Kapitel 27
Auch in der Schule begann sich etwas zu verändern. Es war weniger nervig sich mit den Lehrern rumzuschlagen, wenn sie einem praktisch aus der Hand fraßen, fand Kevin. Leider wurde er jetzt als ‚Lehrers Liebling' abgestempelt und die anderem Jungen begegneten ihm mit Ignoranz und Sticheleien. Das war echt ein Drama, aber Kevin schluckte die fiesen Bemerkungen herunter, die ihm auf der Zunge lagen, immerhin hatte er sich das zum Teil ja selbst zuzuschreiben.
Nur war auch der Geduldsfaden eines sehr geduldigen Zehnjährigen irgendwann überreizt. Und dann kam die große Explosion.
Wütend funkelte Kevin den Jungen an, der ihn wie zufällig angerempelt hatte und den Kevin in einem Instinkt aufkommender Wut am Jackenärmel festgehalten hatte. Der Rempler stolperte fast da er mit dieser Reaktion nicht gerechnet hatte und sich nun Auge in Auge mit Kevin befand.
Dieser sah den Idioten wütend an, der sich erlaubt hatte ihn so respektlos zu behandeln. Und es war deutlich, dass Kevin nicht sonderlich fröhlich darüber war, auf Gnade konnte der andere Junge jetzt nicht hoffen Er hatte das Pech die Wut, die sich in den letzten Tagen in Kevin aufgestaut hatte, gebündelt abzubekommen. Das bedeutete Leid.
Lucas war inzwischen ebenfalls stehen geblieben als er bemerkt hatte, dass sein Freund drauf und dran war sich mit dem anderen Jungen anzulegen. Er zupfte zaghaft an Kevins Ärmel und flüsterte ihm zu, dass er es einfach dabei belassen sollte. Und der Dunkelhaarige verstand die Sorge seines Freundes gut, denn der Rempler war zwei Klassen über ihnen, ganz offensichtlich der große Bruder von einem aus Kevins und Lucas Jahrgang. Dementsprechend war der Junge größer und kräftiger, aber Kevin ließ sich nicht einschüchtern. Mit einem entschlossenen und mehr als finsteren Blick sah er zu dem älteren Jungen auf. Wut loderte in seinem Inneren und die Hände hatte er zu Fäusten geballt, bereit zuzuschlagen, sollte es nötig werden.
„Komm schon, Kevin, lass das, wir haben gleich Unterricht", startete Lucas einen neuen Versuch seinen Kumpel von einem Fehler abzuhalten.
„Nein, ich kann das nicht einfach so zulassen, ich habe nichts falsch gemacht. Dieses unhöfliche Verhalten gehört sich nicht, das möchte ich ihm nur klarmachen."
„Kevin, du bist ein verdammter Idiot", knurrte Lucas, stellte sich dann aber neben seinen Freund, „Wenn du Ärger mit ihm hast, dann auch mit mir."
„Ich brauche deine Hilfe nicht", ereiferte sich Kevin erbost.
„Jaja ich weiß, aber ich bin dein Freund, ich bleibe an deiner Seite, egal in was für Schwierigkeiten du wieder steckst", meinte Lucas und lächelte schüchtern. Er wusste, dass das hier eine verdammt dumme Idee war, mit dem Älteren war sicher nicht gut Kirschenessen. Vor allem nicht nachdem Kevin ihn praktisch herausgefordert hatte.
„Gehst du bitte schon mal vor, Lucas? Ich komme hier klar, wirklich. Sag bitte Miss McDonald, dass ich noch auf Toilette gegangen bin." Lucas sah seinen Freund skeptisch an, doch als dieser erneut auffordernd nickte, folgte Lucas der Aufforderung und verschwand im Getümmel. Kevin wandte sich dem Älteren zu und stellte sich auf die Zehenspitzen „Komm mit"
Ein paar Minuten später betrat Kevin den Unterrichtsraum, entschuldigte sich bei der Lehrerin für seine Verspätung und setzte sich dann auf seinen Platz neben Lucas. Von diesem wurde Kevin erst einmal eingehend gemustert, anscheinend war er erstaunt das er kein blaues Auge kassiert hatte und Kevin konnte nicht anders als sehr zufrieden zu lächeln.
„Mensch, was hast du gemacht?"
„Geredet", erklärte Kevin sachlich, das Lächeln wollte sich aber trotzdem nicht so recht aus seinem Gesicht wischen lassen.
„Der Typ war zwei Jahre älter, ich bin erstaunt das der kein Hackfleisch aus dir gemacht hat", flüsterte Lucas und warf immer wieder sorgende Blicke zu der Lehrerin, die nicht bemerken sollte, dass er und Kevin wieder einmal nicht dem Unterrichtsgeschehen folgten.
„Ich hatte überzeugende Argumente" meinte der Dunkelhaarige leichthin.
Lucas unterdrückte ein gekünsteltes Lachen und fuhr sich durch die kurzen, blonden Haare „Ganz ehrlich, dass glaub ich dir nicht so recht, der Kerl sah nicht so aus als sei ihm zum Reden zumute gewesen."
„Wer hat gesagt das ich ihn habe zu Wort kommen lassen?", Kevin grinste frech.
„Ach halt die Klappe und sag mir wie du das gemacht hast", sagte Lucas gespielt gereizt und stieß seinen Freund neckisch an.
„Uhmm nop", machte Kevin, „Ich hab wirklich nichts gemacht, nur geredet."
„Dann sags mir halt nicht", grummelte Lucas und schmollte den Rest der Stunde.
Kevin haderte mehrmals mit sich und war immer kurz davor seinen Freund anzutippen und ihm alles zu erklären. Aber es war noch nicht soweit, das hier war nicht der passende Moment.
Aber auch wenn Lucas aus Kevin keine weiteren Infos mehr rausbekam, erfuhr er noch am gleichen Tag was mit dem Kontrahenten seines besten Freundes passiert war. Denn in der nächsten Pause stolperten die beiden Jungen unweigerlich über eine größere Schülertraube, die sich schaulustig grölend gebildet hatte.
„Was ist denn da los?", stutzte Lucas und zog Kevin eilig mit sich in Richtung des Tumults. Die beiden Jungen drängten sich nach vorn, Kevin wurde dabei eher von seinem Freund mitgeschleift, als das er Eigeninitiative zeigte, da er wenig Interesse an der ganzen Aufregung und dessen Grund hatte.
„Krass", hörte Kevin da seinen Freund rufen, als dieser sich bis nach vorn durchgeschlagen hatte. Vor ihnen und im Mittelpunkt des Interesses stand wild fluchend der Junge, der Kevin vorhin angerempelt hatte. Mit wütenden Beschimpfungen ging er auf die umstehenden Schüler los, welche sich das Lachen nicht verkneifen konnten und ihm fiese Kommentare entgegenriefen.
Und der Schüler keifte und schlug wild um sich. Seine Aggression war ihm deutlich anzusehen, sodass ihm gar keine Zeit für seine Scham blieb. Dass er ohne Hose und nur in karierten Boxershorts auf dem Schulhof stand, inmitten einer Gruppe gaffender Schüler, die munter mit ihren Handys Fotos und Videos machten, hatte er ausgeblendet und gegen rasende Wut eingetauscht. Das ging so lange bis einer der Lehrer dazu kam und für Ordnung sorgte, indem er jedem den er erwischte eine saftige Strafe und ein Gespräch mit den Eltern androhte. In Windeseile hatte sich die Menge der Schaulustigen aufgelöst und auch Kevin und Lucas waren eilig verschwunden. Doch obwohl der Lehrer mit Konsequenzen gedroht hatte war klar, es würde keine Stunde dauern, dann waren die ersten Handyvideos im Internet zu finden.
„Kev, oh mein Gott, wie hast du das hinbekommen? Der Kerl hat sich vor der ganzen Schule blamiert!", freute sich Lucas und gestikulierte wild mit den Händen, sprach dazu aber gedämpft um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Das war eher widersprüchlich aber es interessierte sich eh niemand für sie beide, da alle bereits wild tuschelten und sich die Gerüchte wie ein Lauffeuer durch die ganze Schule verbreiteten.
„Ich habe nichts gemacht", wiederholte Kevin ganz bewusst die Lüge, denn unmöglich konnte er seinen Freund mit der Wahrheit konfrontieren. Auch wenn es ihm leid tat seinen besten Freund belügen zu müssen, es war zu seinem besten, er sollte auf keinen Fall irgendwie Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Und wenn es eine Sache gab, die Lucas nicht konnte, dann war es gut schauspielern. Der blonde Junge war ein perfekter Geheimniswahrer, aber lügen und schauspielern konnte er einfach nicht. Sollte ihn also jemand fragen ob er etwas wusste, würde er ihn niemals verraten, aber er würde sich verdächtig machen. Und das wollte Kevin einfach nicht riskieren.
Kevin hoffte, das Thema würde bald wieder durch andere Skandale und schulinterne News ersetzt werden, aber dem war nicht so. Die Gerüchteküche brodelte auch am nächsten Tag noch wie verrückt, und auch erste Zeugen gaben ihr Halbwissen und ihre angeblichen Beobachtungen zum Besten. Viele wollen den Schüler, dessen Name sich als Jonathan Gordon entpuppte, schon auf dem Weg zu den Toiletten gesehen haben. Jonathan war angeblich ohne seine Hose aus dem Jungenklo gekommen und das fehlende Kleidungsstück war erst verschwunden, wurde aber ein paar Tage später in einem fremden Spind gefunden. Die Eltern des Jungen hatten die Polizei eingeschaltet, aber die Beamten, die den Spind und die Hose untersuchten, konnten nichts finden, außer den Fingerabdrücken ihres Besitzers, sodass sich die Ermittlung im Nichts verlief und recht schnell ad acta gelegt wurde.
Kevin hatte sich zu keiner Zeit große Sorgen gemacht, dass man ihm etwas würde anhängen oder nachweisen können, denn immerhin gab es hier in der Schule keine Kameras. Und da Jonathan sich die Hose auf seinen Befehl hin selbst ausgezogen und in dem leeren Spind platziert hatte, gab es nichts was ihn mit der Tat in Verbindung brachte. Aber Vorsicht war nun einmal besser als Nachsicht, weshalb sich der Zehnjährige ein paar Tage bedeckt hielt und es dabei beließ.
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~~ Rise~~ [Kilgrave FF (Marvel's Jessica Jones)]
FanficBevor er zu Kilgrave wurde war Kevin ein ganz normaler Junge, sah man einmal von der Krankheit ab, die sein Leben bedrohte. Seine Eltern, zwei Wissenschaftler suchten nach Heilung für ihren Sohn, doch was sie schufen war ein Monster.