Chapter 20

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We laugh at the dumbest jokes,
put up with each others worst mood,
go along with the craziest ideas,
that's what makes us the
most amazing friends.


Christina

Die Preisverleihung findet in einem alten Kohlebunker mitten in einem der schönsten Vierteln Madrids statt. Hier feiert nur die Créme de la créme des Showbusiness, wie Cyril uns auf der Fahrt vom Hotel erklärt hat. Und damit hat er offensichtlich absolut Recht. Schon bevor wir das Gebäude überhaupt betreten haben, staune ich nicht schlecht. Überall auf der Straße parken sündteure Autos, aus denen Gäste in maßgeschneiderten Anzügen und wunderschönen Roben aussteigen und sich ihren Weg zum hell beleuchteten Eingang bahnen. Auf einmal ist meine Nervosität wieder da. Scheinbar bin ich mitten auf der Straße stehengeblieben, denn Luca nimmt mich sanft an der Hand und zwingt mich so dazu, mich seinem Tempo anzupassen. Während wir Cyril folgen, beugt er sich zu mir herunter und murmelt in mein Ohr: "Ganz ruhig, das wird schon." Er schenkt mir ein Lächeln, das ich erwidere, wobei ich hoffe, dass es nicht wie eine schräge Grimasse aussieht. Wenn das der Fall sein sollte, lässt Luca sich auf jeden Fall nichts anmerken. Ich atme noch einmal tief durch und dann betreten wir auch schon die Location. Und mir bleibt die Spucke weg. Wie schon gesagt war ich bereits auf einigen großen Veranstaltungen aber das hier übertrifft einfach alles. Für einen Moment habe ich die starke Vermutung, dass wir uns irgendwie im Ort vertan haben und aus Versehen in die Oscarverleihung gestolpert sind. Als Cyril uns verkündet hat, dass die Location ein Kohlebunker ist, habe ich mit porösen Mauern und trostlosem Grau gerechnet aber weit gefehlt. Die Wände sind bestehen zwar tatsächlich aus altem Stein aber das ist auch das Einzige, das mit meiner Vorstellung übereinstimmt. Der Bunker ist viel größer als gedacht und überall hängen Scheinwerfer von der Decke, der die vielen Tische und eine breite Bühne in ein warmes Licht tauchen. An der Seite gibt es eine Bar, die fast so breit ist wie der ganze Raum und kaum sind wir eingetreten, hat uns auch schon ein übereifriger Kellner drei Champagner-Gläser in die Hand gedrückt und uns zu unserem Tisch geführt. Luca zieht mir ganz Gentleman-like den Stuhl zurück und lässt sich dann dicht neben mir nieder. Mit aufsteigender Übelkeit beobachte ich wie immer mehr Menschen den Raum betreten und ich erkenne auf den ersten Blick, dass es sich bei den meisten Gästen um bekannte Sänger handelt. Ich erhasche sogar einen kurzen Blick auf James Blunt und muss trotz meiner unglaublichen Nervosität leise auflachen. Wenn ich das Kathrin erzähle, wird sie wahrscheinlich vor Neid im Boden versinken. James steht nämlich ganz oben auf ihrer "Wen-ich-sofort-heiraten-würde-Liste" und sie hätte vermutlich ihren geliebten Häschen-Onesie dafür gegeben, um ihn einmal live zu sehen. Denn bisher hatte sie nie eine Chance auf eins seiner Konzert zu gehen, geschweige denn ihn zu treffen. Oder ihn zu heiraten, wenn wir schon davon reden. Auf einmal spüre ich Lucas Hand auf meinem Rücken und seinen Atem an meinem Ohr, als er sich ein Stück zu mir beugt. "Alles gut bei dir?" Ich nicke langsam. Genau genommen bin ich mir ja auch nicht sicher, wieso ich so aufgeregt bin. Viele Stargäste haben ihre deutlich unbekannteren Partner mitgebracht, ich bin also keine Ausnahme. Vielleicht haben mich diese ganzen Tuscheleien und Schlagzeilen in den Klatschblättern einfach paranoid gemacht. Schnell greife ich nach meinem noch halbvollen Champagnerglas und kippe den Inhalt in einem Schluck runter, in der Hoffnung, der Alkohol würde meine Nerven zumindest ein bisschen beruhigen. 

In der nächsten halben Stunde halten ein paar Vorsitzende der Auszeichnungskommission ihre Reden. Während Cyril beschäftigt auf seinem Handy rum tippt, vertreiben Luca und ich uns die Zeit damit, uns lustige Geschichten zu den anderen Gästen auszudenken. Zum einen, weil wir sonst wohl eingeschlafen wären - Reden sind einfach stinklangweilig - und zum anderen, um mich abzulenken. "Siehst du die Möchtegern-Prinzessin da drüben?", flüstert Luca gerade und nickt mit dem Kopf auf eine Frau um die 40, die in einem weißen Tüllalptraum ein paar Tische weiter sitzt. "Sie wollte eigentlich heute in Las Vegas einen stinkreichen Grafen heiraten, der hat sich aber vor Ort in einen Elvis-Imitator verliebt und ist mit dem durchgebrannt. Und weil sie das schreckliche Kleid unbedingt jemandem zeigen wollte, ist sie spontan hierher gekommen. Allerdings spricht sie kein Wort Deutsch und deswegen sieht sie aus als würde sie sich eine chinesische Dokusoap anschauen." Ich lache laut los und presse mir hastig die Hand auf den Mund, als sich ein älterer Herr am Nebentisch empört zu uns herumdreht. "Du hast wirklich eine blühende Fantasie", kommentiere ich grinsend. "Vielleicht hättest du Autor werden sollen, deine Geschichten wären bestimmt der Renner in jedem Buchladen gewesen."  
"Oh nein, bloß nicht." Cyril, der sein Handy mittlerweile weggesteckt hat, schüttelt entschieden den Kopf. "Dann könntest du schleunigst wieder anfangen als Psychologin zu arbeiten, weil Luca wahrscheinlich seine komplette Leserschaft traumatisieren würde." 
"Hey, so schlecht wäre ich als Autor nicht!", echauffiert Luca sich und tritt unter dem Tisch nach seinem Bruder, wobei er den allerdings verfehlt und stattdessen das Tischbein trifft. Mit einem ekelhaft quietschenden Geräusch rutscht der Tisch ein Stück über den Boden und ich kann gerade noch Lucas halbvolles Glas auffangen, bevor sich der Inhalt auf seinem Schoß verteilen kann. Glück gehabt, das hätte toll ausgesehen, wenn Luca mit nasser Hose auf die Bühne hätte gehen müssen. Natürlich liegt sofort die Aufmerksamkeit des halben Saals auf uns und diesmal ist es Luca, der vor Scham knallrot anläuft. Cyril uns gegenüber kann sich nur mit Mühe davon abzuhalten in lautes Gelächter auszubrechen. "Ihr zwei seit solche Chaoten, das ist unglaublich", gluckst er kopfschüttelnd, als sich die Lage wieder einigermaßen beruhigt hat und die meisten Leute wieder nach vorne schauen. Nach ein paar Minuten greift Cyril nach seinem Handy und schiebt seinen Stuhl zurück. "Wir müssen jetzt backstage Luca, du bist gleich dran", erklärt er leise und fügt an mich gewandt hinzu: "Du kannst derweil hier warten und von hier aus zuschauen. Im Vorbereitungsbereich sind nur die Manager erlaubt." Deutlich entspannter als vorher nicke ich, auch wenn ich die Regelung total bescheuert finde. Aber dann warte ich eben derweil hier. Also verschwinden Luca und Cyril im Backstage-Bereich, während ich etwas verlassen an dem leeren Tisch sitzen bleibe. Nach einer Weile spüre ich schön langsam die Auswirkungen des Alkohols und der Flasche Wasser, die ich auf der Herfahrt getrunken habe und schleiche mich unauffällig in den hinteren Bereich der Halle, wo zwei große Schilder auf die Toiletten hinweisen. Als ich ein paar Minuten später wieder aus dem kleinen Raum trete, steht Luca immer noch nicht auf der Bühne. Stattdessen erzählt irgendein Heini aus der Jury etwas über Entstehung dieses Awards und ich überlege gerade, ob ich wieder zurück aufs Damenklo gehen und dort ein bisschen durch Instagram scrollen soll, als sich von hinten eine Hand auf meine Schulter legt. Mit der festen Überzeugung, dass die Hand zu Cyril gehört, drehe ich mich um - Und erstarre. 


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AN: Bam, bam, bam. Na was denkt ihr, wer lässt unser Bambi hier so erstarren? 🙊

Magnetic SoulsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt