Chapter 23

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I never knew I could feel so much pain
and yet be so in love with the person causing it

Christina

Als ich endlich im Hotel ankomme, ist es draußen stockdunkel, meine Beine tun höllisch weh und wünsche mir nichts sehnlicher als endlich in mein Bett zu kommen. Eigentlich hatte ich gehofft, dass die frische Luft mir helfen würde einen klaren Kopf zu bekommen aber stattdessen spielt sich den ganzen Heimweg lang die Begegnung mit Evgeny vor meinem inneren Auge ab. Kaum schaffe ich es, sein gehässiges Lachen aus meinen Gedanken zu vertreiben, wird das Bild von Lucas Gesicht ersetzt und sofort dreht sich mir wieder der Magen um. Selbst auf die Entfernung konnte ich die Enttäuschung in seinem Blick sehen. Hoffentlich kann ich ihm das gleich alles erklären, ich ertrage den Gedanken einfach nicht, dass er denkt ich könnte ihm das wirklich antun. Erleichtert seufze ich auf, als ich endlich das Hotel betrete. Die Dame an der Rezeption wirft mir einen irritierten Blick zu, als ich barfuß durch die Lobby tapse. Kein Wunder. Es ist mitten in der Nacht, ich trage nichts als ein schickes Abendkleid und keine Schuhe. Mit dem verlaufenen Make-Up und den Haarklammern, die wild verteilt in meinen mittlerweile wirren Haaren hängen, sehe ich bestimmt fürchterlich aus. Ohne den Kopf zu heben steuere ich den Aufzug an und will gerade auf den Knopf drücken, als mich die vorsichtige Stimme der Rezeptionistin davon abhält. "Frau Luft?" Widerwillig bleibe ich stehen, wobei ich den Blick aber stur auf die silbernen Türen des Aufzugs gerichtet lasse. Ein paar Sekunden ist es ruhig, dann höre ich das leise Klappern von Absätzen auf dem Fliesenboden. "Ich wollte Ihnen nur Ihre Zimmerkarte geben." Jetzt hebe ich doch den Kopf und drehe mich stirnrunzelnd um. Bei meinem Anblick zuckt die Rezeptionistin kurz zusammen, fängt sich aber schnell wieder und streckt mir mit einem professionellen Gesichtsausdruck eine kleine weiße Karte entgegen. "Ich habe schon eine Zimmerkarte", entgegne ich langsam und kneife misstrauisch die Augen zusammen, als die Frau nun doch zunehmend nervös wird. "Tut mir leid aber sie wurden vor ein paar Stunden auf ein Einzelzimmer umgebucht", erklärt sie zögerlich. Völlig überrumpelt starre ich die Zimmernummer an, die in großen schwarzen Ziffern auf der Karte  abgedruckt ist. Je länger ich die Zahl anstarre, desto wütender werde ich. Wie kann Luca nur so kindisch sein und mich einfach aus dem Zimmer werfen, ohne überhaupt zu wissen, was passiert ist?! Ohne ein weiteres Wort reiße ich der Rezeptionistin die Karte aus der Hand, mache auf dem Absatz kehrt und stürme zur Treppe, die in die erste Etage führt. 

Ich hämmere so fest gegen die Tür, dass man es bestimmt im ganzen Hotel hört, aber das ist mir im Moment so egal wie grad nochmal was. Ich bin stinksauer. Stinksauer, dass Luca nicht einmal ein Wort mit mir gesprochen hat. Stinksauer, dass Evgeny so einen Scheiß abgezogen hat. Und stinksauer, dass der ganze Tag so monumental schief gegangen ist. Meine Wut verfliegt allerdings in dem Moment, in dem die Tür nach innen aufschwingt und einen offensichtlich völlig fertigen Luca preisgibt, der mich aus roten Augen ansieht. Ich sehe sofort, dass er geweint hat. Als Luca allerdings realisiert wer vor ihm steht, verhärtet sich sein Gesichtsausdruck schlagartig und in seine Augen tritt eine Kälte, die ich da vorher noch nie gesehen habe. "Was willst du?" Seine Stimme ist so eisig, dass ich unwillkürlich zusammenzucke. Ich schlucke hart. "Wir müssen reden. Über das was du gesehen hast", bringe ich mühsam hervor. Er schnaubt nur verächtlich. „Worüber willst du bitte reden? Für mich sah das ziemlich eindeutig aus", entgegnet er trocken. Er sieht mich mit einem so enttäuschten Gesichtsausdruck an, dass mein Herz sich schmerzhaft zusammenzieht. Meine Schultern verkrampfen sich.  "Weißt du, Annina hat mir die ganze Zeit gesagt, dass ich aufpassen soll. Dass du mich vielleicht nur ausnutzt, um auch ein bisschen von dem Ruhm abzukriegen. Scheinbar hatte sie Recht." Er stößt ein Lachen aus, das so kalt und gefühllos klingt, dass mir schon wieder ganz übel wird. "Wahrscheinlich war das der Grund, wieso du unsere Beziehung unbedingt öffentlich machen wolltest." Ich sehe ihn an, als hätte ich den Verstand verloren. "Glaubst du echt, dass ich deswegen an die Öffentlichkeit wollte? Weil ich dich als Karrieresprungbrett benutzen wollte?"
"Naja, es hat ja offensichtlich geklappt. So bekannt wie jetzt warst du vorher noch nie", bemerkt er trocken. Das verschlägt mir erstmal die Sprache. "Traust du mir das wirklich zu?", frage ich schließlich fassungslos. "Dass ich, nachdem du mich deiner Familie vorgestellt hast, so eine Scheiße abziehen würde? Meinst du echt ich wäre so blöd, Evgeny mitten in der Öffentlichkeit und vor deinen Augen zu küssen, wenn ich nur auf deinen Ruhm aus gewesen wäre? Himmel, Luca, hörst du dir überhaupt selbst zu?" Hilflos wirft Luca seine Hände in die Luft und funkelt mich aus zusammengekniffenen Augen an. "Was weiß denn ich?! Du küsst deinen Ach-so-verhassten Exfreund, was denkst du denn was ich davon halte?" An meinen Seiten balle ich die Hände zu Fäusten. "Ich kann nicht glauben, dass du das wirklich denkst."
„Ich kann gerade überhaupt nicht klar denken!" Er schließt für einen Moment die Augen und presst sich die Finger gegen die Schläfen. Dann öffnet er die Augen wieder. "Weißt du was, ich glaube es ist besser wenn du jetzt gehst, bevor ich etwas sage, das ich bereue."
"Hör mir doch wenigstens einmal zu!", sage ich aber er schüttelt nur erschöpft den Kopf. Trotz seinem gequälten Blick erkenne ich auch die Härte in seinen Augen und es bricht mir das Herz. Langsam sehe ich ein, dass das hier gerade keinen Sinn mehr macht. Er ist so fixiert darauf wütend zu sein, dass es zu nichts führen würde, jetzt mit ihm zu reden.  Müde fährt er sich mit einer Hand über das Gesicht. "Geh einfach Christina, okay? Ich kann dich gerade echt nicht mehr sehen." Hilflos lasse ich die Arme neben meinen Körper sinken. Einen Moment lang blicke ich ihn einfach nur an. Es tut weh. Einfach alles in mir tut weh. Der Schmerz raubt mir schier den Atem, aber ich zwinge mich dennoch dazu mich umzudrehen. Und dann tue ich genau das, was er von mir verlangt hat. Ich gehe. Sobald Luca mich nicht mehr sehen kann, lasse ich meinen Tränen freien Lauf. Soviel zum Thema "Wir gegen den Rest der Welt."


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