¹⁴ / sᴏɴɴᴇɴᴀᴜғɢᴀɴɢ

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𝙹𝚊𝚗𝚜 𝚂𝚒𝚌𝚑𝚝


Da steht er. Tim. Nass, voller Tränen, ängstlich, in sich zusammengesunken. Er wirkt viel kleiner als sonst, fast schon mickrig.

Ich bin viel zu geschockt, um jetzt irgendetwas zu sagen, um irgendetwas zu fühlen. Alles steht still. Wer hätte auch gedacht, dass er auf einmal wieder vor meiner Tür steht, völlig ohne Anmeldung.
Am liebsten würde ich ihm um den Hals fallen.

Er scheint die gleiche Idee zu haben, denn plötzlich kommt er mit großen Schritten auf mich zu und umarmt mich. So fest, als ginge es um Leben und Tod. So fest, dass ich fast den Boden unter den Füßen verliere. Lange habe ich nicht mehr solch eine Wärme empfunden. Es tut unendlich gut, nach so langer Zeit endlich wieder seine Nähe zu spüren, seinen Geruch einzuatmen, kurz schwerelos zu sein.

„Es tut mir alles so leid, Jan, so unendlich leid, jedes einzelne Wort, jede einzelne Tat", teilt er mir zittrig mit. Ich merke, wie er wieder beginnt, zu weinen, da mein T-Shirt mit der Zeit nass wird. „Du hattest Recht, mit allem. Ich hätte einfach auf dich hören sollen. Ich hätte niemals an dir und deiner Freundschaft zweifeln sollen. Warum solltest du mir auch was Böses wollen? Und was Emilia betr -"

„Tim", unterbreche ich behutsam seinen Redeschwall, bevor ich ihn langsam von mir weg schiebe, um ihm in die Augen zu schauen. Seine Worte sprudeln nur so aus ihm heraus, bald hätten sie sich überschlagen. „Lass uns das morgen besprechen, bitte. Du kannst heute hier übernachten, okay?"

Er nickt einfach nur.

Stützend helfe ich ihm, in mein Zimmer zu gehen, denn nachdem ich ihn loslassen wollte, damit wir ins Schlafzimmer gehen können, wäre er fast zusammengebrochen, wodurch er sich noch mehr an mir festgekrallt hat.

Vorsichtig lege ich ihn auf die rechte Seite des Bettes. Kaum habe ich ihm die Decke gegeben, hat er sich auch schon zugedeckt und ist eingeschlafen.
Es muss ein ziemlich anstrengender, langer und harter Tag für ihn gewesen sein.

Warum habe ich ein solches Mitleid? Warum helfe ich ihm überhaupt? Eigentlich sollte ich stinkwütend auf ihn sein, nachdem er mich wie das letzte Stück Dreck behandelt hat. Ich muss starkbleiben, darf nicht so tun, als wäre nichts gewesen. Aber aus irgendeinem Grund kann ich das nicht.

Ich will nicht so ein schlechter Freund sein, wie er es für mich war. Außerdem braucht er mich jetzt, ich muss in dieser Zeit für ihn da sein.

Während auch ich mich ins Bett lege und mich eindecke, nachdem ich mich umgezogen habe, spüre ich, wie sich eine Wärmequelle an meinen Rücken schmiegt. Sofort wird mir ganz wohl.
Und irgendwie kann ich diese Nacht viel schneller einschlafen als sonst.
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Als ich am nächsten Morgen durch leichte Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht wach werde, liegt Tim immer noch dicht an mich gekuschelt in meinem Bett, seine Haare komplett zerzaust und seine Arme an sich gezogen.
In solchen Momenten sieht er so lieblich und unbeschwert aus. Da denkt man gar nicht daran, dass er in der Nacht noch vollkommen zerstört vor meiner Tür stand.

Ich beschließe, Frühstück für uns zu machen, Tim aber noch schlafen zu lassen. Ich denke, es wäre das Beste, ihn nicht zu sehr zu belasten, er sollte ausschlafen können. Es ist gerade einmal fünf Stunden her, als wir uns ins Bett gelegen haben.

Ich habe gerade das Brot auf den Tisch gestellt, als ein noch halb schlafender Tim in den Raum kommt.

„Morgen", gähnt er verschlafen.

„Guten Morgen." Ich lächle ihn an, bevor ich ticbedingt mein Gesicht zu einer Fratze verziehen muss.
Ich entscheide mich dazu, seine Gefühlslage erst einmal nicht anzufragen, um ihn nicht wieder zu kränken. Stattdessen frage ich ihn, ob wir heute einfach nur Filme schauen wollen, worauf er mir nur ein Kopfschütteln schenkt.

𝔽𝕣𝕦̈𝕙𝕝𝕚𝕟𝕘𝕤𝕖𝕣𝕨𝕒𝕔𝕙𝕖𝕟 | Gewitter im KopfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt