𝚃𝚒𝚖𝚜 𝚂𝚒𝚌𝚑𝚝
Müde liegen Emilia und ich kuschelnd in meinem Bett, während wir einen Liebesfilm schauen. Besser hätte der heutige Tag wirklich nicht laufen können.
Als ich zurückdenke und dabei leicht zu ihr herüberschaue, muss ich grinsen. Die Zeit mit ihr verging wie im Flug, plötzlich sind wir schon einen Monat zusammen, auf den noch viele weiter schöne folgen werden.„Ist das okay, wenn ich kurz nach unten gehe und mir einen Tee mache?", fragt sie leise.
„Natürlich", antworte ich, ehe ich meinen Arm, der um ihre Schulter liegt, wieder an mich heran ziehe.
Der Film wird pausiert und ich nutze die Zeit, um mich kurz auszustrecken. Mein Arm, auf dem Emilia gelegen hat, ist schon vor ein paar Stunden eingeschlafen.
Auf einmal beginnt ein Handy zu vibrieren. Ich schaue nach links auf meinen Nachtisch - meins ist es nicht.Da es ziemlich dumpf klingt, schaue ich unter der Bettdecke, wo mir auch schon Emilias Handy ins Auge springt. Eigentlich sollte ich nicht so neugierig sein und schauen, wer sie um diese Uhrzeit noch anruft, aber ich kann nicht wiederstehen.
Nach dem Blick wünsche ich mir jedoch, es nicht getan zu haben.Schatz <3 steht dort.
Nachdem niemand ran gegangen ist, bekommt sie noch eine Nachricht auf WhatsApp.
Sehen wir uns heute noch? Und dahinter dieser schleimige Pedosmiley, den ich nie im Leben in diesem Zusammenhang versenden würde.
Mir wird auf einmal ganz anders. Ich weiß nicht wirklich, was ich fühlen soll, alles überschlägt sich. Ich bin traurig, aber zugleich auch unendlich wütend.
„Emilia, was soll der Scheiß?", frage ich sie direkt, als die wieder das Zimmer betritt. Entschlossen wühle ich mich aus der Bettdecke, um aufzustehen
„Wovon redest du?"
Ich halte ihr das Handy hin, wo man die Nachricht sehen kann. „'Sehen wir uns heute noch?' von einem gewissen ‚Schatz'. Sogar mit Herzchen eingespeichert, der nebenbei bemerkt eben auch angerufen hat!"
„Warum schnüffelst du an meinen Sachen?", fragt sie cholerisch, während sie ihre Tasse gefüllt mit heißem Tee auf meine Kommode stellt und auf mich zukommt, um mir das Handy aus der Hand zu reißen.
„Was kann ich denn dafür, dass du dein Handy nicht stumm stellst?"
„Das war übrigens nur meine beste Freundin", erklärt sie nach einiger Zeit ruhig. „Wir schreiben halt so. Wollen wir jetzt den Film weitergucken?"
Ehe sie sich wieder ins Bett legen konnte, habe ich schon ihren Arm gegriffen und ziehe sie zur Tür meines Zimmers.
„Was wird das?", fragt sie aufgebracht, während sie versucht, sich aus meinem Griff zu befreien. „Lass mich los!"
„Du kannst gehen", erwidere ich monoton, noch immer ihren Arm in der Hand. „Und du brauchst auch nicht wiederkommen."
„Warum? Tim, das war bloß meine beste Freundin. Glaubst du wirklich, ich hätte einen anderen, wenn ich dich haben kann?" Jetzt ist ihre süße Stimmlage wieder zurück. Irgendwie hat sie sich auch aus meinem Griff befreit, denn ich spüre, wie sie ihre Hände an meinem Nacken verschränkt.
Tim, du darfst nicht weich werden.
„Ich glaube dir kein einziges Wort mehr!" Ich greife hinter meinen Kopf, um ihre Hände zufassen zu bekommen, ehe ich sie die Treppe hinunter bis zur Haustür ziehe.
„Das ist mir einfach zu dumm! Ich hab echt schon vieles durchgehen lassen, aber das, sorry, da kannst selbst du dir keine glaubbare Ausrede einfallen lassen, die verzeihbar ist!" Ich drücke ihr ihre Sachen in die Hand und öffne die Haustür.Sie zieht ihre Augenbrauen hoch und wirkt plötzlich gar nicht mehr so süß.
„Das hier ist dir zu dumm? Soll ich dir mal sagen, was hier dumm ist? Du!" Sie zeigt mit dem Finger auf mich. „Jetzt guck doch nicht so behindert, ja, genau du. Du bist so blauäugig, dir kann man echt alles erzählen und du würdest es glauben. Du warst gut genug, damit ich Anerkennung bekomme, aber das war es dann auch. Ich wollte sowieso demnächst mit dir Schluss machen. Ganz ehrlich; sogar dieser Jan hat kapiert, dass hier irgendwas nicht richtig läuft, oder warum, denkst du, wollte ich, dass du dich nicht mehr so oft mit ihm triffst?"
Es ist wie ein Schlag ins Gesicht. Kein leichter. Sondern ein richtig harter, sodass man ins Krankenhaus eingeliefert werden muss.
„Weil du mit Giselas Beleidigungen nicht klargekommen bist", erwidere ich leise, weiß aber schon, dass es nicht stimmt.
Er hat also wirklich die Wahrheit gesagt, immer, die ganze Zeit. Fuck.
„Wer's glaubt." Damit ist sie verschwunden.
Die ganze Zeit über bin ich stark geblieben, habe mir nichts von meiner Trauer anmerken lassen, bin sogar wütend geworden, aber als sie wirklich die Tür hinter sich zugeknallt hat, ich ganz alleine bin, brechen meine Dämme und ich fange an zu heulen.
Ich fass' es nicht. Jan hatte Recht mit dem, was er gesagt hat. Mit jedem einzelnen Wort, das wird mir in diesem Moment klar. Und ich war so dumm und habe Emilia einfach alles geglaubt. Warum sollte Jan mich auch anlügen? Ich bin einfach unendlich dumm.Ich muss unbedingt zu ihm.
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Es ist bereits mitten in der Nacht, als mein Auto vor Jans Wohnung zum Stehen kommt. Mit einem immer noch tränenüberströmten Gesicht sitze ich schon seit paar Minuten still und regungslos in meinem Wagen. Nicht einmal beim Weinen kommen mehr Geräusche.Ich traue mich nicht. Was soll ich ihm gleich sagen? Wird er mir verzeihen? Ist er überhaupt noch wach? Soll ich lieber umkehren und morgen wiederkommen?
Gerade als ich genug Mut gesammelt habe und die Tür öffnen will, sehe ich, wie eine Person aus seiner Wohnungstür tritt. Und diese Person ist nicht Jan. Es ist ein gutgebauter blonder Mann.
Warte, ist das nicht der Mann aus dem Bootshaus, der mit Jan an der Bar saß?
Ich habe das Gefühl, etwas in mir zerbricht.
Augenblicklich wünsche ich mir, dass Emilia mich nie angetanzt hätte. Dann wäre ich nach einiger Zeit zu meinem besten Freund an die Bar gegangen und hätte mich mit ihm unterhalten, gelacht. Stattdessen hat sie mich weggezogen und innig geküsst.
Ob er was mit diesem Mann hatte? Insgeheim hoffe ich, dass die Antwort nein ist. Ich weiß nicht einmal, warum das so ist, aber ich wünsche es mir einfach.
Wahrscheinlich weil ich nicht will, dass unsere Freundschaft noch mehr auseinander reißt... falls das überhaupt noch möglich ist.So gut es geht, habe ich versucht, mich in meinem Auto zu verstecken, damit der Fremde mich nicht entdeckt.
Als dieser außer Sichtweite ist, öffne ich meine Autotür und gehe auf Jans Wohnung zu. Zum Glück habe ich mich mittlerweile auch wieder beruhigt, muss nicht mehr weinen.Gute fünf Minuten stehe ich einfach nur davor, mein Finger auf der Klingel, mein Kopf aber zu feige, diese zu drücken.
Irgendwann traue ich mich dann doch.Niemand öffnet die Tür.
Ich klingle erneut. Niemand öffnet die Tür.Wehe dieser Typ hat Jan in einen seinen schlimmen Momenten alleine gelassen.
Wehe sie hatten was miteinander und er ist einfach abgehauen, nachdem Jan eingeschlafen ist.Warum bin ich nur so egoistisch und habe gedacht, ich könnte, wann immer es mir passt, in seine Wohnung marschieren? Was für ein selbstverliebter Trottel.
Ich entschiede mich aber dennoch dafür, sturm zu klingeln. Ich muss einfach mit Jan reden, jetzt. Das kann nicht bis Morgen warten.
Nach etlichen Minuten wird endlich die Tür geöffnet.
„Lasse ich w - Tim?", fragt er ungläubig. Sein Gesicht ist vollkommen gerötet. Er muss ziemlich geweint haben. Hoffentlich keine Panikattacke.
Und nun? Keiner von uns sagt auch nur ein Wort.
Soll ich ihn umarmen? Wäre das zu früh? Würde es das überhaupt wollen?
Soll ich direkt anfangen zu reden?Das ist schwerer, als ich gedacht habe.
Ich kann schließlich auch keine Standartsätze bringen, denn das ist Jan, mein bester Freund. Er hat von Herzen kommende Worte verdient.
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𝔽𝕣𝕦̈𝕙𝕝𝕚𝕟𝕘𝕤𝕖𝕣𝕨𝕒𝕔𝕙𝕖𝕟 | Gewitter im Kopf
FanfictionTim und Jan sind schon seit Jahren beste Freunde, die durch ihren YouTube-Kanal nur noch stärker zusammengewachsen sind. Nie hätte Jan gedacht, dass sich alles durch einen einzigen Faktor um 180° drehen könnte... ... und dass es vielleicht doch mehr...