In den nächsten Wochen pendelte sich auf Arcalia wieder eine gewisse Normalität ein. Alle neuen Entwicklungen wurden zur Normalität, man gewöhnte sich nach den Ferien wieder an das Unterrichtspensum und auch der Vorfall mit Beverly geriet – zumindest beim Großteil der Schülerschaft – ziemlich in Vergessenheit. Eigentlich wollten wir Beverly fragen, ob sie gestoßen worden war, um wenigstens dieses Mysterium aufzuklären, doch sie war in ein Krankenhaus außerhalb der Schule gebracht worden, damit ihr gebrochenes Bein dort operiert werden konnte und besuchte danach für zwei Monate eine Rehaklinik. Auch meine Begegnung mit Will hatte ich weitestgehend verdrängt, vor allem, weil er seitdem nicht mehr mit mir gesprochen hatte.
Da jedoch weder wenige Tage, noch mehrere Wochen nach ihrem Unfall auf der Treppe etwas Weiteres geschah, schrumpften unsere Befürchtungen, jemand könnte sie geschubst haben, ein wenig. Dafür wuchs die Sorge, mit wem man den Ball besuchen sollte.
Amy und Mila waren jetzt schon ein festes Paar und Trish hatte angekündigt, alleine gehen zu wollen. Aber Leela, Jay, Cole, Noah und ich hatten noch immer kein Date für den Ball und während Leela und Noah recht uninteressiert daran wirkten, sich darum zu kümmern, wuchs meine Anspannung. Würde Cole mich überhaupt fragen? Andererseits wäre es auch cool, mit Jay zu gehen.
Ich seufzte und sah aus dem Fenster meines Zimmers. Heute, an einem Donnerstag Ende Januar, regnete es in Strömen und der einst so schöne Schnee verwandelte sich nach und nach in eine graue Matschepampe. Dadurch, dass man jetzt nicht nach draußen konnte, sammelten sich alle Schüler und Schülerinnen im Innengebäude in der Bibliothek, der Kantine und ihren Zimmern. Amy war mit zu Mila gegangen und saß vermutlich eng umschlungen mit der Blondhaarigen auf der Fensterbank des Zimmers, während sie den Regentropfen zusahen. Genau das tat ich auch, nur alleine.
Trish war ebenfalls verschwunden, sie wollte sich mit einigen anderen Vampiren treffen und nach Blut suchen. Im Vorfeld hatte die Schwarzhaarige mir erzählt, dass Vampire nur bei Vollmond Blut benötigten, was auch von einem Tier stammen konnte und da heute Nacht Vollmond war und sich wegen des Regens noch niemand darum gekümmert hatte, hatte Trish die Sache nun selbst in die Hand genommen. Auch Leela war nicht da – keine Ahnung, wo sie sich befand – und ich genoss die Stille und die Zeit für mich.
Durch das Gruppenzimmer hatte ich eigentlich keine einzige Sekunde am Tag, während der ich völlig alleine war und es war angenehm, mal die Stille genießen zu können.
Ich hatte bereits mit meinen Eltern telefoniert und sämtliche Hausaufgaben erledigt und sah entspannt aus dem Zimmer, als es an der Tür klopfte.
„Herein!", rief ich und sah zu, wie die Klinke sich nach unten drückte und ein blonder Schopf sich in das Zimmer schob.
„Hi", begrüßte Jay mich, „kann ich reinkommen? Huch, wo sind denn all die anderen?"
„Ja klar, komm rein", ich drehte mich zu Jay und zog ein Knie an die Brust, „Amy ist bei Mila, Trish ist draußen und wo Leela ist, weiß ich nicht."
Jay nickte, schloss die Tür und kam zu mir, setzte sich an den Schreibtisch und legte den Kopf auf den Armen ab.
„Mir war langweilig", offenbarte er, „und Cole pennt und Noah ist wie vom Erdboden verschluckt, also bin ich hierhergekommen."
„Gute Entscheidung", witzelte ich und sah dann wieder aus dem Fenster. Eine Weile sagte niemand etwas. Dann ergriff Jay das Wort.
„Hast du schon jemanden für den Ball?"
„Nee. Aber ist ja auch noch früh."
Wieder schwiegen wir. Ob er mich fragen wollte? Wohl eher nicht.
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Feuerkampf
FantasyFaye kommt nach den Weihnachtsferien zurück auf das Internat, genau wie alle anderen Schüler auch. Doch die Situation hat sich zugespitzt. Nach dem Tod einer Mitschülerin ist nun nichts mehr, wie es war. Merkwürdige Ereignisse geschehen und es werde...