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[Jungkook]

Weil ich mich so sehr dafür schämte, dass ich gedacht hatte, Herr Wang sei ein Schüler, redete ich kein Wort mehr und saß einfach hochrot angelaufen an meinem Platz und schaute auf meinen Tisch. Auch den Worten, die er sagte, konnte ich nicht mehr folgen, denn sobald ich seine Stimme hörte, erinnerte ich mich daran, was er zu mir gesagt hatte, als ich ihn fragte, wie er den hieß, wodurch sich an meinem ganzen Körper eine Gänsehaut auftürmte.

„Tatsächlich werdet ihr heute keinen weiteren Unterricht haben, da ihr noch neu seid. Schaut euch um. Außer der Hörsäle, ist jeder Raum hier für euch offen betretbar und scheut auch nicht, anderen Studenten und Lehrern fragen zu stellen, wenn etwas unklar ist. Seht mich wie einen Klassenlehrer aus der Schule, ich bin euer Ansprechpartner und für Fragen ebenfalls immer zur Stelle da. Wenn es sonst nichts gibt, sind wir hier durch", meinte Jackson und schloss somit den Unterricht ab. Sofort packte ich alle meine Sachen in meine Tasche und wollte nach draußen rennen, da ich nämlich fast ganz hinten saß, bestand das Risiko, dass ich mich wieder alleine mit ihm hier befinden würde, was ich natürlich nicht wollte.

Aber Herr Wang hatte natürlich andere Pläne, sodass er meinen Namen in genau dem Moment rief, als ich meinen ersten Fuß nach draußen setzte. So blieb mir keine andere Wahl und ich ging mit gesenktem Blick zu dem Mann, der mich höchstwahrscheinlich dafür bestrafen wollte, dass ich mich vor dem Unterricht so daneben benommen hatte, schließlich hatte er dazu nämlich noch nicht die Zeit gehabt, denn gerade als Jackson zu mir sprechen wollte, kamen vorhin schon die Anderen rein.

„Habe ich vorhin etwas Falsches gesagt?", fragte er. Verwirrt schaute ich ihn nur an und gab keine Antwort, weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte. So versuchte er es ein weiteres Mal. „Wieso hast du die ganze Zeit über nur auf deinen Tisch geguckt und als einziger der Studenten hier keine einzige Frage gestellt?"

„Mir ist das noch peinlich, dass ich nicht wusste, dass Sie der Professor sind", murmelte ich leise vor mich hin. „Sie sehen noch so jung aus, weshalb ich dachte, Sie seinen vielleicht ein Student."

Weil ich natürlich erst nachdachte, nachdem ich sprach, schlug ich mir einfach gegen den Kopf und versuchte es gar nicht erst, mich zu rechtfertigen. Unter meiner Aussage könnte man verstehen, dass ich ihn gerade alt genannt hatte, dabei wusste ich nicht einmal, wie alt er war.

Aber Herr Wang lachte nur.

„Nimm das alles doch etwas lockerer, schließlich sind wir unter Erwachsenen, oder nicht? Bei uns an der Uni sind die Regeln nicht sonderlich streng, da wir eine Benotung, wie es sonst ist, nicht haben und somit das Verhältnis zwischen Studenten und Professoren viel lockerer ist. Daher kannst du mich auch Duzen, das habe ich vorhin aber auch erklärt, scheinbar hast du nicht zugehört", erklärte der Ältere und lachte wieder einmal. „Was machst du jetzt? Hast du dich schon umgeschaut?"

„Noch nicht so wirklich, dazu hatte ich noch keine Zeit. Ich bin heute zum ersten Mal hier", sagte ich und spielte hinter meinem Rücken nervös mit meinen Fingern herum. „Ist das mit dem Duzen wirklich okay?"

Er nickte nur. Dann war es kurz ruhig.

Ich schaute Jackson dabei zu, wir er seine Sachen zusammenpackte, denn auch für ihn war hier scheinbar Schluss, was bedeutete, dass er frei hatte.

„Möchtest du einen Kaffee trinken? Es gibt in der Nähe vom Campus ein recht gutes Café, welches einem guten Freund von mir gehört. Ich lad dich ein", schlug er vor, aber ich schüttelte lediglich den Kopf.

„Wenn ich ehrlich bin, mag ich normalen Kaffee gar nicht so", murmelte ich. „Haben sie auch Eiskaffee dort?"

Und Jackson grinste. Es war, als würde er das Klischee kennen, dass homosexuelle Männer nur Eiskaffee tranken, vor allem, wenn er von Starbucks war. Dann nickte er wieder, sodass wir uns auf den Weg dorthin machten. Ich ging etwas unsicher neben ihm her, schaute immer mal wieder zu ihm hoch und erkannte, dass er sich eine Sonnenbrille angezogen hatte, denn es war wirklich warm und sonnig heute. Natürlich bemerkte ich auch die vielen Blicke, die auf uns lagen, wodurch ich einen Rückblick bekam, an die Zeiten, in denen ich mit Taehyung so durch die Gänge der Schule gegangen war, während uns alle anschauten und dann tuschelten.

Aber es konnte ja nicht sein, dass die Leute hier schon so dachten, schließlich kannte man mich noch gar nicht.

„Wieso gehen wir nicht zu Fuß? Ich dachte das Café sei hier ganz in der Nähe", fragte ich und stand vor dem Auto des Mannes. Es war ein wirklich sehr schicker Mercedes, der bestimmt viel Geld gekostet hatte, schließlich verdienten Professoren in diesem Land aber auch eine Menge.

„Steig einfach ein und frag nicht so viel", sagte Jackson nur. Er schien sonst so freundlich zu sein, aber ich konnte verstehen, wenn ich ihn wirklich nervte, weil ich so viel fragte, daher blieb ich ruhig und stieg einfach in das Auto. Dank der Klimaanlage ging ich da, anders als draußen, nicht bei dieser Hitze ein, denn ich hasste es wirklich sehr, wenn es zu warm war.

[...]

„Danke für den Kaffee und den Donut", murmelte ich, als Jackson mich Nachhause gefahren hatte. Zwar standen wir direkt vor dem Eingang des Gebäudes, in dem ich lebte, jedoch war er trotzdem noch mit nach Draußen gekommen, lehnte an sein weißes Auto und lächelte mich leicht an.

„Bedank dich nicht, schließlich wollte ich dich gern einladen. Mit dir kann man sich gut unterhalten, es hat wirklich Spaß gemacht. Wie wäre es, wenn wir öfter mal was zusammen machen? Uns vielleicht besser kennenlernen?"

Einmal laut schluckend, wollte ich mir, aus Gewohnheit, auf die Unterlippe beißen, wurde davon aber abgehalten.

„Mach das nicht", sagte mein Gegenüber plötzlich, runzelte dabei die Stirn ganz leicht. „Davon werden deine Lippen rau."

„Wir sehen uns morgen in der Uni", nuschelte ich nur ganz leise vor mich hin und drehte mich gerade um, um zu verschwinden, jedoch spürte ich einen Griff an meinem Handgelenk und wenig später wurde mir was in die Hand gedrückt. Ich schaute verwirrt zu Jackson, der leicht grinste und mir einmal zuzwinkerte, bevor er wieder in sein Auto ging und losfuhr, mich hier komplett perplex stehen lassend.

Es dauerte einige Zeit, bis ich mich zusammenreißen konnte und endlich rein ging, wo ich bereits von Jimin erwartet wurde, der vor der Tür stand und ganz breit grinste.

„Wer war denn dieser schnuckelige Typ da draußen?", fragte er mich. Weil ich keinen Nerv dafür hatte, ging ich nur schleppend an ihm vorbei mit einem leisen „Mein Professor", woraufhin ich hinter mir ein lautes Lachen hörte, nachdem ich mich müde auf das Sofa geworfen hatte.

„Du hast es wirklich mit den Lehrern!", musste Yoongi nun noch hinzufügen, der auf einem der Sessel saß und gerade an seinem Handy war. „Und, wie sieht's aus? Erzähl schon!"

Ich setzte mich nur auf und schaute meine besten Freunde an, die mich mit ihren Blicken durchlöcherten. So konnte ich nicht länger ruhig bleiben, weil es noch schlimmer war, zu schweigen.

„Er heißt Jackson", murmelte ich und konnte dann ein leichtes Lächeln nicht mehr unterdrücken. „Ja, was soll ich schon sagen? Er ist ganz nett."

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teacher's pet ᵛᵏᵒᵒᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt