23. Mehr Leute, die mich tot sehen wollen ... alles ganz normal

314 19 4
                                    

Das Auto fuhr los und brachte so Abstand zwischen uns und dieser Stimme. Ich sah nach hinten, konnte aber keine potenziellen Verfolger erkennen. Menschen liefen zwar schon auf den Bürgersteigen, aber es gab keine Tiere, die dem Taxi hinterher hetzten.

Es mussten Forestchanger sein oder Windchanger, denn sonst hätte Silvan die Stimme doch auch hören können. Und auch der Taxi-Fahrer. Vermutlich hatten sie mich noch gar nicht bemerkt und würden einfach woanders suchen.

Moment. Sie wussten, wo ich wohnte. Dann würden sie doch bestimmt das Haus durchsuchen. Oh Gott, Ma und Ryan waren eventuell in Gefahr! Hoffentlich wusste Ma, was sie gegen andere Wandler machen konnte...

„Was ist los? Befürchtest du, dass deine Mutter doch will, dass du zu Hause bleibst?", fragte Silvan und grinste.

„Nein, das tut sie bestimmt nicht. Jetzt ist es sowieso zu spät", antwortete ich und sah noch einmal zurück.

Das Taxi bog in eine andere Straße, von der aus ich mein Haus nicht mehr sehen konnte. Vielleicht sollte ich lieber zurück?

„Was ist denn dann los?"

„Es ist nichts. Ich dachte nur, ich hätte etwas gesehen", log ich und setzte mich aufrechter hin.

Silvan schien nicht überzeugt, hakte aber auch nicht weiter nach. Irgendwann würde ich ihm die Wahrheit sagen, schwor ich mir. Ich würde ihm alles erklären und hoffen, dass er das verstand.

Schweigend fuhren wir weiter, bis das Taxi fünf Minuten später nicht weit entfernt vor dem Café hielt. Nachdem Silvan gezahlt hatte (Ich hatte einen Teil bezahlen wollen, aber er hatte nur abgewinkt), stiegen wir aus. Sobald sich die Türen geschlossen hatten, fuhr der Taxi-Fahrer auch schon zu seinen nächsten Kunden.

„Wo möchtest du sitzen? Draußen oder drinnen?"

Bevor ich Silvan eine Antwort geben konnte, fing ich eine Gedankenstimme auf, die mich zutiefst beunruhigte.

„... finden ... Belohnung ... Trichanger muss sterben! Hahaha!"

Beinahe wäre ich zusammengezuckt, hielt mich aber noch im letzten Moment zurück. Ich lächelte Silvan an und antwortete:

„Drinnen wäre mir lieber."

„Dann gehen wir", sagte er fröhlich.

Im Café setzten wir uns an einen Tisch am Fenster, von wo ich die nähere Umgebung gut im Blick hatte. Irgendwelche Tierwandler würden sich hier nicht ganz so schnell unbemerkt anschleichen können. Hoffte ich zumindest.

Unruhig umklammerten meine Finger die Getränke-Karte. Wenn doch bloß mehr Menschen in diesem Café wären! Dann würden sie sich bestimmt nicht sehr nahe heran trauen. Aber eigentlich hatten Lyra, Wesley und ich es genau deshalb zu unserem Lieblings-Café auserkoren, genau weil es nicht voll war, dafür aber sehr leckeres Eis anbot.

„Was nimmst du?", riss mich Silan aus meinen Gedanken.

„Ich, äh, weiß noch nicht", erwiderte ich etwas überrumpelt. „Vielleicht ein Eis und eine Cola, oder so. Und du?"

„Der Apfelstrudel klingt echt gut, aber ebenso das Tiramisu. Was findest du denn besser?"

„Beides schmeckt super. Nimm den Apfelstrudel, dazu gibt's acuh Vanilleeis und das muss man hier mal probiert haben. Davor weiß man gar nicht, wie Eis wirklich schmeckt!", schwärmte ich.

Ich konnte mich noch gut daran erinnern, wie ich das erste Mal das Vanilleeis hier probiert hatte vor vier Jahren. Ich hatte gleich drei große Portionen genommen, weil es so gut war. Danach ging es mir aber schlecht, denn es war zu viel Kaltes auf einmal gewesen. Trotzdem konnte ich nicht genug von diesem Eis kriegen.

Ruf des MeeresWo Geschichten leben. Entdecke jetzt