47. Kapitel

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„Nein, ich bin single." Er schüttelt den Kopf leicht. „Und ja, das ist tatsächlich die begabte Tänzerin, die sich die Zeit und Mühe genommen hat, mich bei Put A Little Love On Me zu unterstützen." Er nickt. Auf die nächste Frage antwortet er: „Nein, sie hat Freunde in Irland besucht und brauchte kurzfristig einen Fahrdienst. Ich war nur der Chauffeur."

Das ist das vierte Mal, dass ich diese Geschichte höre. Das vierte Mal, dass ich das Gesicht verziehe, das Handy sperre und auf mein Kopfkissen werfe. Das vierte Mal, dass ich das Gesicht danach in den Händen vergrabe und die Augen zusammenpresse.

Ich habe ihn darum gebeten, zu lügen, aber zu hören, wie er es tatsächlich tut, verletzt mich dennoch.

Es ist überragend, dass Niall auch noch einen Monat nach dem Erscheinen des Artikels immer noch nach uns gefragt wird. Man könnte meinen, die Leute hätten sich damit abgefunden, dass er nicht mehr über die Feiertage offenbaren wird.

Und man könnte auch meinen, ich wäre so schlau, mir Nialls Interviews einfach nicht mehr anzusehen, damit ich nicht jedes Mal hören muss, wie er mich leugnet.

Aber ich bin nicht schlau.

Ich schnappe mir mein Handy erneut und lasse das Video weiterlaufen, während ich mich auf den Rücken fallenlasse.

„Ja, bisher war die Tour unglaublich. Die Leute haben Stimmung, es ist bombastisch. Ich liebe es, die Fans zu sehen und zu beobachten, was meine Songs in ihnen auslösen. Generell die Gesichter all dieser wunderschönen Menschen zu sehen, ist das beste am touren."

Seit seine Reisen quer durch die Vereinigten Staaten vor rund einem Monat begonnen haben, haben wir kaum noch Kontakt. Niall schläft lang, hat Proben, ein Konzert, fährt weiter, schläft. Selbst die freien Tage zwischen den Veranstaltungen sind vollgepackt. Er schreibt scheinbar musikalisch viel, aber mehr weiß ich auch nicht.

Wenn alles gut läuft, bekomme ich ein „Guten Morgen" und „Gute Nacht" von ihm. Meistens aber zu so unchristlichen Uhrzeiten, dass ich erst Stunden später darauf antworte und wir keine Konversation starten können.

Zusammengefasst: Alles, was ich von Niall sehe, sehen auch Tausende andere Menschen über Social Media.

Es ist wie vor dem Musikvideodreh.

Meine Hoffnung, Niall nach seiner Tour in nur ein paar Tagen wiederzusehen, wurde auch schon zerstört, weil er erstmal vorwiegend in London bleiben muss, wenn das alles vorbei ist.

Also wäre meine einzige Chance, ihn zu sehen, wenn ich auf das LA-Konzert gehen würde. Das Problem dabei: Es ist morgen. Und ich habe kein Ticket. Und ich war noch nie auf einem Konzert. Und ich mag keine Konzerte.

Perfekte Voraussetzungen.

Mir selbst auf die Lippe beißend setze ich mich wieder auf, schließe YouTube und somit auch das Interview und sehe zum Schreibtisch hinüber.

Ob jemand Tickets verkauft?

Langsam öffne ich die Suchmaschine meines Vertrauens.

Weil das Event ausverkauft ist, sind die Preise für die nun durch Drittanbieter zum Verkauf stehenden Tickets um einiges höher als die Originalpreise, was aber nicht heißt, dass ich dieses Geld nicht aufbringen könnte.

Okay, Problem ‚Kein Ticket' wäre abgehakt.

Aber das Problem, dass ich regelrechte Angst vor Konzerten habe, lässt sich nicht so leicht lösen.

Die Menschenmenge, das Gedränge, das Geschubse, die unhöflichen Personen... Dazu dieses Gefühl des Zwangs, dass man mitsingen muss.

Nein, ich kann nicht auf dieses Konzert gehen.

Put A Little Love On MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt