Chapter 46

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He looks at her like he just
realized what love is...

Luca

Der Soundcheck ist eine Katastrophe. Obwohl ich eigentlich darauf achten soll, ob die Technik und meine Musik für den Auftritt passt, kann ich den Blick einfach nicht von Christina abwenden. „Erde an Luca." Eine Hand wedelt auf einmal vor meinem Gesicht herum und reißt mich damit unsanft aus meinen Gedanken. "Du hast schon wieder deinen Einsatz verpasst!" Ertappt drehe ich den Kopf und blicke zu Cyril, der mich leicht genervt aber dennoch mit einem wissenden Lächeln von der Seite betrachtet. Seit zwei Stunden proben wir jetzt schon meinen Auftritt. Zumindest versuchen wir es, denn ich schweife mit meinen Gedanken immer wieder zu einer gewissen Person ab, sodass ich ständig meine Einsätze verpasse oder die Liedtexte durcheinander bringe. Eine gewisse Person, die seit ebenfalls zwei Stunden vor der Bühne herumhüpft und mich mehr ablenkt als ich zugeben will. Gerade streckt Christina fröhlich die Arme von sich, während sie sich zur Musik im Kreis dreht. Selbst von hier aus kann ich ihr helles Lachen hören und wie immer verziehen sich meine Mundwinkel ebenfalls zu einem breiten Lächeln. Das entgeht natürlich auch Cyril nicht. „Du bist so verknallt, dass es langsam echt nervig wird", zieht mich mein Bruder auf und ich presse meine Lippen zusammen. Ich weiß genauso gut wie er, dass Cyril recht hat und es macht mir Angst. Noch nie hatte ich so intensive Gefühle für jemanden, schon gar nicht nach so kurzer Zeit. "Ich glaube ich liebe sie, Cy", murmle ich vor mich hin, ohne den Blick von Christina abzuwenden. Im Augenwinkel kann ich sehen, wie er in der Bewegung inne hält und mich mit hochgezogenen Augenbrauen mustert. „Ach echt? Nur zu deiner Erinnerung: Du hast ihr vor laufenden Kameras eine Liebeserklärung gemacht. Ich denke mittlerweile weiß jeder, dass du total in sie verschossen bist." Jetzt drehe ich mich doch zu ihm, so ruckartig, dass mir schwindlig wird. „Nein Mann, du checkst es nicht." Verzweifelt gestikuliere ich mit den Händen in der Luft herum. "Ich liebe sie. Diese Ich-will-dich-nie-mehr-gehen-lassen Art von Liebe." Etwas in Cyrils Gesicht verändert sich und langsam, ganz langsam scheint er zu verstehen. "Moment. Willst du damit andeuten was ich meine, dass du andeuten willst?" Eine Weile ist es still, dann seufze ich tief. „Ich weiß es nicht. Ich glaube schon. Ich..." Meine Stimme bricht und ich fahre mir unsicher mit den Händen durch die Haare. "Ich will sie nicht überfordern, verstehst du? Die Sache mit Evgeny war schon ziemlich krass und wir sind ja auch erst zusammengezogen. Aber ich war mir noch nie so sicher bei etwas wie bei Christina." Hilfesuchend sehe ich meinen Bruder an, der allerdings gerade genauso überrumpelt aussieht wie ich mich fühle. "Dich hats ja echt richtig erwischt, Mann", kommentiert er wenig hilfreich, bevor er mir mit einer Handbewegung bedeutet mitzukommen. Wir setzen uns im Schatten auf zwei Hocker und ich senke den Blick auf meine Hände. Schweigend sitzen wir erstmals nur da, während Cyril versucht zu verarbeiten, was ich ihm gerade gesagt habe. Viel Zeit bekommt er dafür allerdings nicht. „Ich habe ihre Eltern schon gefragt", platze ich auf einmal heraus und Cyrils Kopf schießt so schnell herum, dass er beinahe vom Hocker gefallen wäre. „Du hast...Was?!" Mit großen Augen sieht er mich an. "Wann?"
"Vor ein paar Tagen, als sie uns besucht haben...", antworte ich leise. "Es war ne Kurzschlussentscheidung und vermutlich nicht das Klügste, das bei unserem ersten Treffen zu machen aber in dem Moment erschien es mir richtig." Cyril atmet hörbar aus. „Wow. Du meinst das wirklich ernst, oder?" Angestrengt kaue ich auf meiner Unterlippe herum, dann nicke ich zaghaft. Auf Cyrils Gesicht breitet sich ein Lächeln aus und er klopft mir ermutigend aufs Knie. "Das ist doch eine Wahnsinns-Neuigkeit!" Wieder ein Nicken meinerseits, das aber schnell schwächer wird, als langsam die Panik in mir aufsteigt. Auch Cyril entgeht meine plötzliche Angespanntheit nicht und er legt mir beruhigend eine Hand aufs Bein. "Jetzt hör mir mal zu, okay? Wenn es passt, dann passt es einfach. Ist doch egal wie lang ihr euch kennt oder was andere darüber denken würden. Solange ihr euch sicher seit, ist alles andere egal."
"Aber was soll ich denn jetzt machen? Ich bin mir ja sicher, aber ich weiß doch überhaupt nicht, was sie darüber denkt!"
"Luca..."
"Bitte Cy. Was würdest du mir raten?", flehe ich ihn an und er seufzt schließlich leise. "Als dein Bruder? Da würd ich sagen, dass du am besten zu ihr gehst und mit ihr darüber redest. Sie vielleicht ein bisschen ausquetscht und rausfindest, ob du das wirklich machen willst." Ich nicke langsam. Bevor ich allerdings auch nur auf die Idee kommen kann aufzustehen, hat Cyril mir schon eine Hand auf die Schulter gelegt und drückt mich bestimmt wieder zurück auf den Hocker. "Das wäre mein Rat als Bruder. Aber im Moment bin ich geschäftlich hier und als dein Manager sag ich: Reiß dich zusammen, spiel das Konzert und dann reden wir gemeinsam drüber, wenn du dir hundertprozentig sicher bist, dass du das durchziehen willst." Ich schlucke hart und wie von selbst wandert mein Blick wieder zu Christina. Von unserem jetzigen Platz auf derBühne aus kann ich sie perfekt am anderen Ende des Parkplatzes ausmachen,wie sie immer noch zusammen mit India herumalbert. Wie zwei Flummis hüpfen die Beiden über den Parkplatz und singen lautstark den Text zu „Diamant" mit, während das Lied in voller Lautstärke aus den Boxen von Cyrils Wagen dröhnt. Sie ist so wunderschön wie sie komplett glücklich über den Parkplatz tanzt, dass mein Herz bei dem Anblick einen albernen Hüpfer macht. Benommen drehe ich den Kopf und sehe wieder Cyril an. "Ich denke du hast Recht", murmle ich. "Natürlich hab ich Recht. Ich hab immer Recht", gibt er zurück. Schmunzelnd schlage ich ihm gegen die Schulter. "Sei nicht so eingebildet."
"Was denn? Wieso sollte ich bescheiden sein, wenn wir beide wissen, dass du ohne mich aufgeschmissen wärst?", grinst er schulterzuckend und steht auf. "So, und jetzt komm. Da draußen warten bald deine Fans auf dich und du willst Christina doch nicht mit einem miserablen Auftritt verschrecken, weil du vor lauter Schwärmerei den Soundcheck verpasst hast, oder?" Ich denke an meine Fans und an Christina, die mir heute bei meinem Auftritt zuschauen werden und auf einmal durchfließt eine merkwürdige Ruhe meinen Körper. Plötzlich kann ich gar nicht mehr schnell genug zurück auf die Bühne kommen. Ich sehe zu Cyril, der meinen Gemütsumschwung mit einem zufriedenen Lächeln hinnimmt. Ja, ich schätze ohne meinen Bruder wäre ich wirklich ganz schön aufgeschmissen. 

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