»61«

2.9K 300 260
                                    

[Jungkook]

Nachdem Taehyung am Nachmittag einen Anruf von der Mutter einer Freund Young-Mi's bekommen hatte, dass die Mädchen den Tag zusammen verbringen würden, saßen wir draußen auf dem großen Balkon und tankten ein wenig Sonne, weil wir beide in den letzten Tagen definitiv nicht genug davon bekommen hatten. Es blieb überwiegend still, weil wir nicht viel miteinander redeten. Nur er unterbrach hin und wieder diese Stille, versuchte ein Gespräch anzufangen, aber meine Antworten waren knapp, bis er mich letztendlich über die Uni ausfragte.

„Müsstest du nicht eigentlich zum Unterricht? Hast du keine Vorlesungen?", fragte er mich und legte sich so auf die Seite, dass er mich direkt anschauen konnte. Ich wusste ja nicht, wie bequem das auf einer Sonnenliege sein musste, aber er schien nicht angetan davon.

„Eigentlich schon, aber ich möchte nicht mehr hin", murmelte ich lediglich.

„Wieso nicht? Ich dachte du wolltest gerne auf eine Kunstschule. Damit nimmst du dir doch selbst die Chance, etwas zu erreichen, was du wirklich magst", meinte der Mann und seufzte leise. Er hatte schon recht, aber irgendwie war es mir auch egal, da ich mich nie wirklich um meine Zukunft scherte. Da es wohl sehr deutlich war, dass ich mich nicht darüber unterhalten wollte, gab Taehyung es auf, seufzte ein weiteres Mal und legte sich dann wieder auf den Rücken.

„Wenn es dir besser geht, denke ich, sollte ich wieder nach oben, außer du brauchst noch etwas", sagte ich, nachdem wir einige Zeit lang wieder in Stille verbracht hatten und wartete auf seine Antwort. Nachdem der Braunhaarige seinen Kopf schüttelte, verabschiedete ich mich kurz, nahm meine Sachen und ging nach oben zu Jimin und Yoongi, in unsere Wohnung. Wieder schauten sie mich wirklich aufdringlich an und wollte sicherlich, dass ich ihnen bis ins kleinste Detail erzähle, was gewesen war, aber ich hatte kein sonderliches Interesse, mich jetzt noch zu unterhalten. Nicht nachdem mein Herz die letzten Stunden verrückt gespielt hatte.

Lang konnte ich meine Ruhe dann aber doch nicht genießen, denn Jackson rief plötzlich an und wollte sich mit mir treffen, weswegen ich kurze Zeit später schon bei ihm im Auto saß, inmitten der Autobahn aus Seoul raus, nicht wissen, wo wir hinfahren würden, weil ich mich schlecht fühlte, ihm abzusagen.

Obwohl er mir versicherte, dass es okay gewesen war, es doch nicht mit ihm anzugehen, sondern meiner alten und ersten Liebe nachzugehen, befürchtete ich, ihn in irgendeiner Weise verletzt zu haben, sodass ich es nicht wagte, auch nur ein einziges Worte zu sagen, die ganze Fahrt über. Ich saß lediglich schweigend hier und spielte mit meinen Fingern.

„Wo fahren wir eigentlich hin?", fragte ich leise, als ich mich aus meiner stundenlangen Gedankenstarre löste und erkannte, dass es bereits am Abend gewesen war. Ehrlich gesagt bekam ich ein wenig Angst, als ich sah, dass sich um uns herum nichts befand, außer einer Raststätte, die alle paar Kilometer mal kam. Irgendwann fuhren wir dann von der Autobahn ab, auf eine kleinere Straße, von da aus auf eine noch kleinere und letztendlich waren wir auf einem Weg, der nicht einmal asphaltiert war, aber dennoch irgendwo hinführte.

Und ich bekam keine Antwort.

„Jackson, ich weiß du bist verletzt, weil ich dich für Taehyung hab sitzen lassen, aber musst du mich jetzt wirklich entführen?", meinte ich irgendwann, weshalb der Mann anfing laut zu lachen.

„Entführen? Warum sollte ich dich entführen? Hast du beim Telefonat überhaupt zugehört, was ich dir gesagt habe?", entgegnete der Ältere und schaute hin und wieder mal zu mir. Aber ich schüttelte den Kopf, da ich auch während des Telefonats die ganze Zeit nur an Taehyung dachte und mir somit nicht wirklich sicher war, was er zu mir gesagt hatte. „Ich meinte wir machen einen Ausflug, da ich hier ein Haus im Wald habe."

Auch wenn es plausibel klang, hatte ich ein wirklich ungutes Gefühl bei der Sache. Aus diesem Grund nickte ich nur ein wenig und tat so, als wäre es sicher, aber im Inneren machte ich mich schonmal bereit dazu, im günstigsten Moment wegzulaufen, falls er wirklich böse Absichten hatte. Momentan wirkte es nämlich so, als sei ich in einem schlechten Thriller und ich wollte definitiv nicht einer der dummen Schauspieler sein, die man sonst immer über den Bildschirm anschrie, weil sie nur Mist bauten.

Dann war es wieder ruhig, bis wir irgendwann vor einem Haus hielten, was ziemlich groß war. Es war nicht nur einfach ein Haus, sondern ein ganzes Anwesen, aber wundern tat es mich nicht, schließlich erzählte Jackson mal, dass seine Familie eine Menge Geld besaß, wodurch er sich das wohl ganz einfach leisten konnte. Ich fragte mich aber auch ein wenig, wieso er überhaupt Professor geworden war, wenn er einerseits schon eine Menge Geld hatte, aber andererseits wahrscheinlich sowieso die Firma übernehmen könne. Wie er erzählte, hatte er an dem Beruf ohnehin keinen Spaß.

Wir stiegen aus, wobei mir natürlich die Tür aufgehalten wurde, und gingen dann in Richtung des Eingangs. Ich schaute mich die ganze Zeit über um, ob ich vielleicht etwas auffälliges bemerkte, jedoch war es eigentlich schon auffällig genug, dass dieser Mann sich so plötzlich einfach mit mir treffen wollte zu einem Ausflug und weil wir in dem Anwesen bleiben würden, jedenfalls mindestens für diese Nacht, wunderte es mich, dass er nichts erwähnt hatte davon, Kleidung für eine Übernachtung mitzunehmen. Nicht einmal eine Zahnbürste oder so.

„Ich hab ein wenig Bauchschmerzen, ich weiß wir sind lang gefahren, aber können wir zurück?", fragte ich und gab dabei angestrengte Laute von mir, während ich meine Hände fest an meinen Bauch drückte. Nicht die hellste Aktion von mir und mein eigentlicher Professor war leider auch nicht dumm genug, um mir das abzukaufen, sodass mir so gesehen nichts anderes übrig blieb, als wegzulaufen. Wenn er aber nicht vor hatte, mich zu entführen, würde ich in einen tiefen Wald rennen, in dem es wahrscheinlich kein Netz gab, weit entfernt von der nächsten Stadt und abgeschnitten von der Zivilisation.

So war es wohl schlauer, auch wenn ich meine Sorgen hatte, erst einmal bei Jackson zu bleiben und zu gucken, ob meine Vermutungen stimmten oder nicht.

———

teacher's pet ᵛᵏᵒᵒᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt