vier

2.9K 296 63
                                    

"Spinnst du?" zischt Cat, als wir im Flur stehen und ich zucke mit den Schultern. "Wieso? Weil ich so nicht mit mir sprechen lasse? Was meint er denn, ich brauche neue Klamotten? Ich seh heiß aus." empöre ich mich und sie zieht die Augenbrauen hoch. "Diese Jeans war vielleicht vor fünf Jahren heiß an dir. Ich muss Magnus leider Recht geben. Du brauchst dringend neue Anziehsachen." Ich seufze laut. "Cat." jammere ich. "Ich hasse einkaufen." Sie winkt ab. "Sag mir deine Größe und ich besorge dir selbst etwas. Einverstanden?" Dankbar lächel ich sie an.

Als Cat mich alleine gelassen hat, setze ich mich in der Küche an die Theke und sehe mir den Vertrag an. Er scheint in Ordnung zu sein, das Gehalt stimmt, freie Tage nach Absprache, ebenso Urlaub. Einige Verhaltensregeln mit denen ich klar komme, denn dort steht zum Beispiel, dass Besuch ebenfalls abgesprochen werden muss und niemand über Nacht bleiben darf. Das ist mir egal, wen soll ich auch hierher bringen?

Der Arbeitsvertrag ist vorerst befristet auf sechs Monate, Kündigungen sind von beiden Seiten mit einer Frist von mindestens einer Woche möglich. Achselzuckend unterschreibe ich ihn und überlege mir spontan ihn schnell bei Mr. Bane vorbei zu bringen. Wozu bis morgen warten.

Als ich am Arbeitszimmer anklopfe, bekomme ich keine Antwort und strecke den Kopf hinein, aber der Schreibtisch ist verwaist. Somit gehe ich weiter auf die Suche nach meinem neuen Boss und öffne die verschiedenen Türen. Ich finde das Wohn- und das Esszimmer, einen Abstellraum und eine Tür, hinter der es scheinbar in den Keller geht. Nirgendwo finde ich ihn und jetzt bleibt nur noch eine Tür.

So leise wie möglich öffne ich die Tür und bin völlig fasziniert. Das muss die Bibliothek sein, denn hier gibt es nichts, außer meterhohe Regale voll mit Büchern. Anerkennend pfeife ich durch die Zähne. "Hallo?" höre ich plötzlich eine Stimme und zögerlich gehe ich um eines der Regale herum."Mr. Bane?" frage ich und dann höre ich ein Stöhnen. Was zum Teufel macht er hier?

"Ähm, ich wollte nicht stören, ich gehe wieder." rufe ich in den Raum, der scheinbar wesentlich größer ist, als ich gedacht habe. "Nein." höre ich seine Stimme und sie klingt gepresst. "Hodge ist nicht da und ich bin in einer etwas misslichen Lage." Verwundert gehe ich weiter und komme dann zu einer Sitzecke mit zwei großen Ohrensesseln. Daneben liegt Magnus Bane und sieht mich an. Sein Gesicht ist eine Mischung aus Frust und Verzweiflung.

"Nun stehen Sie nicht so rum, sondern helfen mir." schnauzt er mich an und ich ziehe die Augenbrauen hoch. "Bitte." schiebt er knurrend hinterher und ich lege den Vertrag auf den kleinen Tisch und gehe zu ihm. "Was soll ich machen?" frage ich und er rollt mit den Augen. "Bitte helfen Sie mir zurück in den Rollstuhl." antwortet er und ich stelle sein Gefährt wieder richtig hin, denn er liegt neben ihm auf der Seite. "Wie haben Sie das hinbekommen?" frage ich und stelle mich hinter ihn. Beherzt greife ich unter seinen Achseln hindurch und lege meine Arme um seine Brust. "Ich wollte ein bestimmtes Buch und es stand zu hoch oben." sagt er und ich ziehe ihn nach oben.

Etwas umständlich setze ich ihn wieder in seinen Rollstuhl und lasse ihn wieder los. Sein Gesicht ist feuerrot und er sieht mich an. "Danke." murmelt er und ich nicke. "Welches?" frage ich und er sieht mich verwirrt an. "Na, welches Buch?" schiebe ich hinterher und er seufzt. "Stephen King, Shining." murmelt er und ich kneife die Augen zusammen und betrachte die Bücher. Schnell habe ich das gewünschte gefunden, ziehe es heraus und reiche es ihm.

"Was wollten Sie eigentlich hier?" fragt er kühl und ich deute auf den Vertrag. "Den wollte ich Ihnen zurück geben, mehr nicht." sage ich und er nickt. "Okay, dann können Sie ja wieder gehen." Ich sehe ihn nur an und betrachte ihn genau. Er sieht wirklich gut aus, aber er könnte noch wesentlich besser aussehen, wenn er freundlicher gucken würde.

"Geht es Ihnen gut?" frage ich leise und er starrt mich an. Für einen Moment habe ich das Gefühl, er will ehrlich antworten aber dann motzt er mich wieder an. "Sparen Sie sich ihr Mitleid, Mr. Lightwood." Ich muss lächeln. "Mitleid? Das muss man sich verdienen, Mr. Bane. Ich gehe jetzt Ihr Abendessen vorbereiten." Damit lasse ich ihn erneut sprachlos zurück und lautstark mache ich die Tür zu.

Mein neuer Chef scheint ein echtes Problem zu haben und das hat definitiv nichts mit seiner Einschränkung zu tun. In der Küche treffe ich auf Hodge, der mich mustert. "Haben Sie Mr. Bane gesehen?" fragt er und ich deute auf die Bibliothek. "Hab ich. Der Sonnenschein liest ein Buch." Hodge nickt und eilt an mir vorbei. Kopfschüttelnd öffne ich den Kühlschrank, schließe ihn aber sofort wieder und nehme mir den Zettel, auf dem Magnus vermerkt hat, was er nicht mag oder auf was er allergisch ist.

Allergien
Ausser auf Knoblauch keine bekannt

Abneigung
Pilze
Ananas
Leberwurst
Spargel
Rosenkohl
Rosinen
Oliven
Artischocken
Sushi
Kalb
Wild

Die Liste ist recht übersichtlich und gibt mir genug Freiraum, um trotzdem einiges auf den Tisch zu zaubern. Für das erste Essen fällt mir spontan nur Pasta ein und in der Tiefkühltruhe finde ich eine Tüte mit Meeresfrüchten und beschließe daraus eine Sahnesoße zu zaubern. Fröhlich beginne ich zu kochen und fühle mich mehr als wohl dabei.

Pünktlich um neunzehn Uhr betrete ich das Esszimmer mit zwei Tellern in der Hand. Magnus Bane und Hodge sitzen schon dort und schweigen sich an. "Na, hier ist ja richtig Stimmung." begrüße ich die beiden und stelle ihnen das Essen vor die Nase. Dann gehe ich zurück in die Küche und hole meinen eigenen Teller. Mit Vorfreude auf die Pasta setze ich mich neben meinen neuen Boss, welcher mich irritiert ansieht.

"Was genau wird das Mr. Lightwood?" fragt er und ich hebe den Kopf. Gerade habe ich mir die erste Gabel in den Mund gestopft und kann gerade nicht antworten, denn selbst ich weiß, dass das unhöflich ist. Fragend sehe ich zwischen den beiden Männern hin und her. Hodge räuspert sich. "Mr. Lightwood, im Allgemeinen essen die Haushaltshilfen in der Küche und nicht hier am Tisch." Langsam lasse ich die Gabel sinken und lautstark schiebe ich den Stuhl zurück und stehe auf. "Mein Fehler." murmel ich nur und verschwinde in der Küche.

Free meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt