sechzehn

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Drei lange Wochen schon gehe ich meinem Boss nun aus dem Weg, ich gehe abends nichts mehr in die Küche und verhalte mich so, wie es anfangs von mir verlangt wurde. Ich mache meinen Job und bin unauffällig. Das Essen und den Kaffee stelle ich auf den Tisch und vermeide jeglichen Blickkontakt zu Magnus. Anfangs hat er sich noch bemüht und hat sich bedankt, aber als er gemerkt hat, dass ich daraufhin nur nicke, hat er auch das eingestellt.

Es quält mich und meine Unterhaltungen mit ihm fehlen mir sehr. Er fehlt mir aber das kann ich ihm nicht sagen. Wie soll ich auch erklären, dass ich ihm nur aus dem Weg gehe, weil ich ständig an ihn denken muss, weil er die Hauptrolle in meinen Träumen spielt und ich blödsinnig vor mich hinlächel, wenn ich an unsere gemeinsamen Erlebnisse denke. Es ist mir mehr als peinlich, dass ich mehrfach eine Erektion bekommen habe, in seiner Nähe und ihm das nicht entgangen sein dürfte.

An Schlaf ist kaum noch zu denken und ich verbringe meine Nächte damit, durch das Fernsehprogramm zu zappen oder an meinem Handy zu spielen. Ich bin frustriert und genau das frustriert mich nur noch mehr. Mein sonst so fröhliches Lächeln ist schon länger nicht mehr ans Tageslicht gekommen und ich denke ständig darüber nach, ob es nicht besser wäre, wenn ich weiter ziehe. Andererseits verdiene ich hier viel Geld und die Wohnung ist mittlerweile mein Zuhause geworden. Außerdem ist da ja noch Magnus. Mein Hauptgrund warum ich bleiben möchte.

Es ist wieder einer der Nächte, an denen ich schlaflos auf meinem Sofa sitze und grübel. Plötzlich höre ich ein Poltern und laute Stimmen von unten und ich springe auf und stecke den Kopf aus der Wohnungstür. "Mr. Bane, kommen Sie doch zur Vernunft." höre ich Dot schimpfen. "Verschwinden Sie." erklingt Magnus Stimme und Moment...lallt er?
Ohne weiter nachzudenken, laufe ich nach unten ins Wohnzimmer, kann dort aber niemanden finden. Wieder höre ich ein lautes Geräusch und dieses Mal ist es ein Klirren. Ich runzel die Stirn und gehe zur Küchentür.

Das Bild, was sich mir dort bietet, wird sich für immer in mein Gedächtnis einbrennen. Magnus sitzt mitten auf dem Boden, sein Rollstuhl in einer anderen Ecke. Seine Haare sind völlig zerzaust, seine Wangen gerötet und er funkelt gerade seine Nachtschwester böse an. Mein Boss sitzt mitten im Chaos, um ihn herum eine Schüssel, verschüttetes Mehl und eine Flasche, in der ich eindeutig Whiskey ausmache.

Dot steht mit den Händen in den Hüften vor ihm. "Mr. Bane, ich rufe jetzt Ragnor an. Vielleicht weiß der, was man mit einem armen Irren machen muss." schimpft sie und das ist der Moment, wo ich eingreife. "Was ist denn hier los?" frage ich und Dot sieht mehr als erleichtert aus, dass ich da bin. Sie deutet auf Magnus, der seine Flasche ansetzt und trinkt, als er mich erblickt. "Er dreht vollkommen durch. Mir reicht es mit seinen Eskapaden. Ich kündige hiermit. Ihr Problem, Alec." schnaubt sie und ich reisse entsetzt die Augen auf. "Was? Nein, kommen Sie mit." befehle ich ihr und ziehe sie am Arm hinter mir her in den Flur.

"Sie können nicht kündigen, Dot. Was ist denn passiert?" frage ich und sie funkelt mich an. "Was passiert ist? Er ist seit Wochen noch unausstehlicher als sonst. Er motzt und meckert, flucht und beleidigt Helen und mich in einer Tour. Das da ist die Krönung." Ich atme tief ein. "Dot, bitte überlegen Sie es sich noch einmal. Gehen Sie jetzt nach Hause, ich kümmere mich um ihn, aber denken Sie bitte noch mal darüber nach. Ich rede mit ihm und er wird sich benehmen. Versprochen." Sie starrt mich an aber dann nickt sie. "Wir werden sehen, wie er sich morgen benimmt. Viel Glück, Alec." Damit marschiert sie aus dem Haus und knallt die Tür hinter sich zu.

Langsam gehe ich zurück in die Küche und finde Magnus noch im gleichen Zustand vor. "Was zur Hölle machen Sie denn hier, Mr. Bane?" sage ich dann streng. Er sieht mich an und lacht trocken. "Oh, so weit ist es schon. Sie sagen wieder Mr. Bane." Er schnaubt und ich setze mich neben ihn, mitten in sein angerichtetes Chaos. "Magnus." sage ich sanft und sehe ihn an. "Was, Alexander?" erwidert er und will die Flasche wieder anheben. Ohne es zu kommentieren, nehme ich sie ihm aus der Hand und stelle sie zur Seite. Er lässt es widerstandslos geschehen. "Ich glaube, Sie hatten genug für heute. Was ist passiert?" Er scheint mich anschreien zu wollen, aber dann wirkt er plötzlich traurig.

"Alle hassen mich." murmelt er und ich runzel die Stirn. "Wer soll Sie denn hassen?" frage ich. Er ringt die Hände. "Alle. Dot, Helen, Ragnor, Cat, Andrew und Sie." Ich räuspere mich. "Bei Dot und Helen bin ich mir nicht sicher, aber Ragnor und Cat hassen Sie garantiert nicht. Andrew sollte Ihnen gleichgültig sein und ich? Ich hasse Sie doch nicht. Wie kommen Sie denn darauf?" Er sieht mich so unglaublich traurig an, dass ich meinen Kloß im Hals, der sich auf einmal bildet, herunter schlucken muss.

"Sie gehen mir seit dem Abend aus dem Weg, Alexander. Sie reden kaum noch mit mir, sehen mich nicht mehr an und ich weiß nicht warum. Ich dachte, wir haben das geklärt und Sie hätten mir verziehen, aber dem ist nicht so. Ich dachte, wir wären Freunde."

Ich muss erneut schlucken. "Aber das sind wir doch auch, Magnus. Wir sind Freunde. Ich musste mir nur über einiges klar werden in den letzten Wochen." Er schluchzt und mit Entsetzen stelle ich fest, dass er weint. "Geben Sie mir die Flasche wieder." sagt er und als ich den Kopf schüttel, versucht er an mir vorbei danach zu greifen.

Ich halte ihn fest und er beginnt sich zu wehren. "Geben Sie mir sofort die Flasche." wiederholt er und klingt so, als würde er am liebsten laut weinen. Aus einem Instinkt heraus, ziehe ich ihn an meine Brust. Wieder wehrt er sich aber ich halte ihn fest und schließlich gibt er nach, lehnt sich an mich und beginnt haltlos an zu schluchzen.

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