sechsunddreißig

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"Du liebst mich." sagt er irgendwann und ich nicke. "Ja, genau das tue ich." antworte ich und er seufzt. "Und ich dich und trotzdem sitzen wir hier und heulen." stellt er fest und ich muss lachen. "Schlimm mit uns. Sagst du mir jetzt bitte, was die Ärztin gesagt hat?"

Er löst sich von mir und wischt sich über die Augen. "Ich sage es einfach gerade heraus, okay? Ich werde es nicht beschönigen." Ich bekomme Angst, denn es hört sich sehr ernst an. "Sag es einfach. Ich kann es ertragen." murmel ich, zweifel aber selbst an meinen Worten. Was ist wenn es was Schlimmes ist? Wenn ich ihn verliere? Oh Gott, was ist, wenn er sterben muss? Ich drehe innerlich durch bei dem Gedanken, ich kann....

"Ich habe nichts." platzt er heraus und mein Mund klappt auf. "Wie meinst du das?" flüster ich und er zuckt mit den Schultern. "Dr. Roberts meint, dass ich körperlich völlig in Ordnung bin. Der Anfall entsteht in meinem Kopf, es ist Panik. Panik davor, nicht mehr atmen zu können, Panik vor dem Sterben. Dabei wird das nicht passieren. Zumindest nicht daran. Sie meint, körperliche Anstrengung begünstigt das noch etwas aber eigentlich gibt es keine Gründe für diese Anfälle."

Sprachlos starre ich ihn an. Er wirkt verlegen. "Scheinbar haben wir beide es einfach etwas übertrieben, auch wenn Dr. Roberts meint, du tust mir mehr als gut. Durch die Atemausetzer nach dem Unfall, hat sich das in meinem Kopf festgesetzt und ich hab noch nicht ganz begriffen, dass es nicht mehr passieren wird."

Ich suche nach Worten. "Wir hatten also zuviel Sex." sage ich trocken und er wird rot. "Gibt es sowas wie zuviel Sex?" fragt er und ich zucke mit den Schultern. "Scheinbar schon. Wir müssen uns zurück halten. Keinen Sex mehr." Er schnappt nach Luft. "Jetzt drehst du aber durch. Du spinnst wohl. Ich kann meine Finger nicht von dir lassen. Ich muss nur kapieren, dass ich nicht an Luftmangel sterben werde." sagt er aufgebracht und beruhigend streichel ich seine Hand. "Beruhige dich. Als wenn ich es aushalten könnte, dich nicht zu befummeln. Aber was sollen wir machen?" frage ich nachdenklich.

"Nichts, Mr. Lightwood." Erschrocken sehe ich zur Tür und sehe Magnus' Ärztin in der Tür stehen. "Es wird ganz bestimmt wieder passieren, aber er wird nicht daran sterben. Ebenso braucht er kein Morphium mehr. Sollte es passieren, beruhigen Sie ihn. Seien Sie für ihn da, bewahren Sie die Ruhe. Das wird helfen." Ich nicke und starre Sie an. "Verordnen Sie uns gerade gemeinsame Nächte?" frage ich und sie grinst. "Genau das. Sie brauchen weder noch eine der Nachtschwestern, noch die Maschine. Wäre Mr. Bane früher mal hier gewesen, wüsste er das auch." sagt sie tadelnd und Magnus zuckt mit den Schultern. "Ich dachte, wenn ich nicht hierher komme, können Sie mir auch keine schlechten Nachrichten überbringen." murmelt er.

"Mr. Bane, ich hätte nur positive gehabt. Ebenso wegen ihrer Beine. Sie wissen, dass Sie wieder laufen lernen können. Hören Sie auf, sich selbst so leid zu tun. Bekommen Sie Ihren Hintern hoch, arbeiten Sie hart an sich und dann werden Sie eines Tages mit Ihrem Mann zusammen spazieren gehen können."
Ich sehe Magnus an. "Siehst du. Wir schaffen das." Er nickt. "Danke, für Ihre sehr ehrlichen Worte, Dr. Roberts. Bisher fehlte mir die Motivation aber jetzt habe ich etwas, für das sich das kämpfen lohnt." Er drückt meine Hand und ich lächel ihn warm an.
"Mr. Lightwood, sorgen Sie dafür, dass er mehr an sich arbeitet. Er hat mir erzählt, dass Sie einen Masseur besorgt haben und das die Physio erweitert wurde. Weiter so."

Ich nicke. "Keine Sorge, ich kümmere mich darum. In einem Jahr kommt Magnus aufrecht zu Ihnen. Das verspreche ich." sage ich euphorisch und sie lächelt. "Ihnen glaube ich das sogar." Wir grinsen uns an. "Mr. Bane, Sie dürfen nach Hause. Es gibt keinen Grund, Sie hier zu behalten. Ruhen Sie sich noch einen Tag aus und dann arbeiten Sie weiter an sich. Das ist ein Befehl." Sie nickt uns noch einmal zu und lässt uns alleine.

"Magnus, dass klingt alles so gut, findest du nicht?" Er nickt langsam. "Ja. Das stimmt, aber was ist, wenn ich es nicht schaffe? Ich will dich nicht enttäuschen." sagt er leise und ich runzel die Stirn. "Hey, du sollst das nicht nur für mich machen. In erster Linie machst du es für dich selbst und ich unterstütze dich, wo ich kann. Du kannst mich nicht enttäuschen, eben weil wir es schaffen werden. Zusammen." Er betrachtet mich und zieht mich dann an sich. Zärtlich küssen wir uns.
"Lass uns nach Hause fahren, Alexander. Ich will hier raus." Ich streichel ihm über die Wange. "Ich rufe Ragnor an." erwidere ich und ziehe mein Handy aus der Tasche.

"Alec? Ist was passiert?" meldet er sich. "Nein, alles okay. Mach dir keine Sorgen. Er darf nach Hause. Kannst du uns abholen?" Er seufzt. "Was für eine Frage. Klar. Ist zwischen euch beiden alles in Ordnung?" Ich sehe meinen Freund an, der mich anlächelt. "Ist es. Wir haben über alles geredet und sind uns einig, dass wir nicht mehr ohne einander leben wollen." sage ich glücklich und ich höre Ragnor leise lachen. "Das höre ich gerne, Alec. Ich mache mich auf den Weg. Bis gleich." Damit legt er auf und ich stecke mein Handy zurück in die Hose.

"Ragnor kommt gleich. Was machen wir bis dahin? Möchtest du was essen?" frage ich Magnus. Dieser schüttelt den Kopf. "Bloß nicht. Das Essen ist hier nicht so besonders. Ich würde viel lieber gleich mit dir zusammen frühstücken und bis dahin fällt mir was ein, womit wir die Zeit rumbekommen können." Das letzte hat er nur noch geflüstert und er zieht mich mit einem Ruck an sich. Ich spüre seinen Atem auf meinem Mund und mein Blick fällt auf seine Lippen. "Ach ja?" hauche ich und er nickt. "Sag es nochmal, Alexander." fordert er mich auf und ich verstehe. "Ich liebe dich, Magnus Bane." Er lächelt. "Ich liebe dich, Alexander Lightwood und jetzt küss mich."

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