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My life is a perfect graveyard of buried hopes.
-Anne of Green Gables
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Ella

Und wieder lag ich heulend auf dem Hotelbett. Er zehrte an meinen Nerven, er machte mich kaputt, zumindest fühlte es sich so an. Mir war klar, dass ich ihm auch verzeihen könnte. Es wäre für uns beide sicherlich leichter, wir beide würden nicht mehr diese Schmerzen ertragen müssen, doch es ging nicht. Wie sollte ich das verzeihen? Es zeriss mich immer mehr und ich hatte Angst. Angst davor, dass er mir weh tun würde. Ob körperlich oder auf emotionaler Ebene. Ich hatte einfach Angst.

Nachdem ich mich wieder etwas beruhigt hatte, stand ich auf und begab mich ins Badezimmer. Meiner Kleidung entledigte ich mich und stellte mich unter die Dusche. Das warme Wasser prikelte auf meiner Haut und gab mir das Gefühl, am Leben zu sein, ein wenig wieder. Ich fühlte mich mehr tot als lebendig. Die Freude wurde mir genommen und es fühlte sich eher so an, als würde ich nur noch in einer Hülle herumlaufen.

Ich trocknete mich ab und zog mir Unterwäsche an, nachdem ich aus der Dusche gestiegen war. Mein Blick fiel in den Spiegel, der an der Wand hing, und ich schaute mich kritisierend an. Auf einmal fühlte ich mich so unwohl in meinem Körper. Ich hatte nie Probleme mit Selbstliebe gehabt, aber jetzt gerade fühlte ich mich hässlich, falsch. Es fühlte sich nicht so an, wie früher. Natürlich wollte ich nicht so denken, doch gerade kamen mir diese Gedanken einfach und ich konnte sie nicht abstellen.

Meine Augen hatten keinen Glanz mehr, kein Leuchten. Sie waren stumpf und leer. Da war nichts mehr, das man erkennen konnte. Mein Gesicht war blass, fast schon weiß. Da war kein Rotton mehr auf meinen Wangen oder etwas anderes, das andeutete, dass ich ein lebender Mensch war. Mein Mund hing auch nur herunter. Seit Tagen hatte sich kein Lächeln mehr auf meine Lippen gelegt, ich hatte keine Freude, kein Glück, empfunden. Ich konnte es nicht leugnen: Ich war leer, ein verblasstest Abbild meiner Selbst. Das war das, was über war.

Ich riss meinen Blick von mir, da ich es nicht mehr ertragen konnte. Ich konnte mich selbst nicht mehr ertragen, was ja wohl wirklich eine Leistung war. Meine Jogginghose und mein Hoddie zog ich mir über, bevor ich das Bad wieder verließ und mich auf das Bett fallen ließ.

Tief seufzend streckte ich meine Arme und Beine von mir und schloss die Augen. Fast volkommen klare Bilder erschienen vor meinem inneren Auge, ich konnte sie fast perfekt erkennen. Doch es waren keine schönen Bilder, keine schönen Erinnerungen. Es waren die, die ich am liebsten schon vergessen haben wollte. Immer und immer wieder sah ich, wie Wincent mich schlug, wie Shawn mich anschrie, wie ich kaputt ging.

Das schlimmste am Kaputt gehen war, dass man es selbst nicht wirklich mitbekam. Man merkte es erst, wenn es zu spät war. Es war schön früher so, dass mich meine Freunde darauf hingewiesen hatten, aber ich hatte nie gehört. Ich hatte gegen an geredet und es abgestritten und so tat ich es immer. Bloß war mir bei der Situation mit Shawn keiner nah gewesen, außer vielleicht Camila, die für mich ja aber eher eine Fremde war.

Bei dem Gedanken an die Sängerin fiel mir ein, dass ich sie noch anrufen wollte. Sie war irgendwie so meine einzige Verbündete, die Person, der ich am meisten vertraute. Es war seltsam, aber trotzdem war es nun mal einfach so. Die Verbindung zu Ade war irgendwie abgebrochen, wieso wusste ich selbst nicht wirklich. Ich hatte nicht das Bedürfnis, mit ihr zu reden, ihr von dem Chaos in mir zu erzählen. Aber ich wollte Camila davon erzählen. Die Lateinamerikanerin war zu einer Freundin geworden, die ich nicht verlieren wollte.

"Camila?", sprach ich ins Telefon, nachdem ich mir meins gegriffen und ihre Nummer gewählt hatte. "Hey Ella!", stieß sie aus und klang dabei ungewöhnlich glücklich. "Wie geht's dir?", fragte sie direkt und augenblicklich klang sie wieder besorgt. "Ich fühle mich so kaputt, weißt du?", meinte ich nach einer kurzen Pause. "Kaputt im Sinne von müde oder im Sinne von gebrochen und zerstört?" Ihre Stimme nahm einen sanften Ton an. Ich schluckte schwer. "Das zweite."

"Hast du mit ihm geredet?", fragte sie und ich war in diesem Moment wirklich dankbar dafür, dass sie seinen Namen nicht sagte. "Es war kein richtiges Gespräch." Schnell schüttelte ich den Kopf und biss auf meine Unterlippe. "Erst war er irgendwie total am Boden zerstört und dann haben wir uns nur angeschrien. Es war schrecklich, ich bin schrecklich. Ich würde ihm so gerne verzeihen, aber es geht nicht. Ich kann es einfach nicht. Das macht keinen Sinn, ich weiß, aber es ist einfach so. "

Camila atmete hörbar ein und aus, bevor sie sagte: "Doch, es macht Sinn. Du willst ihm verzeihen, weil du ihn liebst, Ella, und das ist okay. Du hast aber auch Angst. Angst davor, dass er dir weh tut und auch das ist okay. Angst ist keine Sünde, Ella." Sie log. Ich wusste, dass sie log. Angst war eine Sünde. Ich sollte keine Angst haben, ich sollte stark sein. Doch das war ich nicht.

"Du musst entscheiden, ob du dein Herz oder deinen Kopf entscheiden lassen willst. Dein Kopf hat Angst. Ich weiß nicht, wieso du so eine riesige Angst hast. Ich weiß auch nicht, was in deiner Vergangenheit passiert ist, aber du solltest diese nicht in deine jetzige Entscheidung mit einbeziehen.
Ich kenne Shawn als netten, aufmerksamen und fürsorglichen Menschen und nicht als diese Art Mensch. So wie er sich gerade aufführt, geht nicht, keine Frage, aber ich kann ihn auch irgendwo verstehen. "

Sie schluckte schwer, bevor sie weitersprach. "Er ist gerade mal 21 und trägt viele Lasten auf den Schultern. Ich kann dich verstehen. Ich verstehe, dass du ihm nicht verzeihen kannst. Aber tu mir den Gefallen und versuch, ihn zu verstehen." Sie seufzte und wartete auf eine Antwort.

"Das Problem ist ja, dass ich ihn verstehen kann. Ich verstehe, dass es ihm schlecht geht. Die Sache mit seiner Familie, dann diese Beziehung, die ihm praktisch aufgezwungen wurde, und jetzt auch noch Hannahs Tod. Ich verstehe seine Reaktionen alle, aber ich habe einfach so unglaubliche Angst. Deshalb kann ich ihm nicht verzeihen. Weil ich Angst vor möglichen Folgen habe."

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Wie ihr sicherlich schon bemerkt habt, kommen hier unregelmäßiger Updates. Das ist hier gerade alles so deprimierend und eigentlich bin ich grad voll glücklich, weshalb mir das hier zu schreiben, echt etwas schwer fällt. Außerdem arbeite ich auch einer anderen Story, die aber erstmal nur für mich sichtbar ist.

Natürlich könnte ich jetzt hier weiterschreiben und einfach irgendwas hinklatschen, aber das macht mir keinen Spaß und das sollte das Schreiben ja, da es mein Hobby ist. Ich bezweifle aber auch, dass es für euch dann "schön", wenn man es denn so nennen kann, wäre, die Geschichte zu lesen.

Deswegen kommen hier einfach unregelmäßig Updates, da ich einfach nur schreiben werde, wenn ich Lust habe. Ich hoffe, ihr versteht das. 💙

true love | shawn mendesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt