Lagerfeuer

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Die kurze Schneepause war sehr hilfreich gewesen, um auf Kurs zu kommen, dennoch war sie genauso schnell verschwunden, wie sie gekommen war und wir ritten erneut in der Eiseskälte durch den dichten Wald.

Als die Nacht einbrach, hatten wir schon den Anfang der Berge erreicht und retteten uns in eine der Höhlen. Meine Sachen waren zwar warm, aber durch den ganzen Schnee vollkommen durchnässt. Es war zwar nur die oberste Schicht des Stoffes, aber trotzdem klebte er unangenehm an dem Rest. Den Göttern sei dank wahr es aber nicht allzu schlimm, ich würde den Pelz einfach beim Feuer trocknen lassen und ihn dann mit Bienenwachs einreiben, damit er in Zukunft das Wasser etwas mehr abweisen würde.

Die Höhle war groß und es sah so aus, als hätte hier vor langer Zeit einmal jemand gelebt. Man konnte noch die Andeutungen einer Feuerstelle erkennen und ein paar Fackelhalterungen an den Wänden. Für den Rauch führte ein schmaler Abzug den Berg hinauf, wobei dieser so verwinkelt war, dass man den Nachthimmel nicht sehen konnte. Da hatten wir noch einmal Glück gehabt, dass unser erstes Lager uns so viele Vorteile brachte. In Zukunft werden wir wohl nicht mehr so viel Glück mit unserem Lager haben, denn in den Bergen weiter oben gab es nur sehr selten Höhlen, die nicht vollkommen zugeschüttet waren.

Nachdem wir die Pferde versorgt hatten, errichteten wir uns an dem anderen Ende der Höhle, in unmittelbarer Nähe des Feuers ein Bettenlager. Als dies getan war, war es endlich Zeit um meine müden Glieder etwas zu schonen und mich ans Feuer zu setzen. Auf dem Weg dorthin befreite ich mich von dem Pelz und legte ihn in der Nähe auf, bevor ich mich neben unseren Begleiter setzte.

Als ich ihn gerade darum bitten wollte, diese verdammte Kapuze, die noch immer sein Gesicht bedeckte, abzunehmen, zog er sie über seinem Kopf hinunter. Im Licht der Flammen erkannte ich dieses Gesicht augenblicklich, es war Liam! Ein kleiner Quietscher vor lauter Freude, einen weiteren Freund hier zu haben, entkam meinem Mund und ich schmiss mich in seine warmen Arme. Den ganzen Weg hierher hatte ich gegrübelt, was Liam wohl gerade tat, dabei war ich jedoch unwissend, dass er wenige Meter neben mir geritten war. Spielerisch verärgert schlug ich ihm gegen die Schulter und fragte ihn, wieso er sich nicht schon früher zu erkennen gegeben hatte. Er antwortete mit einem verschwörerischem Blick: "Der König hatte uns befohlen, erst bei unserem ersten Nachtlager die Bedeckung abzulegen und keine Sekunde früher." Als ich fragen wollte, ob er eine Ahnung hatte, warum der König dies verlangt hatte, zuckte er bloß mit den Schultern und lehnte sich zurück auf den Baumstamm hinter uns. 

Mit interessierter Miene, ließ ich meinen Blick durch die Höhle schweifen und suchte vergebens nach dem anderen Begleiter, der wie Liam gesagt hatte, jetzt vermutlich seine Kapuze abgenommen hatte. Ich konnte aber soweit keinen sehen, außer meinen sieben Freundinnen, die sich jetzt aber langsam vereinzelt zu uns gesellten. Kurz bevor das Feuer am Ausgehen war, kam der zweite mysteriöse Begleiter schneebedeckt von draußen herein und schmiss einen Stapel halbwegs trockenes Holz vor uns. Liam schaute den Fremden mit entsetztem Gesicht an und fragte: "Wieso gehst du wieder alleine da raus, du hättest mich ruhig mitnehmen können!" Nun klopfte Liam auf die andere Seite neben sich und der Mann ließ sich neben ihm nieder und zog seine Kapuze zurück. Bei dem Anblick des Mannes entkam mir nochmals ein erstickter schrei, aber dieses Mal vielmehr vor Schock, als vor Freude. 

Zum ersten Mal seit langem liefen mir wirkliche Freudentränen über mein Gesicht, als ich mich in die Arme meines Bruders Elian warf. Ich spürte einige fragende und bohrende Blick ein meinem Rücken, aber bevor ich mich von meinem Bruder löste, zog ich nochmals so intensiv wie möglich seinen Duft ein. Dann begann ich zu sprechen: "Ich habe euch ja schon von meinem Zwilling berichtet und wie soll ich sagen, er sitzt jetzt hier genau neben mir." Natalie war die erste die sich aus ihrer Starre löste und zu lachen anfing und daraufhin folgte weiteres Gelächter von Vivienne, bis sich schließlich all die fragenden Gesichter aufhellten und zu lachen begannen. Kalie meinte: "Jetzt wo du das sagst Ranya, ist die Ähnlichkeit zwischen euch beiden deutlich zu erkennen!" 

Die Tränen strömten mir noch immer über mein Gesicht, als ich mich endlich wieder meinem Bruder zu wandte und vorwurfsvoll sprach: "Wieso hast du mir nichts gesagt und wie bist du dazu gekommen hier mit uns zu reisen." Es sah so aus, als ob Elian kurz überlegen musste, bevor er begann uns alles zu erzählen: "Nachdem du überraschender weise, ohne dich zu verabschieden verschwunden warst, hatte ich mir Sorgen gemacht und versuchte Mutter und Vater auszuquetschen, wo du warst, aber sie wollten mir nicht ein Wort sagen. Eines Tages kam Liam wieder runter in das Dorf und erzählte mir von den neuen Mädchen im Schloss. Diese Information kam mir sofort komisch vor und ich versuchte irgendwie ins Schloss zu gelangen. Schließlich nahm mich durch einen Zufall einer der Soldaten mit zu seinen Neulingen und er musste erstaunt feststellen, das ich Talent im Kämpfen hatte. In den darauf folgenden Tagen hatte er mich unterrichtet und ich durfte mit den anderen lernen. Als dann das Gerücht herumging, dass zwei junge Burschen gesucht waren, die euch begleiten würden, versuchte ich mein Glück und wie du siehst, wurden Liam und ich ausgewählt." Ich verstand so langsam, was er mir erzählt hatte, aber ich konnte nicht begreifen, warum wir uns kein einziges Mal gesehen hatten. Anscheinend verstand Liam diesen fragenden Blick und begann deswegen zu erklären: "Den Jungs ist es untersagt die Schlossmauern zu betreten. Sie werden außerhalb der Mauern ausgebildet und nur zu wirklich wichtigen Anlässen in das Schloss gerufen." 

Da Elian anscheinend auch schon eine Zeit lang unter dem strengen Blick des Königs arbeitete, konnte ich mir die Frage wie es unseren Eltern und vor allem Janus ging ersparen. Ich war so froh meinen Zwilling und Liam bei mir zu wissen, dass mir alleine bei dem Gedanken das Herz aufging. Vielleicht war es ein bisschen egoistisch, wenn man bedenkt, was uns auf dieser und weiteren reisen noch so alles erwarten würde, aber ich war gewappnet und wie es aussah die beiden auch. Dennoch war die Aktion von Elian sehr leichtsinnig gewesen, da er ja nicht sicher wusste, ob ich im Schloss war.

 Als ich nochmal über die Worte von Elian nachdachte, fiel mir erst auf, dass er am Esstisch schon oft von Liam berichtet hatte, aber er war einer der Freunde gewesen, die ich nie zu Gesicht bekommen hatte.  

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In diesem Kapitel ging es wie ihr ziemlich wahrscheinlich schon bemerkt habt ein bisschen mehr um die Beziehung zwischen den Charakteren und nicht um weitere Action. Aber wie schon mal in einem etwas früheren Kapitel erwähnt, kann ich nicht immer eine Bombe platzen lassen. Ich möchte ja auch etwas Abwechslung mit einbringen ☺️

Ich hoffe euch geht es allen gut!

Wasserstern234

Forced to LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt