35. Kapitel

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Ein schrumpeliger Luftballon  hing vor der Tür und ließ traurig seinen Kopf hängen. Verwirrt blickte ich mich nach links, dann nach rechts um. Kein Killerclown in Sicht.
Ich schloss die Tür auf und öffnete sie langsam, meinen schwarzen Rucksack wie ein Schutzschild vor mir. 

Wenn mich der Clown umbringen wollte, dann würde ich nicht ohne einen Kampf zugrunde gehen. 

Drinnen war alles dunkel. Leise schob ich mich durch die Tür und ließ sie offen. Schließlich könnte ich noch einen Fluchtweg gebrauchen. 

Wie ein Agent schlich ich auf Zehenspitzen durch den Flur und konnte es nicht lassen, die Hände zur einer Pistole zu formen.  

In einer Ecke des Wohnzimmers aus Richtung der Küche erklang ein leises Rumpeln. Sofort drehte ich mich in diese Richtung. Ich versuchte leise zu Atmen, doch meine Atemzüge kamen nur noch stoßweise und unnatürlich schnell hintereinander. Eine Gänsehaut kroch über meine Arme. 

Wieder ein Geräusch. Es klang als würde jemand auf leisen Sohlen über den Boden laufen, in meine Richtung. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich nur auf das Geräusch. Es kam von links. Und immer näher. 

Fast automatisch nahm ich eine lauernde Haltung ein, bereit zum Angriff. Dann öffnete ich meine Augen. Nicht weit vor mir sah ich die Silhouette einer großen Gestalt. Sie hatte etwas längliches in ihrer Hand. 

War das etwa ein Messer?

Mein Herz hämmerte wie wild gegen meinen Brustkorb.

Jetzt oder nie.

Ich ballte die Hand zur Faust und schlug der Person gegenüber in den Magen. Jedenfalls sollte es da sein. Ich wusste nicht genau wo ich genau hin getroffen hatte.

Mein Gegenüber fiel mit einem Uff nach hinten und ich verlor das Gleichgewicht. Hilflos ruderte ich mit meinen Armen und fiel nach vorne. Die Landung war nicht besonders angenehm, der Körper fühlte sich sehr trainiert an, und ein weiteres Uff erklang.

Bevor ich weiteres gegen meinen Gegner ausrichten konnte wurde ich auf den Rücken gedreht. Meine Hände wurden über meinem Kopf festgehalten und meine Beine konnte ich unter seinem Gewicht nicht bewegen. 

Ich versuchte mich ruckartig aufzurichten. Doch meine (immer noch nicht vorhandenen) Bauchmuskeln schrien empört auf. 

Apropos Schreien. Es blieb also nur noch eine Möglichkeit. Ich holte tief Luft und schrie aus voller Kehle los. Im selben Moment ging das Licht an und ich starrte in die aufgerissenen, eisblauen Augen von Daiven. 

Der Schrei blieb vor Schreck in meiner Kehle stecken und gab etwas von mir, das wie eine Mischung aus einem Gurgeln und einem hysterischem Kichern klang.

Die ganze Anspannung fiel von mir ab und ich entspannte meine Muskeln wieder.

"Ach du bist es.", sagte ich erleichtert und lächelte ihn an. 

Fragend zog er eine dunkle Augenbraue hoch. 

"Ich dachte hier wäre ein Killerclown oder so."

"Wieso denn das?", fragte er perplex. 

Ich nickte in Richtung des schrumpeligen Luftballons den man durch die offene Tür hängen sehen konnte. "Deswegen. Warst du das?"

Daiven grinste jungenhaft. "Ich kann immer noch keine Luftballons aufblasen. Eines der wenigen Dinge in denen ich nicht perfekt bin."

Ich verdrehte die Augen. "Jaja. Könntest du dann auch mal von mir herunter gehen? Ich glaube meine Blutzirkulation wurde von deinem Gewicht abgedrückt."

Kuss des AlphasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt