In den folgenden drei Wochen setzen wir Nialls Vorschläge des Zeitverbringens in die Tat um. Wegen der Tourproben ist er größtenteils nicht in meiner Nähe und bis auf einen kurzen zweitägigen Besuch Anfang April sehen wir uns nicht persönlich.
Wir telefonieren aber so gut wie jeden Tag, ich bekomme mindestens zwei Mal am Tag ein albernes Selfie von ihm geschickt und er hat mich (per Facetime) sogar mit auf den Golfplatz genommen, um mir digital den richtigen Griff beizubringen.
Einige Tage vor Ostern hat er mich dann angerufen und gefragt, was ich an den Feiertagen geplant habe.
Wie immer, nichts. Allein kochen, allein essen, mit Dean und Sam Supernatural genießen.
Also schlug er vor, mich über die Feiertage mit nach Mullingar zu seiner Familie zu nehmen.
Oder auch mit anderen Worten: Er schlug vor, dass ich mir schon 48 Stunden vor dem Abflug die Panik meines Lebens mache, weil mich allein der Gedanke daran, auch nur Theo zu treffen, mehr beängstigt als der Anblick eines Zuges, der direkt auf mich zurollt.
Was mir, als ich seiner Idee zugestimmt habe, allerdings noch nicht bewusst war, ist, dass ich allein von LA nach Dublin fliegen muss. 13 Stunden lang. Allein. Über den Atlantischen Ozean hinweg. Allein. Hab ich schon erwähnt, dass ich allein bin?
Schlussendlich war es aber gar nicht so schlimm wie erwartet. Ich habe überwiegend gelesen und Kreuzworträtsel gelöst. Eigentlich war der Flug sogar ziemlich entspannt, weil mir bewusst geworden ist, dass ich alle meine theoretischen Prüfungen gemeistert habe und jetzt nur noch zwei praktische anstehen, für die ich allerdings die Choreografien schon fertig habe. Es gab also nichts mehr für die Schule zu tun.
Ich würde mich die vollen vier Tage auf Niall konzentrieren können.
Vor Aufregung konnte ich allerdings im Flieger nur vier Stunden schlafen und sehe sicherlich dementsprechend geschafft aus, als ich gegen 15 Uhr am Samstag mit meinem Koffer durch die Türen zur großen Halle des Dubliner Flughafens trete.
Mit aufmerksamem Blick scanne ich die Reihen der wartenden Abholer ab, bemerke Nialli aber körperlich noch bevor ich ihn sehe, weil ich ihn einfach zu spüren scheine.
Meine schnelle Erkennung könnte auch an dem glitzernden Schild liegen, das er sich direkt vor das Gesicht hält. Es ist pink mit blauen Dinos (oder Hunden oder Bären) und goldenem Glitzer, der die Worte „Wellcom, Lucy" formt.
Mit einem Grinsen gehe ich zu ihm. „Hast du Kunstunterricht genommen?"
Niall lässt das Blatt ein Stück sinken, damit er mich über den Rand hinweg böse ansehen kann. „Nein, solche Kunstwerke konnte ich schon immer kreieren."
Dann grinst er aber und zieht mich so kurz in seine Arme, dass ich es beinahe nicht mitbekomme. Was war das denn?
„Theo wollte dir unbedingt ein Schild malen." Niall nimmt mir den Koffer ab und deutet mit dem Kinn Richtung Ausgang, bevor er losläuft.
Ich versuche, nicht zu irritiert oder enttäuscht zu wirken, weil er mich so distanziert behandelt, sondern folge ihm einfach nur. „Das hat er großartig gemacht. Darf ich?" Vorsichtig nehme ich ihm das Blatt aus der Hand und sehe mir die Figuren darauf genauer an. „Das sind Dinos, oder?"
Niall lacht leicht und zuckt mit den Schultern. „Offen gesagt, keine Ahnung. Aber ich denke schon."
Schmunzelnd betrachte ich das Blatt beim Laufen weiter, bis wir eine Straße überqueren müssen, um zum Parkplatz zu kommen. „Du hast also schon von mir erzählt?"
„Naja, ich musste wohl erwähnen, dass ich Besuch mitbringe, oder nicht?" Er grinst.
„J-Ja, tut mir leid. Mein Kopf ist etwas durch den Wind. Hab nicht viel geschlafen." Verlegen lasse ich Theos Schild sinken, achte aber darauf, es in keinster Weise zu knicken oder den Glitzer abfallen zu lassen.
![](https://img.wattpad.com/cover/213286535-288-k108506.jpg)
DU LIEST GERADE
Put A Little Love On Me
FanfictionLucys Leben besteht aus Musik. Sie wacht damit auf, richtet ihren Alltag danach, baut ihre Zukunft darauf auf. Sie ist Tänzerin. Und sie bekommt ein Jobangebot für ein Musikvideo - eine Möglichkeit, ihre Karriere in Fahrt zu bringen, denkt sie. Aber...