achtete darauf Körperkontakt so gut wie möglich zu vermeiden. Besagte Aufgabe war aber schwerer als gedacht, da er nur wenige Zentimeter von mir entfernt war. Zudem hatte er anscheinend gemerkt, welche Auswirkungen er auf meinen Körper hatte, da ich jedes mal leicht zusammen zuckte, wenn wir uns berührten und die Stelle kribbelte angenehm.
Ich merkte, wie Hayden sich langsam vorbeugte und spürte seinen Atem an meiner Wange.
,,Du musst dich nicht so anspannen. Ich tue dir schon nichts", sagte er und ich konnte sein freches Grinsen förmlich spüren.
Ich drehte mich mit meinem Kopf zu ihm, so dass sein Gesicht meinem jetzt viel zu nah war und fragte ihn dann: ,,Und wer garantiert mir das?"
Ich beobachtete, wie sein Grinsen noch breiter wurde.
,,Du hast dich mit mir auf Rhea gesetzt, das zeigt doch, dass du mir vertraust. Ist dir das Garantie genug?", meinte er selbstgefällig.
Ich verdrehte die Augen und schaute wieder nach vorne.

Ich merkte, wie Hayden seine rechte Hand vom Zügel löste und beobachtete ihn, um herauszufinden, was er jetzt wieder vorhatte.
Seine Hand schlang sich um meinen Bauch und drückte mich an Haydens Brust. Einen leisen, überraschten Aufschrei konnte ich nicht unterdrücken.
Ich wollte mich wieder aufsetzten, wurde aber durch Haydens Hand, die mich immer noch festhielt, an meinem Vorhaben gehindert.
Da ich wusste, dass er so schnell nicht aufgeben würde, beließ ich es einfach dabei und lehnte mich zurück. Ein bisschen genoss ich seine Nähe auch, was ich aber niemals zugeben würde.

Ich bewunderte die Aussicht, die ich von dem Pferderücken zu sehen bekam.
Wir redete auch nicht miteinander, was in keinem Fall unangenehm war, sondern eher entspannend.
Mir fiel dann doch noch eine Frage ein, womit ich die Stille brach.
,,Wie alt ist Rhea eigentlich?"
,,Elf . Ich habe sie mit 13 Jahren bekommen und durfte sie dann selbstständig einreiten", erklärte er mir.
,,Also ist sie dein erstes eigenes Pferd", schloss ich aus dem Zusammenhang.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er nickte und irgendwie traurig in die Ferne sah.
,,Was ist los?", fragte ich und guckte zu Hayden hoch.
Sofort fing dieser sich wieder und winkte nur ab.
,,Denkst du an die beiden entführten Jungs?", fragte ich weiter.
Doch er verneinte diese Frage.
,,Woran denkst du dann?", wollte ich wissen.
,,Ist nicht so wichtig. Wollen wir ein bisschen galoppieren?", wollte er vom Thema ablenken, aber nicht jetzt.
,,Hayden, komm schon. Was auch immer es ist, ich werde dich schon nicht auslachen", erklärte ich ihm.
,,Ich denke, an meine Familie. Es ist das erste Mal, dass ich so lange von ihnen getrennt bin und ich weiß wie dumm das ist, da es später ein Teil meines Jobs ist, aber ich vermisse sie", offenbarte er seine Gefühle vor mir.
,,Ich verstehe dich. Als meine Eltern gestorben sind, habe ich sie auch ungaublich vermisst. Sie waren einfach weg, aber ich habe gelernt damit zu leben und das wirst du auch", antwortete ich ihm.
,,Das ist aber nicht das Gleiche. Du hast deine Eltern plötzlich verloren und wirst sie nie wieder sehen, aber ich bin einfach nur tausende Meilen von ihnen getrennt", erwiderte Hayden sofort.
,,Jedes Mal, wenn du losziehst, kann es das letztes Mal sein, dass du deine Familie siehst. Du kannst jede Verabschiedung als deine letzte ansehen und dadurch ist das vermissen doch irgendwie ähnlich", erklärte ich ihm meine Sichtweise.
,,Das war jetzt aber nicht wirklich aufbauend", meinte Hayden und ich konnte seine Belustigung aus seiner Stimme heraus hören.
,,Wer hat denn gesagt, dass ich dich aufheitern will?", fragte ich frech und sah zu ihm auf.
Kopfschüttelnd und grinsend ritt er weiter und ignorierte meine Frage gekonnt.

,,Hast du eigentlich Geschwister?", wollte ich von ihm wissen.
,,Ja, drei kleine Schwestern", beantwortete er mir meine Frage diesmal.
,,Und wie heißen sie?", fragte ich weiter.
,,Die Älteste ist Elly mit 17 Jahren. Danach kommt Leya, sie ist 15 Jahre alt und die Jüngste ist Mali, sie ist auch 15. Leya und Mali sind Zwillinge", erzählte er mir.
Man sah richtig, wie er bei dem Gedanken an seine Schwestern anfing zu strahlen.
,,Hast du dir nie noch einen Bruder gewünscht?", fragte ich Hayden.
,,Nein, ich hatte ja Alec, der für mich wie ein Bruder war", antwortete er mir wie selbstverständlich.
Ich war ein bisschen überrascht, dass sich Alec und Hayden schon so lange kannten, da ich dachte, sie hätten sich erst hier kennengelernt.
,,Hast du Geschwister?", wurde ich nun gefragt.
Ich schüttelte meinen Kopf und antwortete:,, Ich habe nur meine Cousine, die für mich wie meine Schwester ist und gleichzeitig meine beste Freundin."

,,Halt dich gut fest. Wir galoppieren jetzt noch ein bisschen, damit sich Rhea auch richtig auspowern kann", erklärte mir Hayden und ich setzte mich sofort wieder aufrecht hin und klammerte mich in die schwarze Mähne, um nicht vom Pferd zu fallen.

Combatant - Lager in AmerdanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt