Dima [24]

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Viel zu lange saßen Julien und ich noch auf der Wiese und redeten zum ersten Mal seit Monaten wieder entspannt, wie es beste Freunde eigentlich immer tun sollten. Wir vergaßen die Zeit, ich drückte zig Anrufe weg und verpasste zwei wichtige Meetings, ohne einen Funken Reue zu verspüren. Jede Sekunde, die ich mit Julien noch hatte, musste ich genießen. Und er machte mir das so leicht, wenn er einfach er selbst war. Ich hatte das Gefühl ihm endlich verziehen zu haben. Ich vertraute ihm. Seine Nähe tat mir nicht weh, sondern überraschend gut. Nie hätte ich gedacht, dass ich dieses Gefühl der Geborgenheit in seiner Gegenwart wieder spüren konnte.

»Hey, musst du eigentlich morgen arbeiten?« fragte Julien nebenbei und strich Mika, die seinen Schoß einnahm, durch das weiße Fell. Ich schüttelte den Kopf und erklärte:
»Ich gehe nicht in die Firma bis du fliegst. Die wichtigsten Sachen regele ich von Zuhause aus.«
»Aber das tut deiner Firma sicherlich nicht gut. Du solltest deine Termine schon wahrnehmen, man.«
»Wer bist du? Mein Manager?« grinste ich und schnaubte belustigt. »Wenn du weg bist hab ich doch genug Zeit. Bis dahin muss die Welt halt ein bisschen abwarten. Ich weiß selbst, dass das schlecht für's Geschäft ist, aber das juckt mich gerade am wenigsten.«
»Naja,« warf Julez lachend ein, »ein paar Milliarden Dollar, die da fließen, würden mich schon jucken.«

Schweigend rollte ich mit den Augen. Ein Schmunzeln konnte ich wiederum nicht unterdrücken. Das sah Julien natürlich. Er tippte mir auf die Nasenspitze und sagte:
»Sag' an, Sugarbaby, was machen wir denn dann morgen?«
»Sugarbaby? Ich glaube, ich kaufe dir morgen 'nen Grabstein.«
»Den werde ich bestimmt bald gebrauchen können.« murmelte sehr leise. Ich hob eine Augenbraue an, starrte ihm in die ertappten grauen Augen und fragte:
»Ach wirklich?«
Er sah mich einfach nur an. Ich erkannte, dass ich das nicht weiter hinterfragen musste oder sollte. Doch es bereitete mir Panik, zumindest kurzzeitig. Warum glaubte Julien bald sterben zu müssen?
»Kokskonsum.« sagte er gelassen, aber es war nicht schwer zu erkennen, dass er log. Er zögerte immer zu lang. Ich seufzte, stützte mich vom Boden auf und wischte ein paar Grashalme von meiner Jeans.
»Wie auch immer. Kommst du mit rein?«

Die Sonne war schon längst unter gegangen und eigentlich wäre es für Julien besser gewesen sich auszuruhen, aber keiner von uns beiden konnte wirklich schlafen. Ich stand in der Küche und machte uns Sandwiches, als sich zwei tätowierte Arme um meine Taille schlangen und ich die Wärme von Juliens Körper an mir spüren konnte. Mein Herz, dass sich noch nicht ganz an die Beziehung zu Julien gewöhnt hatte, begann zu rasen. Bitte, nicht schon wieder verliebt sein... dachte ich mir, konnte aber nichts anderes tun, als das Gefühl zu genießen. Julien war sonst nur der Typ, der kuschelte, wenn er einen ins Bett kriegen wollte, aber eine sexuelle Spannung lag nicht zwischen uns. Ungewöhnlich für das, wofür wir in den letzten Wochen gekämpft hatten.

Ich lehnte meinen Kopf an ihn und schloss kurz die Augen. Nur für einen Augenblick. Dann kehrte ich lächelnd in die Realität zurück und fragte meinen Freund:
»Muss ich dir dafür jetzt einen blasen?«
»Was? Nein.« antwortete Julien ein wenig gereizt. »Ich wollte dich nur davon überzeugen mit mir Fifa zu zocken. Was heißt überzeugen... Eigentlich zwinge ich dich dazu.«
Ich lachte. Mitten in der Nacht todkrank noch Fifa zu spielen war eine von Juliens Lieblingsaktivitäten. Leise säuselte ich:
»Wie könnte ich mich je dagegen wehren...«
Dieses Mal war es Juliens dunkles Lachen, was mir eine Gänsehaut bescherte. So nah neben meinem Ohr kitzelte es ein wenig und ich musste deshalb grinsen.

Julien und ich spielten dann zusammen Fifa, unzählige Runden. Wir meckerten uns an, spielten grundsätzlich gegeneinander und lachten den anderen aus, wenn er ein Gegentor kassierte. In einem unserer letzten Spiele schlug er mir aus Rache meinen Controller aus der Hand, den ich mitten im Spiel natürlich aufheben musste, doch er hinderte mich daran, in dem er mich mit einem Arm gefangen hielt. Ich wehrte mich natürlich dagegen, lachend, weil wir die ganze Zeit schon alberten wie kleine Kinder, bis aus Spaß ernst wurde und ich mein Knie in Juliens kaputte Rippe knallte. Augenblicklich bewegte ich mich nicht mehr und sah nur panisch auf Julien, der aussah, als würde er gleich weinen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 27, 2020 ⏰

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