Dima [6.1]

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Stress

Die ersten zwei Wochen vergingen, ohne irgendeinen Kontakt zwischen mir und meinem Ex-Freund. Nebenbei fand ich durch Cardi heraus, dass er wohl mit diesem Juri zusammen viermal in der Woche in einer Werkstatt arbeitete. Eigentlich dürfte auch er noch genug Geld haben, um nicht arbeiten zu müssen, aber die Langeweile des Nichtstuns brachte uns beide wohl dazu. Deswegen saß auch ich wie jeden Tag im Büro und wartete auf Meetings, zu denen ich erscheinen musste, Menschen, die ich kennenlernen sollte und darauf, dass mein letzter Termin endlich verging, sodass ich heute Abend pünktlich zu Belcalis kleiner Geburtstagsfeier bei ihr Zuhause erscheinen konnte. Das Geschenk von Felix und mir stand fertig auf dem Küchentisch. Ein Gutschein für ein Wellness-Wochenende in Seattle dürfte ihren Anforderungen wohl entsprechen. Sie hatte mir vor ein paar Wochen erzählt, sie würde unheimlich gerne aus dem städtischen Raum raus um die Natur zu sehen, also waren bergiges Land und hässliche Wetterverhältnisse ganz in Ordnung.

Ich seufzte und konzentrierte mich langsam wieder auf das, was ich zu tun hatte. Auf dem Tagesplan stand zehn Minuten Pause, doch ich beschloss mir eine halbe Stunde zu nehmen um über mein Leben und meine brüchige Beziehung nachzudenken. Es ging mir gegen den Strich meinem Freund aufs Wort zu gehorchen wie ein Hund, ich war nicht seine Marionette. Wenn er ein Problem hatte, war es wohl besser für ihn sich aus meinem Leben rauszuhalten. Wie auf Kommando ging plötzlich die Glastür auf und mein Freund trat gut gelaunt herein. Ich lächelte und fragte erstaunt:

»Hey, was machst du denn hier?«
»Mein Baby besuchen, was sonst?« antwortete er und gab mir einen kurzen Kuss auf die Wange. Ich hasste es, wenn er mich Baby nannte. Schon immer. Denn es schwang immer dieser lächerliche Ton mit, der das Wort wie eine Beleidigung klingen ließ. Es ließ mich schwach wirken, doch das hatte ich ihm noch nie gesagt.
Felix setzte sich und schob mir eine braune Tüte rüber. Langsam öffnete ich sie und sah dort ein Schokobrötchen... in Herzform. Mit einem verwirrten Blick nahm ich sie entgegen. Manchmal mochte ich Kitsch, aber das war einfach nicht nötig. Es sah, zugegeben, ziemlich scheiße aus.

»Naja, ich wollte mich entschuldigen. Ich will nicht mehr mit dir streiten.« gestand mein Freund kleinlaut und sah mit seinen hellblauen, engelsgleichen Augen in meine.
Wir stritten häufig, in letzter Zeit. Auch den vorherigen Tag verbrachten wir in unseren eigenen Wohnungen ohne ein Wort zu sprechen, geschweige denn zu schreiben. Ich versuchte mich ehrlich zu entschuldigen, was mir nur unwahrscheinlich schwer fiel.
»Ich hätte aber auch nicht so reagieren sollen. Tut mir leid.«

Unser Streit lag wahrscheinlich daran, dass Felix vor Eifersucht fast den Verstand verlor, weil Julien seit zwei Wochen unmittelbar in meiner Nähe war. Felix hatte ihn zwar ebenfalls kein einziges Mal gesehen, bis jetzt, doch ich fürchtete, das unsere Beziehung eine böse Wunde dadurch trug. Bis heute wusste ich nicht genau, warum ich Julien diese Wohnung überhaupt angeboten hatte. Ich erinnerte mich an dieses Gefühl zu wissen, dass er voll und ganz auf mich angewiesen war. Und wie immer habe ich ihm geholfen, obwohl er es überhaupt nicht verdient hatte.

»Hast du schon was von Julien gehört?« sprach mein Freund das gedankliche Thema an und ich rollte genervt mit den Augen.
»Warum fängst du schon wieder damit an?« fragte ich misstrauisch. Er antwortete ebensowenig erfreut:
»Entschuldigung, dass ich mich für dein Leben mit deinem Ex interessiere.«
»Ich habe ihn nicht ein Mal gesehen, okay? Er ist wie verschollen. Meine Pause ist übrigens gleich vorbei. Du solltest gehen.«
Er schnaubte herablassend, stand auf und ging in Richtung Tür. Kurz bevor er sie passierte sagte er:
»Es ist übrigens sehr geil, dass ich nicht bei dir einziehen darf, obwohl wir seid einem halben Jahr zusammen sind, während dein Exfreund innerhalb von ein paar Tagen direkt eine ganze Etage bezieht! Denk Mal darüber nach.«
»Tu ich.« brummte ich als er es nicht mehr hören konnte und verschränkte wütend die Arme. Es war alles leider nicht so einfach wie Felix sich das vorstellte.

Trouble | [Escape 2] SunDiegoXJuliensblogWo Geschichten leben. Entdecke jetzt