22. „Ich bin also inkompetent."

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"Hier", war das erste, was Sirius sagte, als er den Raum betrat und warf jedem von uns eine Phiole zu. "Vielsafttrank. Frisch gestohlen von Slughorn, müsste ziemlich gutes Zeug sein."

"Was ist der Plan?", fragte ich und sah das Fläschchen zweifelnd an.

"Ihr haltet Wache, ich gehe rein. Villin hat heute eine Besprechung mit den Lehrern, aber falls er zurückkommt, brauche ich jemanden, der mich warnt."

"Warum geht nicht Evelyn? Sie hat einen einfacheren Fluchtweg..."

"Aber sie war schon zwei Mal und hat absolut gar nichts gefunden... Außerdem vertrage ich keinen Vielsafttrank, das wisst ihr doch."

"Und wozu müssen wir den Trank nehmen?"

"Weil es ja wohl ein bisschen offensichtlich ist, wenn ihr, meine Freunde, vor allem Lynnie, irgendwo in der Nähe seines Büros rumstehen", erwiderte er ungeduldig. "Hört auf zu zweifeln, der Plan ist super, lasst uns gehen."

Einen sehr wohl Zweifelnden Blick zu Remus werfend, stand ich auf.

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"Das ist ein ganz seltsames Gefühl", murmelte ich und sah zu Remus hoch, der nun leider überhaupt nicht aussah wie Remus.

Dunkelbraunes Haar fiel ihm ins Gesicht und machte sein Leben allen Anschein nach schwer, zumindest danach zu urteilen, wie oft er es sich aus der Stirn wischte.

Seine Nase war größer als sonst und er war auf gute 1.80 herunter geschrumpft, dafür schien sein Selbstbewusstsein imens gestiegen zu sein.

Würde ich nicht wissen, dass das vor mir Remus wäre, hätte ich es niemanden, der es behauptet hätte geglaubt.

"Finde ich auch...", murmelte Moony und zuckte mit den Augenbrauen. "Ich kann meine Augenbraue nicht mehr heben..."

Ich schnaubte belustig und zog meine 'ausgeliehene' Krawatte fest.

"Das ist dein einziges Problem?"

"Noch ist es das, ja..."

Er warf einen Blick den Gang runter, um sicherzugehen, dass kein Lehrer kam.

"Es wirkt besser, als ich gedacht hatte... Ich hatte eigentlich vermutet, Slughorn hätte es etwas halbherzig gebraut, nur zum zeigen, nicht zum benutzen...", fuhr er fort und musterte mich kurz. "Ich muss mich erstmal daran gewöhnen..."

"Na hoffentlich nicht zu sehr...", schnaubte ich. "Mehr als eine Stunde, halte ich es als Slytherin nicht aus..."

"Was ihr nur gegen sie habt..."

Schritte ertönten im Gang, der an uns angrenzte und den strammen, zügigen Schritten nach zu urteilen, war es Villin.

Aufregung schoss durch meinen Körper und ich blickte aus Gewohnheit nochmal zu Slytherin-Remus, als die Erschreckung mir das Herz in die Hose sinken ließ.

Auf dem bis eben noch so veränderten Gesicht, zeigten sich bereits langsam die Narben, die ganz offensichtlich nur zu dem Werwolf gehören konnten.

Villins Schritte waren ganz nah, er würde gleich um die Ecke kommen.

Ohne groß zu überlegen zog ich ihn, nicht sehr zärtlich am Nacken zu mir und küsste ihn.

"Etikette, wenn ich bitten darf!", kam es nur streng vom Schulleiter, der es ganz offensichtlich eilig hatte.

"Entschuldigen Sie, Sir...", sagte ich, wobei ich mir einen leichten Brummy-Akzent aneignete, nur um auch auf ganz sicher zu gehen.

Die Sekunden, bis Villins Schritte vollkommen verklungen waren, blieben wir still.

"Was war das denn?!", flüsterte Remus und starrte mich etwas perplex an.

Ich kramte aus meinem Umhang den Spiegel heraus und hielt ihn ihm vor die Nase, sodass er sehen konnte, wie deutlich man ihn identifizieren konnte.

"Oh fuck...", murmelte er und strich sich über sein Gesicht. "Das wäre ja fast schief gegangen..."

"Entschuldige bitte, Moons, ich wollte dich nicht so überfallen, das war ein Reflex..."

"Schon in Ordnung, aber wir müssen Sirius warnen..."

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"Ich möchte, dass ihr mir Nachsprecht: "Sirius ist der intelligenteste Mensch in diesem Raum"."

"Hast du was gefunden?!", fragte ich ungläubig und richtete mich auf und strich mein schwarzes Haar zur Seite, das ich durch den Trank immernoch hatte.

"Aber natürlich... Die Notiz, dass die Lehrerakten vom Archiv neben Filchs Büro in zum Pokalzimmer verlegt wurden", erklärte er triumphierend.

"So einfach? Können wir da jetzt einfach hinspazieren und uns die Akten anschauen?"

"Ich denke nicht", murmelte Remus nur nachdenklich, klang dabei aber anders als sonst, irgendwie niedergeschlagen. "Die Akten wurden bestimmt verlegt, weil sie bei Filch unsicher waren... Vor allem, weil jemand seine ja einfach so verändert hat..."

"Wie wäre es, wenn wir morgen die Lage checken? Aber jetzt muss ich los. Ihr wisst schon. Date-Night..."

Ich verdrehte die Augen und sah zu Remus, der abwesend aus dem Fenster starrte und gar nicht reagierte.

"Viel Spaß", murmelte ich lieblos und stand auf, um auf ein Bücherregal zuzugehen, eins der untersten Bücher hervorzuziehen und schließlich eine blaugetönte Glasflasche herauszuholen. "Moony? Lust auf ein Schlückchen Zwergenschnaps? Du siehst aus, als würde dich was bedrücken..."

Er hob seinen Blick, schmunzelte und machte Platz auf dem Sofa.

"Was bedrückt dich denn?", fragte ich, schraubte die Flasche auf und hielt sie ihm hin.

"Lass mich erstmal ein paar Schlucke nehmen..."

Er führte sich die blaue Flasche zu den Lippen und und verzog sein Gesicht angewidert.

"Ich hasse Zwergenschnaps auch...", schmunzelte ich und tat es ihm nach. "Aber man fühlt sich immer besser... Bis man was dummes tut und nackt in einer Badewanne aufwacht."

Er musste grinsen und richtete sein Blick aus dem Fenster.

"Ich habe mich heute zum ersten Mal seit Jahren gutaussehend gefühlt", gab er nach mehreren Sekunden zu. "Ohne die ganzen Narben..."

Ich sah ihn lange von der Seite an.

"Ich fand dich als Slytherin heute wirklich hässlich, um ehrlich zu sein. So finde ich dich attraktiver."

"Das ist nett von dir", schnaubte er und nahm einen weiteren, großen Schluck.

"Möchtest du deswegen keine Freundin? Weil du Angst hast, dass sie deine Narben hässlich finden?"

Er zuckte nur mit den Schultern und reichte mir wortlos die Flasche.

"Ich will keinen verletzen, das ist der Hauptpunkt... Du bist ein Animagus, dir tu ich nichts, genau so wenig wie James, Peter oder Sirius... Aber ein Mädchen würde ich einfach so umbringen... Und was wenn sie Kinder möchte?"

"Nimm noch einen Schluck", forderte ich ihn seufzend und lehnte mich tröstend an ihn. "Remus, du bist mein bester Freund, daran wird sich nie etwas ändern, okay?"

"Danke..."

evelyn. || Die RumtreiberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt