Julien [13.2]

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Mit einem dumpfen Gefühl im Magen setzte ich mich zu Cardi an die Theke, da diese gerade nichts außer die Gläser zu spülen hatte. Noch schlug der Alkohol nicht an, und trotzdem wurde ich ruhig und nachdenklich. Alle anderen hatten Spaß, wo Dima gerade war wusste ich nicht einmal. Auch Cardi schien keine besonders gute Laune zu haben, schenkte mir aber einen aufmunternden Blick.

»Was ist los?« fragte sie und stellte ein Glas ab. Ich antwortete leise:
»Ach, nichts besonderes. Alles wie immer.«
»Wirklich? Du hast noch garnichts getrunken.«
»Doch, ein bisschen. Aber das knallt noch nicht.« gab ich zurück. Meine beste Freundin seufzte und mir zwei Shots vor die Nase.
»Gib den anderen Dimitri.« forderte sie augenzwinkernd und deutete in seine ungefähre Richtung. Ich konnte sehen, wie er sich gerade mit Felix unterhielt, worüber auch immer. Sie standen viel zu nah beieinander, meiner Meinung nach.
Soll er doch direkt in ihn rein rutschen!, dachte ich verbittert und verfinsterte meinen Blick. Dann sagte ich:
»Nein, danke. Ich denke Dima ist beschäftigt.«
»Ich seh's. Dachte, du willst ihn vielleicht davor bewahren. Vor seinem Unglück.« sagte Cardi beiläufig. Ich antwortete:
»Er ist alt genug um auf sich selbst aufzupassen. Es interessiert mich nicht mit wem er flirtet oder was auch immer. Soll er doch machen, was er will.«
Cardi gab ein belustigtes Schnauben von sich, dann flüsterte sie:
»Rette ihn, bevor Felix es tut.«

Weil ich das Gefühl hatte, die Welt wollte mir in den Rücken fallen trank ich die zwei Shots allein und murrte:
»Soll er doch.«
»Man Julez, jetzt rede doch mit mir. Du verhältst dich eigenartig. Habt ihr euch wieder gestritten? Es war doch alles gut!« versuchte Cardi ihr Glück weiterhin, doch für eine ganze Weile kriegte sie nichts aus mir raus. Erst nach ein einem weiteren Shots fragte ich sie:
»Das ist irgendwie ein komisches Gefühl, weißt du?«
»Welches Gefühl?«
»Keine Ahnung. Wie Heroin...« versuchte ich meine Lage zu erklären, doch Cardi verstand mich vorerst nicht.
»Wann hat das angefangen?«
»Wir haben uns einmal betrunken geküsst und hatten ein ziemlich krasses Wochenende danach. Ich glaube da hat es angefangen.«
Sie wirkte überrascht, als kenne sie das nicht von mir.
»Naja,« murmelte sie nachdenklich, »aber wie genau fühlte es sich an?«
»Es macht mich nicht nervös. Es ist beruhigend. Einfach angenehm.«
Cardi lachte und sagte:
»Das hört sich für mich wie ein Trip an.«
»Ja, so ähnlich. Nur, dass ich noch klar denken kann.« gestand ich, ebenfalls lachend. Belcalis lehnte sich zu mir, starrte mit ihren schwarzen Augen in mich hinein und fragte neutral:
»Liebst du ihn?«
»Nein.« antwortete ich direkt, damit sie durch ein potentielles Zögern nicht auf falsche Gedanken kam. Und trotzdem bahnte sich ein stechendes Gefühl in meiner Seele an. ›Lügner!‹ zischte sie mir zu. Tief im Innern wusste ich, dass ich ihn noch liebte. Nur die Auslegung war anders als vor zwei Jahren. Der weiche, mit seinem verflochtene Kern in mir blieb der selbe.
»Und wie sieht es mit ihm aus?« fragte Cardi.
»Offensichtlich bin ich ihm relativ egal.« brummte ich bei dem Gedanken, bei welchem Idiot er die Nacht verbringen könnte. Dieses Arschloch hatte mich nur benutzt, obwohl ich mir so viel Mühe gegeben hatte ihm alles Recht zu machen. Es widerte mich an. ER widerte mich an.
Cardi grinste, guckte kurz neben mir her und meinte:
»Das glaube ich nicht.«

Kurz darauf verschwand sie und Dima setzte sich neben mich auf den Barhocker. Ich lächelte und fragte:
»Hast du getanzt oder warum bist du so rot?«
»Ich kann doch garnicht tanzen!« lachte er und bestellte bei Belcalis ein Glas Bacardi-Sprite. Ich schmunzelte und war innerlich trotzdem noch sauer auf ihn, ließ ihn das aber nicht anmerken.
»Wurdest du schon angesprochen?« fragte er mich unsicher.
Er deutete auf eine junge Blondine, die mich mit ihrem Blick am liebsten direkt ausziehen würde. Ich zwinkerte ihr kurz zu, wobei sie gefühlt schon einen Orgasmus bekam, und sagte:
»Nein. Und du?«
»Ein paar Mal. Felix ist hier, der ist mir dezent zu nah gekommen. Er ist wirklich gruselig.« erklärte Dima gespielt beiläufig. Ich kannte seine Strategie bereits, wenn ich für ihn etwas machen sollte. Er versuchte mich dann so zu lenken, dass ich etwas tat in dem Glauben, es wäre meine Idee gewesen. Dieses Mal war ich jedoch schlauer und sagte deutlich:
»Regel das selbst. Du bist ein eigenständiger Mensch und hast dich vorhin noch darüber beschwert, dass sich alle in dein Leben einmischen. Das waren deine Worte.«

Trouble | [Escape 2] SunDiegoXJuliensblogWo Geschichten leben. Entdecke jetzt