Einsam schweifte ich durch die Gänge. Vielleicht würde mir ein bisschen frische Luft guttun. Entschlossen steuerte ich auf den Innenhof zu. Ich wusste nicht, warum ich nicht in den Gärten spazieren ging. Ich fühlte mich wie durch eine magische Hand geleitet dort hinzugehen. Ich stand mitten am Hof und wartete auf irgendein Zeichen. Warum ich das tat? Ich hatte nicht die geringste Ahnung. Und da war es ein lautes Wiehern. Ich folgte dem Ton und landete im mitten eines riesigen Pferdestalles. Der Boden war aus einem braunen Stein, dessen Namen mir nicht bekannt war. Die Gitter der Box waren golden und die Säulen waren grün und zwischen den einzelnen Boxen waren Laternen, die in der Dämmerung leuchteten. Es sah bezaubernd aus. Wieso musste alles an diesem Schloss so schön sein? Das macht es einem echt schwer alles mies zu finden!
Ich trat näher an die Boxen heran und betrachtete jedes einzelne Pferd. Es waren so ziemlich alle Rassen vorhanden. Bei einem Apfelschimmel blieb ich stehen. Eine einzelne Träne lief meine Wange bei dem Gedanken an mein Pferd hinunter. Ich schluckte meine Trauer hinunter und ging weiter. Wieso bin ich damals nicht einfach mit ihr abgehauen... wegen meiner Familie und es war damals auch richtig es nicht zu tun. Aber es tat so verdammt weh! Ich vermisse sie so sehr. Ich werde sie wohl nie vergessen können und es wird auch kein anderes Pferd den Platz meiner Snowflake einnehmen können, aber ich wollte wieder einmal den Wind beim Galoppieren in meinem Gesicht spüren, sehen wie die Bäume förmlich an mir vorbeiflogen, nach dem Reiten nach Pferd riechen und mich beim Kämmen meiner Haare über das ganze Stroh aufzuregen. Ich vermisste es, mehr denn je. Bald würde es wieder so weit sein, aber vorerst musste ich mich wohl mit ihrem Anblick abfinden.Ich war so in meinen Erinnerungen vertieft gewesen, dass ich gar nicht gemerkt hatte, wie Aaron neben mich getreten war. „Verfolgst du mich etwa?" Er schüttelte den Kopf und sah genauso wie ich vorhin stumm gerade aus. Stille. Keiner sagte etwas. Es war aber keine unangenehme Stille, es war eher eine angenehme Ruhe. Jeder war in seine Gedanken vertieft, aber dennoch froh nicht alleine zu sein. Solange, bis er mich ansprach: "Woran denkst du gerade?" Wollte ich es ihm sagen? Ja, ich hatte dieses komische Gefühl ihm trauen zu können, obwohl ich ihn gar nicht kannte. Ich schnaufte noch einmal laut aus, bevor ich begann Aaron alles erklären. Es fühlte sich gut an, es jemanden zu erzählen, was damals passiert war und dass ich deshalb den König nicht wirklich leiden kann. Nicht einmal meinen Eltern hatte ich es so ehrlich gesagt, wie ich es gerade Aaron erzählt hatte. Er hatte mich nicht einmal unterbrochen, lediglich ein paarmal überrascht geschaut oder am traurigen Stellen mich aufmunternd angelächelt.
„Und was bedrückt dich?" Er wich meinen Blick aus, fing aber an zu erzählen: „Bevor ich etwas sage, versprichst du mir, mir bis zum Ende zuzuhören?" Mit einem Nicken gab ich ihm zu verstehen, dass er fortfahren konnte. „Also der König ist...ist..ist mein Vater. Ich weiß, das mag jetzt ein Schock für dich sein, aber ich kann ihn auch nicht leiden. Als ich klein war, hat meine Mutter meinen Bruder und mich immer in Schutz genommen, wenn mein Vater schlecht gelaunt war. Irgendwann war er so von seiner Wut gesteuert gewesen, dass er meinen Bruder und mich ausgepeitscht hat. Als meine Mutter davon erfuhr, wollte sie ihn aufhalten. Aber er hat sie vor Zorn auch geschlagen. Immer wieder hatte sie ihn angefleht aufzuhören, doch er peitschte sie immer weiter aus. Solange bis sie an Blut Verlust starb. Ich sehe es manchmal heute noch vor mir wie sie unter Tränen auf den Boden fällt und regungslos in ihrer Blutlache liegen blieb.
Also wenn jemand den König hasst, dann ich und ich weiß sehr wohl, was er euch allen angetan hat und ich weiß das man seine Taten nicht wieder gut machen kann, aber ich werde versuchen, wenn ich erstmal der König bin alles wieder geradezubiegen." Wow, ich wusste das der König herzlos war, aber das er sogar seine eigene Familie angriff. Obwohl ich alles, was mit dem König zu tun hat, hasste, werde ich Aaron eine Chance geben, er konnte ja nichts für das Verhalten seines Vaters. „Ich weiß, dass du jetzt kein Mitleid brauchst, aber es tut mir leid, ehrlich." „Danke, ich werde es ihm nie verzeihen, was er dem Königreich angetan hat und wenn es so weit ist, werde ich es ihm Stück für Stück heimzahlen, aber bis dorthin muss ich noch tun, was er von mir verlangt." Das waren genug tiefgründige und schmerzhafte Geschichten aus unserem Leben für heute. Vielleicht würden wir bald nochmals darüber reden, aber vorerst sollte wir ein anderes Thema einschlagen. Auf dem Weg zu meinen Gemächern redeten wir über belangloses Zeug. Kurz vor der Tür blieb er stehen und sah mir noch einmal in die Augen: „Danke, für das Zuhören! Wir sehen uns morgen im Unterricht." Bevor ich etwas erwidern konnte, war er schon wieder verschwunden. Ich musste ihm sagen, dass dieses plötzliche Verschwinden einen manchmal echt aufregen konnte. Ich nahm mir ein Buch aus einem der Regale und begann es in eine Decke gekuschelt vor dem Kamin zu lesen. Irgendwann überkam mich die Müdigkeit und ich schaffte es gerade noch so zum Bett, bis ich mit den Gedanken an Aaron einschlief. Was für ein Tag.
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Forced to Love
Fantasy-pausiert- Ranya ist ein Bauernmädchen und lebt mit ihrer Familie in einem heruntergekommenen Haus. Das ganze Volk ist arm und leidet unter der Regierung des Königs. Eines Tages kommen Soldaten in das kleine Dorf und nehmen von einigen Familien eine...