Gegen Nachmittag legen wir an einem kleinen Strand an irgendeiner Stelle am Fluss an, um Mittag zu essen. Jackson erklärt, dass wir uns selbst um das Essen kümmern sollten nach Anweisungen der Veranstalter. Ich frage mich langsam echt, woher er diese Informationen hat, wenn wir die Betreuer nicht erreichen können, er aber schon. Wahrscheinlich hat ihm das alles auch nur Benjamin gesagt. Jackson erklärt uns auch nichts Genaueres mehr, sondern lässt uns einfach allein, damit wir irgendetwas Essbares finden.
„Wieder Fisch?“, fragt Logan und verdreht die Augen. „Ich hätte Appetit auf Fleisch. Alle in meiner Gastfamilie waren Vegetarier!“
„Dann will ich dich mal beim Jagen von irgendwelchen hilflosen Tieren sehen! Und mit was überhaupt? Wir haben ja noch nicht mal irgendwelche Waffen!“, meint Carter laut. „Ich habe echt Hunger Leute!“
„Ich glaube, es bleibt uns nichts anderes übrig, als Pflanzen zu suchen. Denkt dran, die Paddler essen auch mit!“, erinnert uns Avery. Jetzt klingt sie wieder wie die alte Avery, die gerne in die Führungsrolle schlüpft. Es ist keine Spur von ihrem Gefühlsausbruch vorhin zu erkennen. Einige stöhnen auf und wir teilen uns in mehrere Gruppen auf, um zum Beispiel Beeren zu suchen oder ähnliches.
Ich habe wirklich keine Lust auf ein solches Essen und satt werde ich davon wahrscheinlich sowieso nicht. Außerdem ist es immer ein riesiger Aufwand, das Essen zu suchen. Aber so ist das eben, wenn man in der Wildnis überleben will. Und das ist ja eigentlich der Sinn von der Fernsehsendung. Deshalb verstehe ich auch nicht, dass wir in Gastfamilien untergekommen sind. Aber mir ist das auch nur recht.
Seufzend folge ich meiner Gruppe mit Daniel, Heather und Jayden. Beide haben einen Korb bei sich, um Dinge einzusammeln.
Wir entfernen uns immer weiter von den Booten, sorgsam darauf bedacht, uns nicht zu verlaufen. Vor lauter Langeweile male ich mir aus, irgendwo verloren zu sein – mitten in einem Wald. Wo uns niemand zur Hilfe kommen kann. Ich frage mich, was wir dann tun würden. Dann fällt mir auf, dass das, was wir gerade tun, eigentlich nichts anderes ist. Ich weiß nicht, ob uns jemand helfen könnte, wenn wir in Not gerate würden. Schließlich haben wir hier keinen Empfang. Klar, wir haben den Schutz von den Booten, aber im Grunde ist es nicht anders. Und dann fällt es mir wieder ein: Für diesen Fall haben sie uns Funkgeräte mitgegeben.
Daniel trottet lustlos mit uns mit, bis er plötzlich meint: „Geht schon mal weiter. Ich komme gleich nach.“ Er macht eine Handbewegung, die uns zeigen soll, dass wir einfach weiter laufen sollen. Ich zucke mit den Schultern und gehe einfach weiter. Wahrscheinlich muss er nur ein Geschäft erledigen...
Die anderen folgen mir. Jayden ruft: „Wir gehen nicht weit. Da drüben sind Beeren. Dort warten wir.“
„Jaja, geht nur“, antwortet Daniel gleichgültig.
Wir machen uns auf den Weg zu dem Strauch, den Jayden gesehen hat. Es sind sogar mehr als nur einer. Mindestens zehn oder vielleicht noch mehr. Jeder nimmt sich einen und nimmt so viele, wie er einpacken kann. Leider sind die meisten Beeren schon gepflückt worden oder ein Tier hat sie gefressen, denn es hängen nicht mehr viele.
Irgendwann mache ich mich auf die Suche nach weiteren Sträuchern und genauso suche ich auch Daniel, der immer noch nicht aufgetaucht ist. Nicht, dass ich mir Sorgen um ihn machen würde, aber dennoch beunruhigt mich das Gefühl, er könnte irgendetwas anstellen. Aber wahrscheinlich findet er uns einfach nicht. Ich will mich nicht zu sehr von Heather und Jayden entfernen, also gehe ich einfach ein paar Meter in die Richtung zurück, aus der wir gekommen sind.
Ich muss nicht weit gehen, um Stimmen zu hören. Unverkennbar – das ist Daniel. Ich werde langsamer und stelle so leise wie möglich den Korb mit den Beeren auf den Boden. Ich lausche angestrengt und versuche, herauszufinden, aus welcher Richtung die Stimme kommt. Sie ist nicht weit entfernt. Sie kommt von links. Aber sie klingt gedämpft. Als würde er hinter einem Baum oder etwas Ähnlichem stehen.
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Woodkiss
AdventureDu hattest du schon immer mal den Traum, zwei Monate ganz alleine und ohne deine Eltern mit sieben anderen Jugendlichen Nordamerika zu reisen? Und das in einem alten VW-Bus? Genau diese Chance hat die siebzehnjährige Laura Wood, einmal von der Schul...