Chapter 32

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His love roared louder
than her demons.
– writtenbyhim

Christina

Ich weiß nicht ob es am Kuchen oder an der Anwesenheit meiner Freunde liegt, aber kaum setzt am Abend die Musik ein, blende ich alles andere aus und ich bin wieder voll in meinem Element. Selbst als Evgeny bei einer Figur direkt neben mir tanzt, schaffe ich es mein Herzrasen auszublenden und lande letztendlich fehlerfrei in Roberts Armen, während um uns herum donnernder Applaus losbricht. Dass der nur vom Band kommt tut unserer Freude keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil. Sobald wir uns aus den Schlussposen gelöst haben, springt auch schon Andrzej auf mich zu und im nächsten Moment verlieren meine Füße den Bodenkontakt, als er seine Arme um meinen Körper schlingt und mich wild durch die Luft wirbelt, während er mit allen möglichen Glückwünschen um sich wirft. Selbst als er mich wieder abgesetzt hat, hört er nicht auf und verteilt kleine Küsschen auf meinem ganzen Gesicht, während ich mich wie ein Fisch in seinen Armen winde. "Andrzej!", jammere ich und versuche seinen Lippen auszuweichen, aber der lacht mich nur aus. "Lass das mal lieber bleiben", versuche ich es nochmal und schaffe es endlich mich grinsend von ihm wegzudrücken. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass Frauke hier irgendwo rum hüpft. Und wenn die sieht wie du mich abknutschst, sind wir morgen das Highlight in jeder Klatschpresse, weil mir gleich jemand die erste Affäre andichtet", lache ich leise, während ich mir mit einer Hand Andrzejs Sabber von der Wange wische. Wie auf Kommando spüre ich eine Hand an meiner Hüfte und im nächsten Moment blicke ich direkt in die strahlend braunen Augen von Luca. "Du warst toll!", freut er sich euphorisch und nimmt mich fest in den Arm. Bevor ich allerdings überhaupt die Chance habe, seine Umarmung zu erwidern, hat er schon wieder einen Schritt zurück gemacht. "Ach was, du warst fantastisch! Oh Mann, ich bin ja so stolz auf dich!", jubelt Luca und hüpft dabei wie ein aufgedrehter Fünfjähriger auf und ab, bevor er mich wieder zu sich zieht und mir einen Kuss auf die Lippen drückt, den ich nur zu gerne erwidere. "Du kannst dich aber auch nicht entscheiden, oder? Erst Luca, dann ich, jetzt wieder Luca", unterbricht uns Andrzejs amüsierte Stimme nach ein paar Sekunden und ich löse mich widerstrebend von Luca. "Also wenn Frauke wirklich hier irgendwo ist, bin ich super gespannt auf die Schlagzeile morgen", fügt er lachend hinzu und weicht geschickt meiner Faust aus, als ich versuche ihm einen Schlag zu verpassen. Also strecke ich ihm stattdessen die Zunge raus. "Ach halt doch die Klappe und komm lieber mit feiern!" Das lässt er sich natürlich nicht zwei Mal sagen und kurz darauf hüpfen wir mit den anderen Tänzern backstage durch die Gänge. Jubelnd und lachend biegen wir zu dritt um die Ecke, während Luca und Andrzej ihre Version von "We are the champions" zum Besten geben und ich mich über die miserablen Gesangskünste meines besten Freundes schlapplache. 

Und dann passiert genau das, wovor ich mich den ganzen Abend lang gefürchtet habe. Ich bleibe so ruckartig stehen, dass Luca überrascht in mich hineinstolpert und mich unbewusst noch einen Schritt näher auf Evgeny zuschiebt, der mit einem düsteren Gesichtsausdruck auf dem Gang steht und sich gerade mit seiner Assistentin unterhält. Als wir auf ihn zu stolpern hebt er den Kopf und fast augenblicklich breitet sich ein verächtliches Lächeln auf seinem Gesicht aus. "Na wen haben wir denn da?" Betont gelassen dreht er sich um und macht einen Schritt auf mich zu. Fast augenblicklich spüre ich, wie Luca sich neben mir anspannt. Er zieht mich ein Stück näher zu sich, seine Hand besitzergreifend auf meiner Hüfte, was auch Evgeny nicht entgeht. Erst jetzt fällt sein Blick auf Luca und für einen Moment blitzt so etwas wie Erstaunen in seinen Augen auf. Wahrscheinlich hat er nicht damit gerechnet, dass seine Aktion auf der Preisverleihung keine Auswirkungen auf unsere Beziehung haben würde. "Ach, hallo Luca. Schön dich auch hier zu treffen", begrüßt er ihn mit einem süßlichen Unterton, der jede Freundlichkeit in diesem Satz zunichte macht. Lucas Griff um meine Hüfte verstärkt sich und ich presse mich automatisch noch näher an ihn. "Lass uns durch, Evgeny", sagt Andrzej beunruhigend leise, aber der denkt gar nicht dran. "Sonst was?" Evgeny schnaubt verächtlich. "Willst du es dann machen wie deine kleine Freundin und mich angreifen?" Andrzej öffnet schon den Mund, um etwas zu erwidern aber er ist zu langsam. "Du bist doch krank!", mischt Luca sich auf einmal ein und ich zucke bei der Wut in seiner Stimme heftig zusammen. So habe ich ihn noch nie gehört. "Macht es dir wirklich so viel Spaß, Christina zu schikanieren, oder was?" Evgeny wirft ihm einen herablassenden Blick zu. "Halt du dich da raus, Sunnyboy. Du hast keine Ahnung von irgendwas." Aus den Augenwinkeln registriere ich, dass sich mittlerweile auch die anderen Tänzer und einige Angestellten um uns herum versammelt haben und angespannt das Schauspiel beobachten. Wütend funkelt Luca den anderen Mann an. "Sie hat dir nichts getan, herrgott nochmal!" In seiner Wut tritt Evgeny gegen einen Make-Up-Wagen, der prompt umkippt und mit einem lauten Scheppern gegen die Wand kracht. "Sie hat mir die Hand gebrochen, verdammte Scheiße!", brüllt er. Erst jetzt entdecke ich den Gips an seiner rechten Hand und ein merkwürdiges Gefühl der Genugtuung breitet sich in mir aus. Im nächsten Moment zucke ich zurück, als er einen Schritt in meine Richtung macht, aber Andrzej ist schneller und schiebt sich sofort zwischen Evgeny und mich. "Ich brech dir gleich noch was ganz anderes, wenn du mir nicht bald aus den Augen gehst", knurrt er mit zusammengebissenen Zähnen, die Hände an seinen Seiten zu Fäusten geballt. Sogar von der Seite kann ich sehen, dass es nicht mehr lange dauert bis ihm der Geduldsfaden reißt und ich lasse Lucas Hand los, um sie sanft auf Andrzejs Arm zu legen. Auch wenn dieses Arschloch es wirklich verdient hätte, ist es vielleicht nicht klug das vor aller Augen zu machen. "Lass gut sein, Andrzej", murmle ich. "Das ist es nicht wert." Er fährt zu mir herum und funkelt mich an. "Doch Bambi, das ist es! Ich bin es leid zuzusehen wie dieses Arschloch auf dich losgeht und es so hinstellt als wäre es deine Schuld, verdammt noch eins!"
"Ich denke, es ist wirklich besser wenn wir jetzt gehen", schaltet sich jetzt auch Evgenys Assistentin schüchtern ein, aber er schiebt sie so harsch zur Seite, dass sie mit der Schulter gegen die Wand taumelt und es nicht mehr wagt ihn nochmal anzusprechen. "Hör lieber auf deine kleine Freundin, Andrzej." Seine Stimme ist die pure Provokation. Dann macht er ein gespielt erschrockenes Gesicht und sieht zwischen mir und Andrzej hin und her. "Ist sie überhaupt deine Freundin? Ich weiß ja nicht wie das bei euch läuft, vielleicht teilt ihr sie euch ja, Luca und du. Sie war schon immer sehr offen für..." Er kommt nicht mehr dazu, den Satz zu beenden. Plötzlich trifft ihn eine Faust im Magen, so heftig, dass er zu Boden taumelt. "Luca!", rufe ich entsetzt und stürze zu ihm, bevor er erneut auf Evgeny losgehen kann. Doch diesmal ist es mein Ex, der sich aufrappelt und sich auf Luca stürzt. Mit beiden Händen versetzt er ihm einen heftigen Stoß, der ihn ein paar Schritte rückwärts stolpern lässt aber er fängt sich zum Glück schnell wieder. Ehe irgendjemand auch nur ansatzweise reagieren kann, holt Luca ein weiteres Mal aus und diesmal trifft seine Faust Evgeny direkt ins Gesicht. Er brüllt auf, als seine Nase mit einem hässlichen Geräusch bricht und er hinten über kippt. Irgendjemand packt Luca an den Armen und zerrt ihn zurück, während sich Andrzejs Arme um meinen zitternden Körper legen und mich sanft aus der Schussbahn bringen. Geschockt starre ich Evgeny an, der mitten im Flur auf dem Boden liegt und sich die gebrochene Nase hält. Seine Hände und sein Gesicht sind voller Blut und augenblicklich wird mir speiübel. 

Ich weiß nicht mehr genau wie ich danach in meine Garderobe gekommen bin, aber keine zehn Minuten später sitze ich dort auf der Couch, ein Glas Wasser in der zitternden Hand, während die andere auf Lucas Oberschenkel liegt. "Hier, ein Eispack", sagt Kathrin gerade und reicht Luca die blaue Packung. Mit schmerzverzerrtem Gesicht lockert er seine Finger und ballt sie wieder zur Faust, bevor er mit zusammengebissenen Zähnen den Beutel darauf legt. Bei seinem Anblick bekomme ich sofort ein schlechtes Gewissen. Man sieht deutlich, dass er Schmerzen hat und das alles nur, weil er sich für mich eingesetzt hat. Andrzej, der gerade noch ein paar Dosen kalte Cola für uns aufgetrieben hat, kommt durch den Raum zu uns herüber und geht vor Luca in die Hocke. "Zeig mal her", fordert er ihn auf und Luca nimmt vorsichtig das Eispack von seiner Hand. Ich ziehe scharf die Luft ein, als mein Blick auf die aufgeplatzten Knöchel fällt, die sich schon langsam blau verfärben. „Das sieht echt übel aus, Mann", bemerkt jetzt auch Andrzej. "Das muss definitiv geröntgt werden." Luca verzieht sichtlich wenig begeistert das Gesicht, während Andrzej sich grinsend mir zuwendet. "Aber hey, ich denke, jetzt kann ich guten Gewissens sagen, dass ich Luca an deiner Seite akzeptiere, Bambi", scherzt er während er sich wieder aufrichtet. Ich werfe ihm nur einen bösen Blick zu, aber Luca verzieht trotz der Schmerzen seine Lippen zu einem gequälten Lächeln. "Dann hat sich das ja wenigstens gelohnt."
"Gelohnt hat sich das auf alle Fälle. Alleine Evgenys blutige Nase zu sehen war es wert", murmelt Kathrin im Hintergrund und ist damit die Nächste, die sich einen bösen Blick von mir einfängt. "Können wir uns bitte mal wieder auf das Wesentliche konzentrieren? Luca hat offensichtlich ziemliche Schmerzen und ihr macht hier nur Witze!" Während Andrzej und Kathrin beschämt die Köpfe senken, stupst Luca mich aufmunternd mit der Schulter an. "Schon gut, Christina. Es geht...", fängt er an, aber ich lasse ihn gar nicht ausreden. "Wage es ja nicht, den Satz zu Ende zu sprechen. Wenn du jetzt anfängst den starken Mann zu spielen, dann brech ich dir gleich noch die andere Hand." Entschlossen stehe ich auf. "Wir fahren ins Krankenhaus. Keine Widerrede." 

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