Giftig

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Es war nach dem gestrigen Tag kein Wunder, dass ich nur schwer aus dem Bett kam.
Besser gesagt Mara hat mich gar nicht aus den Federn gebracht, erst als sie Liara holte, die mich wachkitzele stand ich mühselig auf.
Sollte meine Freundin nicht auf meiner Seite sein?
Ich verzog meinen Mund und blickte meine Freundin böse an.
Da sie ihre Hände hinter dem Rücken hielt, ließ mich das darauf schließen, dass sie etwas für mich hat. Diese Vermutung bestätigte sich, als sie mir befahl die Augen zu schließen.

Da ich wusste, dass sie es mir übel nehmen würde, wenn ich ihr widersprechen würde, schloss ich meine Augen und wartete ab.
Leise Schritt sie hinter mich und legte mir eine Kette um dem Hals. Als nächstes führte Liara mich zu meinen großen Spiegel und sagte: „Du kannst die Augen wieder öffnen."
Es war tatsächlich einen Kette, das Band so dünn und leicht, dass man es fast nicht spürte, aber der Anhänger war das, was mir wirklich den Atem raubte. Es war ein Smaragd, der kunstvoll mit Silber umrandet wurde.
Liara griff auch nach etwas und legte es sich um den Hals. Sie hatte eine ähnliche Kette wie ich. Ihr Stein war ein Amethyst, mit goldenen Umrandungen.
Mir schossen Freudentränen in die Augen und ich umarmte Liara fest. Da auch sie gerührt war, flüsterte : „Ich habe Freundschaftsketten für uns anfertigen lassen, sie sind wie wir, gleich, doch auch so unterschiedlich und das zusätzlich gute an den unterschiedlichen Farben, keiner würde so schnell darauf kommen, dass sie zusammen gehören, außer man weiß es, dann ist es offensichtlich. Das könnte uns später mal von nutzen sein."
Ich brachte noch immer nur ein leises schniefen heraus, das schien ihr aber Antwort genug. Ich war so dankbar, eine so tolle Freundin wie Liara zu haben, ohne sie wäre ich hier schon lange durchgedreht.
Mich wunderte es, wie ich mein bisheriges Leben ohne sie meistern konnte. Jetzt wäre ein solches wie früher für mich ohne Liara unvorstellbar.

~~

Heute hatten wir zum ersten Mal seit längeren wieder Zeit uns so richtig die Bäuche mit essen voll zu schlagen. Mir war gar nicht bewusst gewesen, wie wenig ich eigentlich in den letzten Tagen gegessen hatte.
Es war ziemlich schwer, mich bei solchem Hunger zurück zu halten und meine Tischmanieren zu wahren.

~~(Hier mal eine Szene wie sie essen, da sie sonst verhungern😂😂)~~

Anscheinend hatte unser Lehrer in allgemein Bildung, die Nachricht von Martinus erhalten, denn unsere heutige Stunde fand nicht wie sonst in der Klasse statt, sondern im Wald.

Ausnahmsweise wusste ich diese Stunde nicht besonders viel, da meine Mutter nicht sehr begabt in der Pflanzenwelt war, sei es nur einen Baum zu gießen oder die verschiedenen Blumenarten zu kennen. Fauna ist nicht so ihr Ding, ganz anders als meine Oma, die den noch so braunen Strauch wieder zum Blühen bringt. Leider konnte ich meine Großeltern nie kennen lernen, da sie in einem anderen Land wohnen, so hat es mir zumindest meine Mutter erzählt.
Gerade zeigte uns Julius ,unser Lehrer, welche Pflanzen giftig sind ,welche zum Verzehr geeignet sind und welche wir für verschiedene Verletzungen oder Krankheiten anwenden konnten.

Blöderweise viel es mir schwer, mich zu konzentrieren, weil meine Gedanken die ganze Zeit zu meiner Familie schweiften. Ich vermisste meine beiden Brüder mehr als gedacht.

Julius hatte anscheinend bemerkt, dass ich nicht ganz bei der Sache war, denn plötzlich meinte er: „So mal sehen, wer richtig aufgepasst hat und mir die erste Frage beantworten kann. Ranya möchtest du mir sagen, welche von den beiden Pflanzen in meiner Hand giftig ist?"

Er hatte mich eiskalt erwischt, Hilfe suchend schaute ich zu Liara, die meinen panischen Blick richtig verstand und mit dem Kopf nach rechts deutete. Ich schenkte ihr ein unauffälliges Lächeln und antwortete: „Die rechte Pflanze ist giftig."
Julius sah mich noch einmal mit einem prüfenden Blick an, bevor er sich umdrehte und weiter erklärte.
Erleichtert, dass ich nicht erwischt wurde, ließ ich meine Schultern sinken und atmete die angehaltene Luft aus.
Die Stunde schien noch ewig zu dauern, aber trotzdem versuchte ich mich zu konzentrieren.
Jetzt wusste ich auch warum die Stunden bei Julius für die anderen immer so schwer waren. Es war einfach sehr viel Wissen auf einmal! Aber da ich mir das letzte bisschen Freundlichkeit von seiner Seite aus nicht verderben wollte, blieb ich weiterhin leise und geigte ihm nicht meine Meinung, wie ich es eigentlich immer gemacht hätte.

Doch irgendwann wurden auch die anderen müde und keiner konnte sich mehr konzentrieren. Julius atmete über unsere momentane Konzentration laut und empört aus, bevor er auf die Uhr sah und den Unterricht für heute beendete.
Natalie und Trixi schlugen und vor, dass wir alle zu acht noch in die Königlichenquellen gehen könnten.

Bis jetzt hatte ich noch keine Zeit gefunden, mich irgendwie zu entspannen, also willigte ich bereitwillig ein. Chamil gab bei meiner Antwort ein erfreutes quietschen von sich und hackte sich bei mir und Liara ein. Wenigstens gaben sich die Sches jetzt Mühe doch noch mit uns befreundet zu sein und wie es aussah gelang es ihnen ganz gut, denn sonst würden Liara und ich jetzt ungern Zeit mit ihnen verbringen wollen.

Die Quellen waren eine Art unterirdischer Wassertempel (Höhle) ganz naturbelassen, aus allen Wänden kamen kleine Wasserfälle herunter, die von dem einen in den nächsten zu laufen schienen. Am Rand standen ein paar Pinke Bäume, auf einem von ihnen lief gerade ein Eichhörnchen hinauf und versteckte seine Nüsse in einer Einkerbung.
Alles schien so friedlich, selbst das Dampfende Wasser, dass so blubberte, hatte eine beruhigende Wirkung. Auf einem größeren Podest auf unserer Seite stand ein weiß goldenes Klavier und eine Harfe, die durch die paar Sonnenstrahlen, die es hier nach unten schafften glitzerten.
Wir wuschen uns den Schmutz schnell bei einer Wasserleitung herunter und wickelten uns die weißen kurzen Leinentücher um die Brust.
Dieser Ort war nicht nur schön, sondern er hatte auch eine Grund. Hier kamen all die höher Gestellten Adels Leute oder Heiler her um ins Wasser zu steigen und sich den Göttern näher zu fühlen. Manchmal laut Erzählungen spielten die Götter, wenn sie es denn wollten, mit dem Wind etwas auf der Harfe.
Dieser Tempel sollte für alle offen sein, so wie meine Mutter es mir erzählt hatte. Vor der Regierung des Königs waren alle Tempel für alle offen gewesen.
Dies war nur einer von vielen, aber mit Abstand einer der schönsten. Das muss wohl daran liegen, dass bei diesem Tempel alle Götter über einen wachten und die anderen kleineren Tempel waren alle für nur einen Gott erbaut worden.
Die Götter und der Glauben waren in Denavour sehr kompliziert und streng gehalten, mal ganz von den Bestrafungen abgesehen.

Ich stieg die letzten Stufen hinunter und war nun ganz im Wasser. Es war so tief, das ich hätte tauchen können, aber ich setzte mich auf einen Randstein zu der dunkelblonden Chamil mit den mysteriösen grün orangen Augen und Liara und unterhielt mich mit ihnen.
Es fühlte sich an, als ob mein Geist von innen heraus gewaschen wurde. Ich fühlte mich rein und bestärkt, so wie schon lange nicht mehr.
Obwohl wir alle so unterschiedlich aussahen, waren wir alle wunderschön und eher mager, das musste aber daran liegen, dass wir im Dorf nie genug zu essen bekommen hatten und durch die eine Woche im Palast konnte sich das auch nicht recht ändern.
Kurzerhand entschloss ich mich doch noch unterzutauchen und das Wasser ganz auf mich wirken zu lassen. Ich verschmolz fast mit dem Wasser aber es fühlte sich eher so an als würde es mit mir spielen, mich beobachten, als hätte es sowas wie mich zuvor noch nie gesehen und schon tauchte ich wieder an die Oberfläche und dieses Gefühl war verschwunden und hinterließ eine leere.
Ich dachte mir nichts weiter dabei und blieb mit den anderen noch so lange da und redete, bis meine Haut zu schrumpeln begann.

Forced to LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt