Verdonnerte Bettruhe

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Der Krankenwagen brauchte laut mir echt lange.

Um mich davon abzulenken, einzuschlafen, hatte Clint kurzzeitig beschlossen, mir alles mögliche zu erzählen.

Ich lernte einiges neues über ihn. Seine komplizierte Familie, sein feindlicher Bruder, der lustigerweise Barney hieß, seine Zeit beim Zirkus und schließlich die erste Begegnung mit SHIELD.

Es war toll, dass er das mit mir teilte, aber ich musste nun ganz dringend in's Krankenhaus.

Meine Sweatshirt-Jacke auf meine Wunde drückend wartete Clint geduldig, obwohl ich auch ein wenig Panik in seiner Stimme hörte, wenn er redete.

Die gefesselte Lola, die auf dem Boden, angekettet an die Zapfsäule, saß, beobachtete uns nebenbei.

Andauernd schwand meine Sicht, was ich relativ nervig fand, aber was solls.

Als endlich der Krankenwagen kam, hatte ich gefühlt schon alles ausgeblutet. Sonst hatte ich das Gefühl immer bei meinen Tagen - mal ehrlich, wie viel Blut verliert man da eigentlich immer? - aber das Gewissen, dass ich nun wirklich verbluten könnte, setzte mir schon ein wenig zu.

Weil, klar, wer mochte schon sterben (sehe ich da Suizidgefährdete in der letzten Reihe, die die Hand heben?) und außerdem hatte ich noch mein ganzes Leben vor mir!

Ich hatte es noch immer nicht geschafft, diesen verdammten Roman zu schreiben und ich wollte mich wenigstens richtig verabschieden.

Juliet, die ich ja jetzt schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen hatte, wartete noch immer in Brooklyn auf mich.

Als wir uns das letzte mal gesehen hatten, hatte ich versprochen, dass wir uns wiedersehen würden.

Wenn ich hier auf diesem Tankstellenplatz verrecken würde, wäre das äußerst schwierig.

Und da war dann ja auch noch Clint.

In meinen (eventuell) letzten Stunden dachte ich auch über ihn nach. Größenteils aber, ob ich verliebt war oder es nur ein vorübergehender Schwarm war (oder waren das etwa freundschaftliche Gefühle?).

Verdammt, wo war die aufmunternde beste Freundin, wenn man sie brauchte? 

Ich konnte ja jetzt total einen guten Rat gebrauchen!

Stattdessen war ich mit einer Mörderin und besagtem Schwarm ausgestattet und wurde langsam vor lauter Gedanken verrückt.

Ehe ich mich versehen konnte, wurde ich auch schon in's Krankenhaus kutschiert. Nur nebenbei bemerkte ich, wie Clint Lola nicht gerade sanft in mein Auto warf, um uns zu folgen.

Was danach passierte war wie in Watte gepackt. Die Kugel wurde in einer OP entfernt, so weit wusste ich, aber, was auch immer sie mir als Betäubung gaben, ich dachte, als ich aufwachte nicht darüber nach, was ich sagte.

So kam es heraus, dass ich kurz nachdem ich aufgewacht war von Clint einen Witz erzählt bekommen hatte und darauf antwortete:

"Heilige Scheiße, heirate mich."

Und ich sagte, glaube ich, noch weiteren Stuss. Bis heute weiß ich nicht alles, da Clint mir immer noch verschweigt, was ich damals noch gelabert hatte. Aber es musste verdammt lustig gewesen sein, denn er muss immer noch darüber schmunzeln.

Mir war klar, dass ich mit einer lahmen linken Schulter nicht weiter ermitteln konnte, und das störte mich total.

Da ich aber nicht vollkommen ausfiel - mein Gehirn arbeitete ja schließlich noch - hatte Clint mit Fury ausgemacht, dass ich nun Lady im Stuhl war.

Bedeutete, dass ich 24/7 irgendwo herum lungerte, um mich auszukurieren, und immer mal wieder von Clint kontaktiert wurde, falls er Informationen über etwas brauchte.

Mein neuer Lieblingsjob.

Auf die Frage, was denn nun mit Lola war, hatte er einfach schlicht gesagt:

"Sie hat ein 5 Sterne Zimmer bei SHIELD bekommen."

Der Arzt hatte ausdrücklich gesagt, ich sollte im Bett bleiben, weswegen ich noch immer im Krankenhaus hocken durfte.

Ich fand zwar, dass es mir gut ging, doch das glaubte mir ja keiner.

Während ich mich also innerlich über die Ignoranz der Ärzte aufregte, gingen Clint und ich die restlichen Akten durch.

Natürlich waren alle Opfer gleich umgebracht. Kopfschuss und Tod.

"Ich versteh' das nicht", brummte ich schließlich verzweifelt und lehnte mich zurüch in mein Krankenbett. "Das macht doch alles keinen Sinn!"

Clint, der sich einen Stuhl neben mir hingestellt hatte, zuckte mit den Schultern.

"Vielleicht muss es das auch gar nicht..."

Die Stirn runzelnd sah ich von den Papieren auf.

"Wie meinst du das?"

"Was wäre, wenn jemand einfach nur die Aufmerksamkeit von uns erregen möchte", dachte Clint laut nach.

"Das hätte auch einfacher gehen können", merkte ich nebenbei an. "Hast du schon eine Idee, wer es sein könnte?"

"Ja, in der Tat", nickte er und stand auf. "Ich muss los."

"He, willst du mir auch mal verraten, wer das ist?", rief ich ihm hinterher, als er die Tür meines Privatzimmers aufmachte.

Kurz sah er raus und lächelte.

"Nö."

Und weg war er.

Frustriert atmete ich aus. Dieser Mann war schrecklich.

Kurz darauf kam eine Krankenschwester hinein, um mir den Verband zu wechseln.

"Beziehungskriese?", fragte sie nebenbei.

Ich lachte auf. Auch das noch. Jetzt dachte das Personal auch noch, dass wir was miteinander hatten.

"Nein, wir sind nur Freunde", antwortete ich gelassen und zischte auf, als die Schwester mir einen neuen Verband anlegte.

"Na dann. Sie passen zusammen. Warten Sie nicht zu lange."

Und mit dem Rat war auch die Schwester wieder draußen.

"Danke", nuschelte ich, wohl wissend, dass sie das nicht mehr gehört hatte.

Den Rest des Tages hörte ich nichts mehr von ihm.

Ich musste einfach mal davon ausgehen, dass es ihm gut ging.

Auch, wenn ich da nicht groß dran glaubte.

Marvel's Catastrophe² ~ The Missing KillerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt