Carpe diem... 1

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Kapitel 1: Von schwedischen Gardinen und familiärer Liebe

„Holst du mich hier raus?" Fragte ich gelangweilt und warf meinem Onkel einen bösen Blick zu. Das gestaltete sich relativ schwierig, da ein paar Eisenstangen im Weg waren. Der Arsch grinste mich nur dreckig an.

„Hey, sei mal n bisschen freundlicher. Ich bin deine letzte Chance, Ty." Er lehnte sich lässig gegen die Stangen und umschloss eine mit seiner Hand. In dem Armani Dreiteiler  passte er in diese Umgebung ungefähr genauso gut wie ein Nazi auf den Christopher Streets Day.

Okay, vielleicht war es scheiße den Typen halb zu Tode zu prügeln. Vielleicht war es auch scheiße, dem Polizisten dann verklickern zu wollen, wie die Gesetze unserer Verfassung sind, nämlich das ich bis zu einer Verurteilung durch den Staat unschuldig bin. Vielleicht war es auch scheiße, ihm nachdem er mir eine runtergehauen hat, weil ich anscheinend neunmal klug sei, zu erklären, dass man auf dem Bauch seiner fetten Mutter problemlos die vierhundertste Stelle von Pi ausrechnen könnte. Vielleicht war es dann weiterhin scheiße, bei meinem einzigen Telefonanruf meinem Vater die Schuld an meinem Verhalten in die Schuhe schieben zu wollen.

Aber womit hatte ich den Affen im Anzug verdient? Ich meine, klar, er war mir der liebste Teil meiner Familie, aber hey, bei dem dreckigen Grinsen, würde ich ihn am liebsten gleich auf das Krankenhausbett neben dem anderen Typen befördern. Dann können sie ja Erfahrungen austauschen. Ihr wisst schon, ob meine Rechte oder meine Linke härter ist. „Ich warte einfach, bis Dad kommt. Oder Mom. Oder Granni. Kannst wieder abhauen." Murmelte ich vor mich hin, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte mich auf der Pritsche weit genug zurück, dass ich mich an die Betonwand lehnen konnte. Scheiße, der Flug durchs Fenster hatte anscheinend ein paar Blessuren an meinem Rücken hinterlassen.

„Dann wirst du ewig warten, Taylor." Er seufzte theatralisch und wandte sich dann blitzschnell um. „Naja, man sieht sich vielleicht mal." Rief er noch über die Schulter. Er war dabei zu gehen, doch leider, biss ich an. Wofür ich mich selbst verfluchte.

„Wie meinst du das? Ewig?"

„Naja, dein Vater hat genug von dir. Er hat der Richterin gestern erklärt, dass sie mit dir machen kann, was sie will. Deine Mutter ist da voll auf seiner Seite. Leider kommst du ohne einen gesetzlichen Vormund nicht hier raus." Das Grinsen wurde noch breiter. „Granny will sich ihren Ruhestand nicht noch mal von dir verderben lassen. Also, bin ich deine letzte Chance, da wir alle wissen, dass dein Onkel Rick dich nicht hier rausholen wird. Außerdem stehen deine Chancen auf Adoption schlecht." Ich schwieg während seiner ganzen kleinen Rede. Meine Eltern hatten mich aufgegeben? Endgültig aufgegeben? Nein, das würden sie niemals machen. Okay, einmal hatten sie versucht mich ein halbes Jahr lang zu meiner Großmutter abzuschieben, was auch nicht geklappt hatte. Aber...

„... mit deinen blauen Augen und den schnuckligen Locken, wärst du bei den Jungs im Knast sehr beliebt, habe ich mir von dem freundlichen Wachtmeister sagen lassen. Vielleicht liegen darin ja deine Karrierechancen. Knastnutte. Hat was." Meinte er sarkastisch nickend.

„Hol mich einfach hier raus, Timothy." Ich stand auf und ging auf die Gitterstäbe zu. Mein Onkel Tim war ein großer, breiter, dunkelhaariger Typ, der mit seiner Eleganz einfach überall auffiel. Er war jetzt Mitte Dreißig, 36 oder so etwas in dem Dreh, und hatte schon dieses Talent einen Raum auszufüllen. Ihr wisst schon, wenn jemand einen beliebig großen Raum betritt und einfach da ist und es jedem sogleich klar wird. Das konnte mein Vater mal genauso gut und es war eine Sache um die ich beide beneidete. Die Anerkennung. Außerdem konnte Timothy wirklich furchteinflößend sein, wenn er wollte. Er konnte aber auch genauso charmant sein. Naja, umsonst wird man auch nicht so jungen Jahren Millionär, oder?

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