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If someone tells you to change yourself, tell them to go fuck themselves.
-Ed Sheeran
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Ella

„Hey!", nuschelte ich in Noahs Ohr. Jemanden zu sehen, mit dem ich mich nicht gestritten hatte, war wirklich schön. „Wie geht's dir?", fragte er und ich wusste, dass er wirklich auf eine Antwort wartete und es nicht nur so gesagt hatte, doch ich schüttelte nur den Kopf. Ich wollte nicht darüber sprechen. „Schon okay." Ich zwang mir ein Lächeln auf, mit dem ich versuchte, meine Dankbarkeit auszudrücken. „Lass uns nach Hause gehen." Er legte einen Arm um meine Schultern und zog mich mit sich aus dem Flughafen.

Nach Hause. Wo war mein zu Hause? Bei meinen Eltern sicher nicht mehr, aber auch meine Wohnung in Manchester würde ich nicht mehr als meine zu Hause bezeichnen. Noah war ein guter Freund, keine Frage, aber ich fühlte mich bei ihm nicht zu Hause und auch bei Ade und Dylan war dieses Gefühl nicht da. Dieses Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit und bedingungsloser Liebe, das dein zu Hause - die Menschen, die dich lieben - ausmacht. Und genau bei diesem einen Satz von Noah fiel es mir auf: ich hatte kein zu Hause mehr. Schwer schluckte ich und atmete einmal tief ein und aus.

„Ella?", fragte Noah. „Alles klar?" Er sah mich besorgt von der Seite an. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass wir schon im Auto saßen und Noah mein Gepäck im Kofferraum verstaut hatte. Ich fälschte ein Lächeln. „Klar doch. Ich war bloß in Gedanken." Er nahm es mir nicht wirklich ab, aber hatte genug Taktgefühl, um nicht noch einmal nachzuhaken, wofür ich ihm erneut wirklich dankbar war.

Als wir bei der Wohnung ankamen, stiegen wir aus und Noah schloss die Tür auf. „Home, Sweet Home.", lachte er und grinste mich mit seinem typischen schiefen Lächeln an. Ich seufzte und trat ein. Es sah noch genauso aus, wie vorher. Vielleicht ein wenig ordentlicher, aber ansonsten war noch alles gleich. „Hast du eine Putzfrau eingestellt oder warum ist es hier so sauber?", fragte ich und zog eine Augenbraue hoch. Noah und ich waren beide nicht die ordentlichsten Menschen, weshalb unsere Wohnung sonst immer aussah wie ein Schlachtfeld. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er freiwillig aufgeräumt hatte. Normalerweise wurden wir immer von Dylan gezwungen, aufzuräumen, da er ein unglaublich ordentlicher Mensch war. Vielleicht hatte er seinen Freund gezwungen oder...

„Hey", kam es leise von der Tür zur Küche. Meine Mundwinkel fielen herunter und das wenn auch keine Lachen, das vorher noch auf meinen Lippen lag, war jetzt vollkommen verschwunden. Vorwurfsvoll sah ich Noah an. „Ist das dein Ernst?", fuhr ich ihn an. Wieso war Dylan hier? Klar, wenn's einem scheiße geht direkt noch den Typen holen, der es nicht besser macht.

„Ich gehe dann mal wieder, wir sehen uns." Ich griff nach meinem Koffer und wollte aus der Wohnungstür stürmen, doch Noah hielt mich am Arm fest. Ruckartig sprang ich zurück und knallte mit dem Rücken gegen die Kommode, die im Eingangsflur stand. Meine Zähne rammte ich in meine Unterlippe, um nicht vor Schmerzen aufzuschreien. Scheiße, tut das weh. Beide kamen zu mir und wollten mir aufhelfen, da ich an der Kommode zu Boden gerutscht war. „Fasst mich nicht an!", presste ich hervor. Fuck, fuck, fuck!

Noah stand auf und nahm den Koffer beiseite, während Dylan weiter neben mir hockte. „Verpiss dich, Dylan!", meinte ich wütend, bevor ich schmerzverzerrt das Gesicht verzog. Ich versuchte, mich aufrecht hinzusetzen und meinen Rücken durchzustrecken. „Jetzt lass mich dir helfen, danach kannst du mich ja ignorieren, Ella.", meinte er und sah mich eindringlich an. Es war mir egal, wie sehr es weh tat. Ich wollte seine Hilfe einfach nicht.

„Ich brauche und will deine Hilfe nicht.", zischte ich. Durch seinen Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, dass ich ihm damit einen Schlag in die Magengrube verpasst hatte. Vorsichtig richtete ich mich auf. Es tat verdammt weh, aber es würde wohl mit der Zeit besser werden. Die Zeit heilt ja bekanntlich alle Wunden.

Ich stand auf, während Dylan immer noch am Boden hockte und vor sich hin starrte. Augen verdrehend lief ich aus dem Flur in die Küche, in der Noah sich gerade befand. Meine Beine führten mich wie automatisch zum Eisfach, aus dem ich mir eins von den Gefrierakkus nahm. Ich nahm mir ein Geschirrhandtuch und wickelte es um den Kühlakku, bevor ich diesen an meinen Rücken legte. Zuerst tat es weh, doch danach war die Kälte angenehm.

Noah, der mich die ganze Zeit dabei beobachtet hatte, meinte dann: „Ich hab deinen Koffer in dein Zimmer gebracht." „Danke, aber ich werde gleich gehen. Ich will hier nicht sein.", antwortete ich aggressiver, als beabsichtigt. Noah seufzte, nickte aber. Er war schon immer der Typ, der die Entscheidungen anderer respektierte und nicht noch lange versuchte, sie umzustimmen. Normalerweise war ich immer genervt davon, dass er die Dinge einfach so hinnahm, aber gerade war ich nur dankbar dafür.

Als ich aus der Küche gehen wollte, meinte er dann noch: „Weißt du, es tut ihm wirklich leid, was er gesagt und getan hat." Verstehend nickte ich. „Das mag ja sein. Ich glaube es dir sogar, Noah, aber nur weil es ihm leid tut, macht es das, was geschehen nicht ungeschehen. Mir ist bewusst, dass ich auch Mist gebaut habe und ich konnte auch nicht mehr tun, als mich zu entschuldigen. Aber du - ihr - könnt nicht von mir erwarten, dass ich ihm jetzt sofort alles verzeihe. Ich verstehe seine Wut total, aber das war zu viel. Er hat mich beleidigt, was ja nicht einmal so schlimm gewesen wäre, wenn er nicht... er wäre. Dylan beleidigt sonst nie jemanden, er bleibt immer dieser freundlich Mensch, den ich immer in ihm gesehen habe. Du hättest sein Gesicht sehen sollen! Er hat mich so verabscheuend angesehen, so als würde ich sofort springen, wenn Shawn etwas sagt, als hätte ich keine eigene Meinung mehr und würde mich meinem Freund komplett unterwerfen." Ich stockte kurz bei dem Gedanken an Shawn und daran, dass wir für die Öffentlichkeit immer noch ein Paar waren.

„Und dann die ganze Sache mit meinen Eltern. Er hat die Menschen angerufen, die mich unterdrücken, um mir noch eins reinzuwürgen. Ich will mir sowas nicht antun, wirklich nicht. Auf so eine Freundschaft kann ich verzichten. Er hat dich, Ade und seine ganzen Freunde in der Uni. Ich habe Ade und Shawn." Schon wieder nannte ich den Kanadier und es tat so weh, denn ich hatte den Sänger nicht mehr. Und das war meine Schuld.

„Ich will nicht sagen, dass es richtig war, was Dylan getan hat, aber vielleicht solltest du ihm einfach mal zuhören." Er machte eine kurze Pause. „Und ich bin ja wohl auch noch mit dir befreundet!", meinte er empört und auch wenn es unpassend war, musste ich deswegen schmunzeln, da es einfach das netteste war, was jemand in letzter Zeit zu mir gesagt hatte. Ich war nicht alleine. Zumindest sagte Noah das.

Er kam auf mich zu und nahm mich in den Arm und für diesen Augenblick vergaß ich einfach mal ganz kurz alles. Ich war nicht mehr sauer auf Noah, weil Dylan hier war. Niemand konnte ihm lange böse sein, er war einfach viel zu liebenswert. Mit einem Arm umarmte ich Noah auch, während ich mit der anderen immer noch den Kühlakku an meinen Rücken hielt.

„Ach, du hast direkt nen neuen besten Freund oder wie?", fragte Dylan spöttisch, als er zum zweiten Mal heute im Türrahmen erschien.

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Ich hatte heute nen Flow, deswegen erfreue ich euch mal wieder mit einem Kapitel... zumindest hoffe ich, dass es euch freut😂

Glaubt ihr, dass die beiden sich nicht wieder vertragen werden?🤔

true love | shawn mendesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt