𝚃𝚒𝚖𝚜 𝚂𝚒𝚌𝚑𝚝
Nachdem wir gestern tatsächlich noch Arm in Arm auf Jans Sofa eingeschlafen waren, bekam ich, als ich Zuhause alleine in meinem Bett lag, kein Auge mehr zu. Ich habe bestimmt zwei Stunden gebraucht, um endlich eine bequeme Schlafposition finden, wobei meine Gedanken immer zu Emilia abdrifteten.Und nun sitze ich vollkommen übermüdet kakaotrinkend und immernoch an Emilia denkend an unserem Küchentisch. Ich bin verdammt aufgeregt auf heute Abend. Seit ich aufgestanden bin, habe ich Angst, mein Herz könnte platzen, so stark schlägt es. Gleichzeitig habe ich es fast nicht auf die Reihe bekommen, meinen Kakao einzuschenken, da meine Hände so sehr am Zittern waren. Hoffentlich wird alles so, wie ich es mir erwünscht habe. Um ehrlich zu sein, habe ich ein ziemlich gutes Gefühl. Auch bei Emilia allgemein. Sie ist perfekt.
Nach meiner Ex-Freundin habe ich keine Frau mehr getroffen, die ich wirklich ernsthaft kennenlernen wollte. Bis jetzt.
Scheiße, ich fühle mich wie ein kleiner 16-jähriger pubertierender Junge, der zum ersten Mal verliebt ist... nur um später zu merken, dass man alles falsch gemacht hat, was man nur hätte falsch machen können, dass man perfekt falsch füreinander war, dass es eigentlich keine Liebe war, dass man sich viel zu sehr in etwas hereingesteigert hat. Tagelanger Liebeskummer, nichts essen, keine Lust mehr, rauszugehen, Freunde abweisen, weinen rund um die Uhr.
Aber nein, so wird das nicht noch einmal enden. Nicht bei Emilia. Dieses Mal werde ich alles anders machen, besser.
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Ab 18 Uhr tigere ich aufgeregt im Haus rum. Dagegen war die Aufregung heute Morgen gar nichts. Jeden Augenblick könnte sie hier sein.Eigentlich habe ich gestern vorgeschlagen, ein Picknick im Park zu machen, da das Wetter in letzter Zeit ziemlich gut war, aber heute regnet es schon den ganzen Tag. Erst wollte ich das Treffen verschieben, aber Emilia war einverstanden, auch zu mir nach Hause zu kommen. Sie hat sogar den Anschein gemacht, als würde sie diesen Vorschlag noch besser finden. Zum Glück sind auch meine Eltern heute nicht da, wir haben also das ganze Haus für uns alleine. Sie meinten, wir können machen, was wir wollen, solange wir wieder aufräumen. Das sagen meine Eltern zu mir schon seit ich denken kann, auch, wenn nur Jan vorbeikam.
Jan. Wir haben heute noch gar nicht miteinander geschrieben, was ziemlich ungewöhnlich für unsere Verhältnisse ist. Normalerweise schreiben wir immer, wenn wir nicht gerade zusammen sind. Mindestens einmal am Tag.
Weiter kann ich aber nicht darüber nachdenken, denn ich nehme ein Klingeln war. Jetzt ist mir mein Herz endgültig in die Hose gerutscht. Auch Henry rennt aufgeregt zur Tür und kratzt an dieser.
Ich atme noch einmal tief durch, bevor ich die Tür öffne.„Hey, Tim", begrüßt Emilia mich schüchtern und drückt mir ein Kuss auf die Wange. Augenblicklich erröte ich, damit hab ich nicht gerechnet.
Auch von Henry wird sie begrüßt, indem er sie anspringt und anbellt.„Hey, komm rein", lache ich. „Das ist übrigens Henry."
„Der ist... niedlich", ist alles, was sie dazu sagt. Sonderlich begeistert klingt sie nicht, sie streichelt ihn nicht einmal.
Nachdem ich ihr hier unten alles gezeigt habe und ihr etwas zu trinken angeboten habe, setzen wir uns mit jeweils einem Glas Cola aufs Sofa.
„Und was machen wir heute? Wir werden den Abend wohl kaum auf der Couch verbringen, oder?" Sie nippt vorsichtig an ihrem Glas.
„Also um ehrlich zu sein habe ich gedacht, wir bestellen uns Pizza, reden miteinander, schauen Netflix - ein ganz gemütlicher Abend zum Kennenlernen halt."
Eigentlich habe ich mir gedacht, wir machen einfach das gleiche wie Jan und ich, das hat immer gut funktioniert. Und es ist entspannt, niemand fühlt sich zu etwas gezwungen, man kann man selbst sein.Jedoch sehe ich, wie Emilias Lächeln aus ihrem Gesicht gleitet. Sie schaut mich mit einem nicht-dein-Ernst Blick an.
„Willst du dir nicht angucken, was für Auswahl die haben?", frage ich sie in einer viel zu hohen Tonlage, bisschen eingeschüchtert, während ich ihr das Prospekt reiche, das ich bereits am Nachmittag auf den Tisch gelegt habe.
Mit hochgezogenen Augenbrauen nimmt sie es in die Hand und schaut missmutig auf die Angebote.
„Ich lade dich auch ein", schiebe ich noch hinterher.
Sie schaut hoch und sieht mich eindringlich an. „Danke."
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Nachdem wir die Pizza aufgegessen haben, schauen wir nur aneinander gekuschelt Netflix. Auf den Film kann ich mich nur schwer konzentrieren. Keiner von uns spricht, was eigentlich kein Problem darstellen sollte, aber irgendwie ist diese Stille verdammt unangenehm, obwohl wir einen Film gucken, wobei man sowieso nicht reden sollte.
Vielleicht bin ich diese Stille auch einfach nicht mehr gewohnt. Mit Jan werde ich alle paar Minuten oder sogar Sekunden berührt und Gisela gibt ziemlich oft Kommentare zu dem, was im Fernseher läuft, ab.„Weißt du, Tim", beginnt sie plötzlich leise zu reden, während sie mir in die Augen schaut und unsicher eine rote Strähne ihrer Haare um ihren Finger wickelt.
„Ich finde dich echt toll und ich ähm, ich will ehrlich mit dir sein: ich kann mir wirklich was Ernstes mit dir vorstellen. Also wenn das von deiner Seite aus anders sein sollte, sag mir das bitte jetzt. Dann sollte ich gehen."Ich glaube, ich war noch nie glücklicher in meinem Leben. Ich weiß gar nicht, was ich darauf antworten soll, wie ich meine Gefühle ausdrücken soll. Auch sie scheint meine Unsicherheit zu merken, weshalb sie ihren Blick abwendet und sich körperlich etwas von mir distanziert.
Ihr Blick ist wieder auf den Fernseher gerichtet.Immernoch unwissend, wie ich ihr meine Gefühle am besten vermitteln soll, ziehe ich sie wieder dichter an mich heran und küsse sie auf den Mund.
„Ich kann mir auch was Ernstes mit dir vorstellen", flüstere ich, unsere Stirnen sind aneinander gelehnt.
Daraufhin grinst sie nur über ihr ganzes Gesicht und küsst mich wieder, diesmal leidenschaftlicher.
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„Also Tim, wann lerne ich eigentlich deine Eltern kennen?"„Du könntest morgen meinen besten Freund kennenlernen."
Ich weiß zwar nicht, ob Jan morgen überhaupt Zeit hat, ich hoffe es jetzt einfach mal.„Ich rede von deiner Familie, nicht deinen Freunden." Sie wirkt etwas genervt.
„Jan gehört aber quasi zu meiner Familie, er bedeutet mir mindestens genauso viel und es ist mir extrem wichtig, dass auch ihr euch kennt und versteht."
„Warte, ist das nicht der, der beim Tanzen immer so dumm mit seine Armen gefuchtelt hat? Sorry, aber tanzen kann der wirklich nicht", sagt sie lachend.
Leider kann ich nicht mit einsteigen, obwohl ich gerne mit ihr gelacht hätte. Allgemein gab's den ganzen Abend lang keine Situation, in der wir gemeinsam gelacht haben, uns nicht mehr eingekriegt haben, fällt mir gerade auf. Irgendwie hat diese Sache im Club besser funktioniert.
„Das ist Gisela", antworte ich mit einem ernsten Ton.
Sie sieht mich nur fragend mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „Sorry, ich meine, Jan hat das Tourette-Syndrom."
Emilia sieht mich weiterhin fragend an, sie weiß wohl nicht wirklich, was ich ihr damit genau sagen will, scheint aber zu verstehen, dass ich es ernst meine.
„Tut mir leid, ich wollte nicht beleidigend sein", sagt sie in einer süßen Stimmlage.
„Aber dann wäre das ja geklärt, morgen lerne ich Jan kennen und demnächst auch hoffentlich deine Eltern. Jetzt würde ich aber lieber was anderes machen", erklärt sie mir, während sie anfängt, die oberen Knöpfe meines Hemdes zu öffnen.
{ und? wie findet ihr Emilia? }
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𝔽𝕣𝕦̈𝕙𝕝𝕚𝕟𝕘𝕤𝕖𝕣𝕨𝕒𝕔𝕙𝕖𝕟 | Gewitter im Kopf
FanfictionTim und Jan sind schon seit Jahren beste Freunde, die durch ihren YouTube-Kanal nur noch stärker zusammengewachsen sind. Nie hätte Jan gedacht, dass sich alles durch einen einzigen Faktor um 180° drehen könnte... ... und dass es vielleicht doch mehr...