Unterricht

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Noch bevor ich irgendetwas machen konnte, zog Mara mir die Decke weg. Oh wie ich diese Action hasste! Ich ließ es aber geschehen. Es hatte keinen Zweck mich aufzuregen. Heute hatte ich wichtigere Dinge zu erledigen, anstatt mich über Mara aufzuregen. Frühstücken zum Beispiel. Ich stolzierte förmlich an meiner Zofe vorbei, die dabei nur den Kopf schüttelte und zog mich an. Mit einem letzten Blick auf mein Outfit machte ich mich auf den Weg in den Speisesaal. Auf einmal stockte ich mitten am Gang, als mir bewusst wurde, mit wem ich dann an einem Tisch sitzen müsste.... Genau dem König! Ich werde einfach, fürs Erste so tun als wäre er nicht da und mich einfach mit Liara unterhalten. Mit diesem neuen Plan machte ich mich, wie abgemacht auf den Weg zu Liaras Gemächern.

Von weiten konnte ich sie schon sehen, wie sie vor ihrer Tür auf mich wartete. Die letzten Meter rannte ich zu ihr. „Na gut geschlafen?" was das Erste das sie zu mir sagte. Ich antworte: „Genauso gut wie ein Stein." Mit ihrem typischen Lächeln stieß sie sich von der Tür ab und ging neben mir her in Richtung Speisesaal. Vor der Tür, die mich von dem König trennte, blieb ich stehen und atmete, wie immer, wenn ich dem König begegnete, tief durch. Es war nicht so, dass ich Angst vor ihn hatte, vielleicht ein wenig, aber viel mehr war es dafür gut, nicht meine Selbstbeherrschung zu verlieren und auf ihn loszugehen. Liara öffnete die Tür und wir setzten uns so unauffällig wie möglich an das andere Ende des Tisches. Es wunderte mich nicht im geringsten, dass Aaron sich mit jedem in seiner Nähe, außer seinem Vater unterhielt.

Ich lud mir gerade ein bisschen etwas von dem köstlich aussehenden Obstsalat auf meinen Teller, als ich ein Augenpaar auf mir spürte. Verwundert ließ ich meinen Blick über die Leute schweifen, ich meine, wer sollte mich anstarren. Sicher nur Einbildung. Gerade als ich bei dem letzten Gesicht angekommen war, blickte ich in die eiskalten Augen des Königs. Schnell, so als ob nichts gewesen wäre, drehte ich mich zu Liara und verwickelte sie in ein Gespräch: „Welche Art von Unterricht haben wir heute?" Sie stoppte ihre Gabel, die gerade auf dem Weg zu ihrem Mund gewesen wäre und ließ sie sinken: „Wenn ich mich nicht recht entsinne, wäre heute die erste Unterrichtsstunde zum Thema Bildung." Wenigstens eine gute Nachricht. Ich war mir nämlich ziemlich sicher, dass die anderen Mädchen weder schreiben geschweige denn lesen konnten.

Wenig später bestätigte sich meine Vermutung. Natürlich konnten sie es nicht. Woher denn auch? Die Einzige, die außer mir lesen und schreiben konnte, war Liara. Es hätte mich auch gewundert, wenn sie es nicht gekonnt hätte, denn sie kam aus einer reichen Familie. Sie hatte es mir nicht unbedingt gesagt, aber ich hatte nachgeforscht und herausgefunden, dass ihre Familie ziemlich viel Einfluss hatte. Im Prinzip war sie so etwas wie eine Prinzessin. Natürlich war ich ein bisschen enttäuscht, dass sie mir nichts erzählt hatte, aber vielleicht wollte sie einmal echte Freunde finden und nicht Leute, die es einfach nur auf ihren Ruf abgesehen hatten. Das war auch einer der Gründe, warum ich es für mich behalten werde. Da wir, wie vorhin schon gesagt, beide die einzigen waren, die den Stoff für die nächsten Wochen, wenn nicht sogar Monate konnten, durften wir uns selbst beschäftigen. Für uns beide hieß das so viel wie sich gegenseitig Bücher zu empfehlen und gemeinsam darüber zu diskutieren. Obwohl meine Familie nicht so viel Geld hatte, hatte meine Mutter alles getan, um mich und meine Brüder mit ausreichend Büchern zu versorgen. Ich liebte sie dafür, den die nächstliebste Sache nach reiten war für mich zu Lesen. Man konnte für ein paar Minuten oder Stunden in andere Welten abtauchen. Sich ein Universum der unbegrenzten Möglichkeiten schaffen. Einfach einmal aus dem stressigen Alltag verschwinden und die freie Zeit genießen. Ja ich liebe Bücher.

Gerade horchte ich auf als Kalie, eine der anderen Mädchen sich darin versuchte einen Satz aus den Lernbüchern zu lesen. „Daaasmalhls war essss aucchhh sch schon üb üblich...." Ich sollte mich nicht über die lustig machen, aber ich musste mein Lachen echt zurückhalten. Und bei dem Anblick von Liara ginge es ihr wohl genauso. Fest drückte ich meine Hand auf meinen Mund, um nicht laut loszuprusten. Es gelang mir mehr recht als schlecht. Ich musste mich irgendwie ablenken, also fing ich an meine Haare zu flechten. Es war zwar nicht unbedingt die beste Ablenkung, aber sie war effektiv.

Endlich war Kalie fertig mit lesen und wir konnten mit Mathematik anfangen. Ich wusste zwar nicht, was uns dieses Thema, das wir gerade behandelten helfen sollte, beließ es aber einmal dabei nichts zu sagen. Wenigstens kamen wir hier schneller voran.
Meine Feder war nicht gerade die Beste. Sie kratze bei jeder Kurve das Papier auf oder machte im nächsten Moment große Tintenflecke auf das Papier. Bei meinem Ehrgeiz alles perfekt zu machen, war das ein ziemlich schlechtes Omen, da es ziemlich auf meine Nerven ging. Bei Gelegenheit sollte ich mir wohl meine eigene kaufen und für Liara gleich eine dazu. Gerade wollte ich meine Feder so weit wie möglich von mir wegschießen, als der Lehrer den Unterricht für heute beendete. Noch einmal Glück gehabt du blöde Feder. Mit einem letzten vernichtenden Blick auf dieses Unheil ging ich aus dem Klassenzimmer.

Mit Liara an meiner Seite wollten wir uns gerade aufmachen noch einen Tee zu trinken, als ich Aaron vor meinen Gemächern warten sah. Liara flüsterte mir noch: „Anscheinend hast du heute andere Pläne, wir verschieben den Tee einfach auf morgen" ins Ohr und schritt in die andere Richtung davon. Gute Freundin ist das, lässt mich einfach mit den Prinzen allein. „Wie lange wartest du schon hier?" „Ein paar Minuten." Das war nicht die Antwort, die ich mir gewünscht hätte, aber gut.. Um vielleicht noch ein paar mehr Informationen zu bekommen, zog ich meine Augenbrauen hoch. „Ach Ranya davon bekommst du doch nur Falten, bei einem so hübschen Gesicht solltest du das nicht machen." Er findet ICH habe ein hübsches Gesicht... naja, das wurde mir schon öfter gesagt, aber von ihm nahm ich es erst so richtig wahr. Nun fing Aaron an zu Lachen: „Komm einfach mit." Wo wollte er denn jetzt schon wieder mit mir hin? „Wohin soll ich mitkommen?" „Das wirst du sehen, wenn wir da sind". Er schnappte mich an der Hand und zog mich mit sich mit. Was er wohl jetzt schon wieder vorhat?

Forced to LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt