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Ich schleiche langsam in mein Zimmer und lasse mich ins Bett fallen.
Mit meinem Vater konnte ich aushandeln, dass ich bis morgen noch hierbleiben kann, wenn meine Mutter sich immer noch nicht meldet

Morgens weckt mich mein Handy.
Lenia hat mir geschrieben.
<Hey Wie geht's dir? Kommst du in die Schule heute? >
<Ja klar komm ich, ich soll mich nur noch ein bisschen schonen>

Ein Blick auf die Uhr verrät mir das ich gewaltig verschlafen habe.
Mehr als gehetzt verlasse ich die Wohnung und laufe los.

,,Hey" begrüßt sie mich direkt.
Doch eine Moment später legt sich ihre Stirn in Sorgenfalten.
,,Was ist?"
,,Du solltest es echt der Polizei sagen."
,,Du weißt dass, ich das nicht kann."

In diesem Moment betritt Frau Bauer den Bioraum.
,,So, Guten Morgen. Gespräche bitte mal einstellen.", sie macht eine Pause und legt ihre Tasche auf dem Pult ab.
"Unser nächstes Thema ist, wie ich letzte Woche schon angekündigt habe, der Herz-Lungen-Kreislauf, aufbauend auf die vorangegangenden Themen."
Sofort liegen alle Blicke auf mir.
Ach ja. Da war ja was.
Seit dem Vorfall am Anfang des Schuljahres, wissen alle das was mit mir los ist und bin gerne das Gesprächsthema Nummer eins wenns um solche Themen, wie eben jetzt in Biologie. Ich ignoriere es immer so gut wie möglich.
,,Leute, die Tafel ist hier vorne.", meint Frau Brauer und sieht die Klasse auffordernd an.
,,Kira kann uns ja mal irgendwann, wenn sie denn  möchte, was über ihre Erkrankung erzählen."

Wieder Zuhause, mache ich mir nur schnell was zu Essen und fange dann wohl oder übel mit den Hausaufgaben und dem ganzen Zeug, dass ich nachholen muss, an.

Bis es an der Tür klingelt.
Etwas nervös öffne ich.

,,Guten Tag die Polizei Köln hier, Kaya mein Name, das ist mein Kollege Westerhoeven. Dürfen wir kurz reinkommen? ", vor der Türe stehen zwei Polizeibeamten und eine etwas kleinere Frau, mittleren Alters.
,,Äh ja?", verwirrt mache ich einen Schritt zur Seite um die drei reinzulassen.
Fuck, die wollen wahrscheinlich wieder wissen wer mich verprügelt hat...
,,Hallo Kira, ich bin Julia Liebig vom Jugendamt. Ich glaub es ist besser wenn wir uns mal eben wohin setzen.", die Frau lächelt mich fteunich an und deutet auf die offen stehende Wohnzimmertüre.
,,Äh, ja sicher.", immernoch ziemlich überrumpelt gehe ich ihr hinterher und setze mich aufs Sofa.
,,Also um es kurz zu machen, deine Mama hatte schon vor einigen Tagen einen schlimmen Unfall. Keine Sorge sie lebt, allerdings hat man sie in ein künstliches Koma verlegt damit die Heilungschancen besser sind. Weil sie nichts bei sich hatte, mit dem man sie hätte identifizieren können, hat es sehr lange gedauert bis man Angehörige ausfindig machen konnte. Sie ist heute morgen in die Uniklinik verlegt worden, dort kann ihr besser geholfen werden, aber keine Sorge, wie gesagt, sie lebt und ist soweit stabil. Ihre Ärzte stellen eine gute Prognose.", versucht die Jugendamtsmitarbeiterin mir schonend beizubringen.
Wie?
Ich habe mich doch verhört?
Bitte lass mich, mich verhört haben.
Das darf nicht wahr  sein.
,,Ich weiß, das ist gerade sehr viel für dich, aber ich dachte ich machs möglichst kurz. Da du für diese Zeit nicht alleine bleiben kannst, haben wir deinen Vater gebeten, dich für die Zeit bei sich aufzunehmen. Er hat mir erzählt, dass euer Verhältnis im Moment schwierig ist, allerdings hat er immernoch das Sorgerecht für dich."
Warte was?
Nein.
Das kann die vergessen. Ich zieh nie im Leben zu meinem Vater
"Nein, nein das geht nicht ich kann nicht zu meinem Vater, auf gar keinen Fall.",  wehre ich mich.
,,Leider geht es nicht anders, ansonsten müssten wir dich in eine kurzzeitige Pflegefamillie oder Einrichrung schicken und das möchte ich nur im äußersten Notfall machen.", sie lächelt mich mitleidig an.

Nach langem Hin und her stimme ich dann zu und ich hole meine Reisetasche aus dem Schrank.
Es sind hoffentlich nur ein paar Wochen und in denen muss ich ja eigentlich nur zum schlafen in dem Haus sein.
Ich packe nur das nötigste zusammen: Klamotten, Duschzeugs, Makeup, Schulsachen, meine Medis und ein Bild. Das Bild zeige mich und meine Eltern mit unserem Hund Luke vor ein paar Jahren. Damals, als die Welt noch in Ordnung war.

Nur sehr widerwillig setze ich mich in den Streifenwagen.
Die vom Jugendamt steigt mit mir hinten ein.
,,Hey Kira.", spricht mich einer der Polizisten an.
,,Was?" frage ich trotzig zurück.
,,Ich kenne Phil gut und er war todunglücklich als du angefangen hast ihn zu ignorieren. Er bereut es zu tiefst das er euch verlassen hat, er liebt dich wirklich von ganzem Herzen. Du bist sein Ein und Alles."
Großartig. Noch jemand den ich nicht kenne und der viel zu viel über mich weiß.
Sein Ein und Alles. Schnulziger ging's wohl nicht.
,,Davon kriege ich aber wenig mit."
Ich starre unglücklich aus dem Fenster.
Die vom Jugendamt streicht mir mitfühlend über die Hand.
,,Die WG freut sich wirklich auf dich, ein paar kennst du glaube ich auch schon.", meint dann auch der andere Polizist.
,,Warte, Stopp! Die WG!?", frage ich mit einer Mischung aus Verwirrtheit und Wut.
,,Ja, hat er es dir nicht erzählt? Er lebt seit kurzem in einer WG mit seinen Arbeitskollegen.", antwortet der Polizist überrascht.
,,Nein, nein hat er nicht..."
,,Du brauchst dich nicht aufregen, Kira. Du bist dort gut aufgehoben und es ist ja auch nicht für immer.", mischt sich auch Julia Liebig wieder ein.

"So wir wären da!", der Polizist parkt vor einem großen Haus mit mehreren Balkonen und einem verhältnismäßig kleinen Garten. Ich weiß nicht genau wo wir sind, aber so wie es aussieht würde ich mal Vorstadt behaupten.
Ich steige aus und gehe langsam auf die Haustür zu.
Julia Liebig direkt hinterher.
Augenblicklich wird die Haustüre aufgerissen.
,,Hey, Maus ", mein Vater umarmt mich stürmisch.
Aua. Meine Nase und Naht tun immer noch ordentlich weh.
,,Guten Mittag Herr Funke, wir haben heute morgen telefoniert. Sie wissen ja bereits alles Nötige, gibt es noch Fragen?", meldet sich auch die Liebig zu Wort.
,,Nein. Ansonsten melde ich mich. Schönen Tag noch", er verabschiedet sie freundlich.
Auch die Polizisten verabschiedet er freundschaftlich.
Ich bin vollkommen überrumpelt von all dem und lasse mich wie eine Marionette herum schieben. 

,,Komm mit die anderen sind in der Küche.", sagt mein Vater fröhlich zu mir.

Das Haus wirkt von innen noch riesiger als von außen. Wie viele wohnen hier denn bitte?

Die Küche ist ein großer heller Raum mit einem riesiegenTisch in der Mitte.
An diesem sitzen fünf Personen und unterhalten sich.
,,Freunde, darf ich vorstellen, meine Tochter Kira!", ruft er fröhlich in den Raum.
Sofort liegen fünf neugierige Blicke auf mir.
Vom sehen kommen mir fast alle bekannt vor, ich glaube die einen waren am Anfang vom Jahr, die, die den Sani-Lehrgang in meiner Schule gegeben haben und der eine andere mit den braunen Haaren, war einer von denen die mich nach dem Vorfall mit meiner Mutter versorgt haben.
,,Das sind Jacky, Flo, Dustin, Franco und Alex." stellt mein Vater die Runde vor und ziwgr jeweils auf die einzelnen Leute.
Wenn ich die Blicke richtig interpretiere, erinnern die sich auch alle dran, dass die mit mir schon zu tun hatten.
Unangenehm.
Ich weiß nicht, was ich sagen soll.

,,Komm mit, ich zeig dir das  Gästezimmer."
Mein Vater schiebt mich wieder in den Flur und die Treppe hoch.

Mein Zimmer liegt im dritten Stock, es war grob möbliert und hatte ein eigenes kleines Bad und Balkon.
Wenigstens habe ich etwas meine Privatsphäre.
,, Das ist unser Gästezimmersag, komm erstmal an und pack in Ruhe aus. Ich weiß, dass das alles gerade sehr viel ist und keiner zwingt dich dazu sofort damit klar zu kommen, nimm dir die Zeit, die du brauchst. ", meint er und lässt mich allein.
Ich lasse mich erstmal auf das Bett fallen. Auspacken kann ich auch noch später.

Wow, das war heute einfach zuviel, meine Mutter hat einen Unfall und liegt im Koma, die Polizei holt mich ab und ich muss zu allem Überfluss auch ich bei meinem verhassten Vater einziehen.
Irgendwie reiße ich mich dann doch zusammen und fange an aus zu packen und das Zimmer etwas wohnlicher zu gestalten.

,,Komm bitte runter Kira, es gibt Essen.", tönt aufeinmal die Stimme meines Vaters durch Haus und Fußgetrappel ist zu vernehmen.
Eigentlich habe ich wirklich keinen Hunger, aber ich weiß genau, dass er mich nicht in Ruhe lassen wird, wenn ich nichts esse.

Es gibt Lasagne, mein Lieblingsessen.
Wenigstens etwas was er kann.

Asds FF//Im Schatten des LichtsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt