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[Jungkook]

„Herr Kim, Sie haben schon bessere Witze gemacht!", lachte ich nervös und wollte mir nicht anmerken lassen, dass ich kurz davor war den Verstand zu verlieren oder irgendwie einen Frustschrei von mir zu geben. Wieso fragte er mich das so plötzlich aus heiterem Himmel?

Taehyung schaute mich weiterhin einfach nur an und trug keinerlei Emotion in seinem Gesicht, was mich immer weiter beunruhigte, weshalb ich mich immer nervöser in den Stoff meiner Kleidung krallte und mir auch hin und wieder mal auf die Unterlippe biss, dabei stets ein nervöses Lächeln tragend. Mein Herz raste und die Hitze war mir bereits in den Kopf gestiegen, wodurch sich kleine Schweißperlen an meiner Stirn bildeten, das merkte ich definitiv.

„Sehe ich für dich aus, als hätte ich gerade einen Spaß gemacht? Wenn diese Sache für dich ein Witz ist, dann enttäuschst du mich, also sei bitte ehrlich mit mir", erwiderte er seufzend und in einem irgendwie wirklich unglücklichen Ton, aber wütend schien er nicht zu sein. „Schüler sollten ihre Lehrer nicht lieben und Lehrer ihre Schüler nicht, also sei bitte ehrlich mit mir. Je mehr du in dieser Situation sagst, das vielleicht gelogen ist, desto mehr verrätst dich, denn du solltest wissen, ich erkenne jede Lüge."

„Wie kommen Sie jetzt überhaupt auf dieses Thema? Wie aus dem Nichts...", murmelte ich leise vor mich hin und schaute hinunter auf den Boden. Damit versuchte ich ein wenig abzulenken, aber hatte natürlich keinen Erfolg. Ich wagte es auch schon gar nicht mehr, dem Braunhaarigen noch weiter in die Augen zu schauen, denn sein Blick machte mich schwach und das Letzte, was ich gerade noch gebrauchen konnte, war Schwäche zu zeigen, denn das würde ich sofort verraten.

„Mir ist vor einiger Zeit schon aufgefallen, dass du dich mir gegenüber ganz anders verhältst, im Vergleich zu anderen Lehrern, mit denen ich dich gesehen habe und das bemerkten auch andere schon. Manchmal bekomme ich das Gefühl, dass ich der einzige Mensch bin, mit dem du wirklich redest und tatsächlich habe ich dich ganz oft schon dabei erwischt, wie du mich im Unterricht angestarrt hast, aber auch in den Pausen lagen deine Augen oft auf mir, wenn du nicht ohnehin schon an meiner Seite warst", erzählte mir der Mann und allmählich kam deswegen schon die Panik in mir auf. Ich musste irgendwie eine gute Ausrede finden, mit der ich mich aus der ganzen Sache hier retten konnte, jedoch schaffte mein Gehirn es unter diesem Druck nicht, richtig zu arbeiten, somit kam mir nichts in den Sinn und ich ließ mich einfach seufzend in den Stuhl fallen, nachdem ich mich gerade erst wieder etwas aufrechter hingesetzt hatte. „Und deine jetzige Reaktion brauche ich gar nicht erst erwähnen, oder? Ich mein, anstatt dich zu ekeln oder Sonstiges, wie andere Jungs es getan hätten, wirst du sichtlich nervös und aufgeregt, redest drumherum, anstatt mir eine klare Antwort zu geben. Ehrlich gesagt finde ich es nicht schlimm, falls du so fühlen solltest, jedoch ist es für mich als Lehrer und verantwortungsbewusster Erwachsener wichtig, dass ich davon weiß, um vielleicht gewisse Dinge nicht mehr zu tun, die dich auf falsche Gedanken bringen. Denkst du nicht auch?"

Mit einem sehr leichten Nicken, schaute ich weiterhin auf den Boden und wollte am Liebsten gerade nur noch aus der Wohnung rennen, weinend. Nicht nur hatte mein Verhalten mich voll und ganz verraten, sondern auch meine eigene Dummheit spürte ich gerade wie einen Schlag mitten ins Gesicht. Natürlich war ich zu auffällig und versteckte es nicht gut genug, wodurch ich alles ruinierte, was ich mir bis jetzt aufgebaut hatte. Er war wahrscheinlich nicht wirklich interessiert daran, ob es mir das Herz brach oder nicht. Ganz im Gegenteil, hatte ich das Gefühl, dass er alles zu seinen eigenen Gunsten machte und nicht wollte, dass ich seiner Karriere mit meinen Gefühlen in den Weg kam oder ihr schaden würde, hinter dem Vorwand, moralisch richtig zu handeln.

„Mir ist bewusst und ich sehe auch, dass dir das hier unangenehm ist und du nicht mit mir reden möchtest, aber ich habe noch Einiges zu sagen", kündigte Taehyung noch an. „Halte nicht an diesen Gefühlen fest, auch wenn du das nur schwierig kontrollieren kannst. Für uns Beide ist es so leichter, da es mich nicht länger beengt und du wirst es dann leichter in meinem Unterricht haben, denke ich. Komme was wolle, solltest du wissen, dass ich ein heterosexueller Mann bin, der nie etwas für einen Schüler empfinden würde und somit wird dein Liebe bei mir keine Erfüllung finden. Alles was ich tat, tat ich aus reiner Verantwortung und weil mir was daran liegt, dass es all meinen Schülern gut geht, also bilde dir darauf nichts ein. Du bist nur ein Schüler und ich nur ein Lehrer, zwischen uns gibt es nicht einmal eine Freundschaft. Klar und deutlich?"

„Klar und deutlich", flüsterte ich leise vor mich hin und sagte danach nichts mehr. Meine Augen waren bereits voll Tränen die abtropften und auf meiner Hose landeten, dennoch versuchte ich, nur stumm zu weinen und nicht gleich anzufangen zu schluchzen, was mir aber so schwer fiel, denn Taehyung rammte mir gerade ein Messer mitten in das Herz. So nett und vorsichtig, wie er mich vor zwei Tagen noch behandelte, war nun vergessen, denn ich sah seine tatsächliche Persönlichkeit und nicht nur die, die er sich aufsetzte, um als guter Lehrer dazustehen.

In seiner Wortwahl zögerte er nicht und jedes weitere Wort, das er sagte, schmerzte schlimmer als dasjenige davor, aber ich musste damit leben und damit klarkommen. Es war die nackte Wahrheit, die ich selbst die ganze Zeit über schon kannte und ich wusste auch, dass der Tag kommen würde, an dem ich tatsächlich auf sie treffen würde, jedoch hatte ich nie erwartet gehabt, dass es so schlimm werden könne.

„Sie tun mir weh", sagte ich irgendwann leise und wischte mit meinem Ärmel schnell meine Tränen weg, schaute aber nicht auf. „Sie tun mir wirklich sehr weh."

„Anders kann ich es nicht machen. Manchmal muss man Schmerzen im Leben erleiden, damit man wieder zu seinem Glück findet. Es ist das Beste, was ich für dich tun kann und ich bin mir zu einhundert Prozent sicher, dass du mich bald schon vergessen wirst, da ich deine Gefühle verletzt habe", sagte der Ältere, aber lag mit seiner Vermutung vollkommen falsch.

„Nein, Herr Kim, Sie brechen mir gerade lediglich das Herz. Meine Gefühle werden durch diese verletzenden Worte nicht einfach so verschwinden und vergessen werde ich sie auch nicht. Sie machen alles nur noch schlimmer und geben mir einen tatsächlichen Grund, einfach alles aufzugeben", meinte ich noch und griff nach meiner Tasche. Ich kramte darin und holte die Aufgaben meiner Klasse hinaus. „Hier sind die Aufgaben, die Sie wollten. Ich sehe Sie dann morgen in der Schule, oder auch nicht."

Ohne ein weiteres Wort, setzte ich mir meine Tasche auf den Rücken und ging so schnell wie möglich aus seiner Wohnung hinaus. Ich hörte Taehyung noch nach mir rufen und sah einmal im Augenwinkel kurz, dass er mir ein kurzes Stück gefolgt war, jedoch schenkte ich dem keine Beachtung und ging einfach weiter.

Ich verschwand so schnell ich konnte.

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teacher's pet ᵛᵏᵒᵒᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt