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Great minds discuss ideas;
Average minds discuss events;
Small minds discuss people.
-Eleanor Roosevelt
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Ella

Heilige Scheiße, ich hätte nicht erwartet, dass es so seltsam wäre, Shawn wiederzusehen. Keiner von uns wusste so richtig, was er sagen sollte oder wie er sich verhalten sollte. Wir starrten uns einfach nur an und sagten kein weiteres Wort mehr. Und mal ganz ehrlich, war der Typ noch attraktiver geworden? Diesen Gedanken konnte ich einfach nicht unterdrücken.

Nach einer gefühlten Ewigkeit räusperte ich mich und brachte ein halbwegs sicheres "hey" zutage. Was tat ich hier bloß? "Wollen wir denn los?" Ich nickte und schnappte mir noch meinen Rucksack, bevor ich ihm zum Fahrstuhl folgte.

"Du weißt, dass da draußen unglaublich viele Paparazzis sind und die nur darauf warten, dass sie ein Bild von uns bekommen, richtig?" Erneut nickte ich. "Gut, Andrew meinte, wir sollten mit den Händen zusammen verschränkt rausgehen und so tun, als wären wir komplett glücklich und so weiter. Du weißt ja, wie das abläuft." Da hatte er gar nicht mal so unrecht.

Ich nickte nur wieder und richtete dann meinen Blick auf die Anzeigetafel, die angab in welchem Stock wir uns gerade befanden. Noch zwei. "Du siehst gut aus", meinte er dann in die Stille und ich hätte beinahe laut losgelacht. Ich sah aus, wie ein Wrack und so fühlte ich mich auch. Nichts an mir sah noch "gut aus". Trotzdem nuschelte ich ein "Danke", bevor ich die Hand ergriff, die Shawn mir hinhielt.

Als seine Hand meine berührte, fühlte ich mich augenblicklich unwohl. Er übte einmal leicht Druck aus, was vermutlich etwas beruhigendes bewirken sollte, doch stattdessen fühlte ich mich noch schlechter. Die Luft wurde immer dünner und ich hatte ein fetten Knoten im Hals. Ich drückte meine Augen fest zusammen und blieb kurz stehen, weshalb sich Shawn kurz zu mir umdrehte.

"Alles okay?", fragte er und ich bildete mir ein, Besorgnis in seiner Stimme gehört zu haben. "Klar doch." Ich zwang mir ein Lächeln auf die Lippen, bevor ich mit Shawn zusammen das Hotel verließ.

Draußen wurden wir beinahe von den ganzen Kameras erschlagen. Ich sah überhaupt nicht mehr, wo ich hinlief und klammerte mich nun mehr oder weniger freiwillig an Shawns Shirt fest. Er hatte seine Arm um meine Schultern gelegt und zog mich mit sich durch die Masse an Fotografen.

Sein vertrauter Geruch stieg mir in die Nase und obwohl er das nicht sollte, beruhigte mich das in diesem Augenblick enorm. Die Security hielt so gut es ging, die Fotografen davon ab an uns zu reißen, aber trotzdem schafften es vereinzelte Leute an meinen Haaren und meinem Shirt zu ziehen. Shawn ging es damit nicht anders. Wie können einige Menschen nur so respektlos sein?

Der Kanadier schubste mich praktisch in den Wagen, bevor er selbst einstieg und der Fahrer uns hier wegbrachte. Die Fahrt verlief schweigend. Was wolltest du auch zu deinem Ex sagen, mit dem du gezwungenermaßen immer noch zusammen warst? Ich hatte keine Ahnung.

Wir fuhren zu der Arena, in der Shawn heute Abend sein Konzert spielen sollten. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass diese Hallen immer größer wurden. Im jeder Stadt waren gefühlt mehr Leute als in der vorherigen. Aber Shawn war wirklich ein Sänger, der das alles verdient hatte. All die Unterstützung, die Fans und den Erfolg.

Shawn stieg zuerst aus und reichte mir dann erneut seine Hand, die ich erst ausschlagen wollte, aber dann sah ich die Aasgeier und ergriff sie doch. Ich lächelte ihn gezwungen an machte ein auf "Ich bin ja so glücklich, immerhin bin ich mit Shawn Mendes zusammen und der Typ ist ja perfekt".

Dieses beklemmende Gefühl auf meiner Brust und in meinem Rücken kam zurück. Es war nicht diese Art von Schmerz, die du fühlst, wenn du eine Verletzung hast, es war dieser andere Schmerz. Der, der noch viel mehr weh tat und dich beinahe um den Verstand brachte, weil er deine ganze Aufmerksamkeit und Konzentration beanspruchte, damit du nicht durchdrehst.

Wir betraten die Arena und Shawn lotste uns durch diese 300 Gänge, in denen ich mich sonst schon fünfmal verlaufen hätte. Meine Hand lag immer noch in seiner, die eine unglaubliche Wärme ausstrahlte und mich beruhigte. Verdammt. Das sollte sie definitiv nicht.

Shawn erreichte seine Garderobe und öffnete mir die Tür. "Du kannst schon reingehen, wenn du willst. Ich komme gleich nach, muss noch was mit Andrew klären." Ich nickte nur, wie eins von diesen Mädchen, die in Geschichten nie den Mund aufbekamen, weil sie Angst vor ihrem Typen hatten.

Bevor Shawn sich allerdings umdrehte, um zu Andrew zu gehen, zog er mich an seiner Hand zu sich und ließ mich gegen seine Brust prallen. Meine Atmung wurde schneller, aber nicht weil Shawn diese Wirkung auf mich hatte – naja, doch. Irgendwie schon. Aber nicht im positiven Sinne. Er machte mir damit verdammt Angst.

Ich schnappte nach Luft und starrte in seine Augen. Dieses karamellbraun, das jeden zum Schmelzen bringen könnte. "Ich hab dich vermisst", flüsterte er und ich spürte seine Brust unter meinen Händen beben. Schnell löste ich mich wieder von ihm und rannte praktisch schon in die Garderobe.

Die Tür fiel hinter mir zu und ich lehnte mich gegen diese. Scheiße. Atmen. Was war das? Atmen. Das war so ein wenig mein Mantra. Jetzt bloß nicht die Fassung verlieren und irgendwelche Panik schieben. Das war dumm, unnötig und über dramatisierend. Es war alles okay und ich war gerade einfach nur dämlich. Genauso war es.

Heftig atmete ich ein und aus und sagte mir selbst immer und immer wieder, wie dumm ich mich gerade verhielt. Irgendwie beruhigte ich mich wieder und kam auf den Boden der Tatsachen zurück. Es war alles okay.

Ich setzte mich auf die Couch und nahm mein Buch raus. Und es war wirklich meins. Das war alles meine Arbeit und es in den Händen zu halten, wie viele andere es auch bald könnten, war so krass. Und ich freute mich schon unglaublich darauf.

Shawn kam wieder nach gefühlten Millionen Jahren, aber ich hatte seine Abwesenheit gar nicht sonderlich bedauert. Ich hatte durch das Buch geschaut – einzelne Seiten, die Widmung, diese typische Werbung am Ende. Einfach alle möglichen Kleinigkeiten.

Shawns Blick bohrte sich in meinen Kopf, bis ich diesen schließlich hob und in seine Augen sah. Fragend hob ich eine Augenbraue, während Shawn seine verkniffen zusammenzog. "Also,  was ist los?"

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true love | shawn mendesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt