5. Kapitel
Einige Tage später konnte ich nicht glauben, was ich hier tat. Ernsthaft. Ich stand vor einem Gebäude mit vier Stockwerken, irgendwo in San Francisco. Und irgendwo da drin fand ein Antiaggressionskurs statt. Speziell für Teenager. An dem sollte ich teilnehmen.
Ich pustete den letzten Zug meiner Kippe aus und schmiss sie auf den Boden. Als ich sie austrat, dachte ich darüber nach, zu fliehen. Einfach abzuhauen und mir diesen Scheiß zu ersparen. Aber dann kam mir wieder Onkel Tim in den Sinn, der mir zwei Schachteln Kippen geschenkt hat, als ich von meinem letzten Psychologentermin wieder kam. Was würde ich hierfür bekommen? Ich hoffte für ihn, dass es sich lohnte.
Ich seufzte und ging ins Foyer des Gebäudes. An einer großen Tafel stand in welchem Stock was war. Der Kurs im zweiten Stock, Raum 215. Na gut. Durchatmen Ty, so schlimm kann es gar nicht sein.
Die Tür zum Raum stand offen, also ging ich einfach mal rein. Es war sehr still, obwohl ungefähr sieben Typen, ungefähr in meinem Alter, dort drin saßen. In einem Stuhlkreis! Wie klischeehaft war das denn bitte?!
„Setz dich doch bitte zu uns." Sprach ein Kerl und kam mit ausgestreckter Hand auf mich zu. Er war ungefähr Anfang Dreißig, trug eine rahmenlose Brille und kam mir generell etwas warm vor, wenn ihr versteht was ich meine... „Ich bin Martin."
„Ähm... Klar." Ich schüttelte seine Hand und setzte mich auf den nächstbesten, freien Stuhl, verschränkte die Arme vor meiner Brust und hielt den Blick stur auf meine Schuhe gesenkt.
„Also, ich freue mich dass ihr heute alle hier seid, Jungs." Begann Martin eine kleine Anfangsrede in der er über unsere Aggression und unsere Wut als Dämonen sprach und noch ein paar weitere Metaphern einbaute, die mich einfach nur sauer machten. Der Kerl hatte doch keinerlei Ahnung wovon er redete! Wie kann er uns helfen wollen, wenn er dieses brennende Verlangen, diese Sehnsucht seine Wut einfach nur raus zulassen, diese innere Glut nie selbst gespürt hatte?! Es ging dabei nicht um Dämonen, den Teufel, oder so. Es war einfach da und musste raus. „Wir haben heute einen Gast bei uns. Willst du dich vorstellen, mein Junge?"
Ich sah auf, als ich bemerkte, dass er mich angesprochen hatte. Dann blickte ich schnell in die Runde, sah alle Typen kurz mal an. „Nein, danke." Mir war klar, dass es eigentlich keine Frage sondern eine Aufforderung war, aber das ignorierte ich kurzerhand einfach mal.
„Äh... Okay." Ich hatte Martin anscheinend ein bisschen aus dem Konzept gebracht. „Gut, also. Brian, willst du uns erzählen, wie deine Woche gelaufen ist?"
„Meine Woche war gut. Ereignislos, eigentlich. Mein Alter hat einen neuen Job, als Müllfahrer und deshalb habe ich ihn kaum gesehen, also gab es bei mir keine Dämonen." Ich unterdrückte das Verlangen loszulachen, denn ganz offensichtlich machte sich Brian ein bisschen über Martin lustig. Dieser ignorierte den Sarkasmus einfach und begann ein kleines Frage-Antwort-Spiel mit Brian.
Dann kamen die anderen dran. Jeder einzelne antwortete, manche gelangweilt, manche mit Sarkasmus, aber keiner nahm die Sache hier wirklich ernst. Ich meine, die anderen waren sicherlich genauso gezwungen hier zu sein, wie ich. Bei einem Typen war es in seinen Bewährungsauflagen.
„So, das Beste zum Schluss, wie immer. Du siehst so aus, als hättest du uns einiges zu erzählen." Meinte Martin, während er den letzten Typen ansah. Ich sah kurz auf und musterte ihn. Also, die anderen Kerle kamen mir relativ normal vor und ich glaubte auch, dass ich es mit ihnen ohne Probleme aufnehmen könnte, aber er war anders.
Sogar im Stuhl sitzend wirkte er groß und einschüchternd, was irgendwie unmöglich schien. Er hatte kurzgeschorene, schwarze Haare und einen Blick, der mich irgendwie an Elija erinnerte. Ein Raubtier kurz vorm Angriff. Außerdem hatte er einen Cut in der Lippe und eine Platzwunde an der Schläfe. „Bin die Treppe runter gefallen." Seine Stimme war angespannt und sehr tief, außerdem machte sie unmissverständlich klar, dass er nicht darüber reden wollte. Martin zuckte mit den Schultern und ging nicht weiter drauf ein. Anscheinend war auch er ein bisschen eingeschüchtert.
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Carpe diem...
RomanceTaylor hat in seinem Leben schon sehr viel Scheiße gebaut. Er ist der Badboy, vor dem Mütter ihre Töchter warnen. Doch eines Tages treibt er es auf die Spitze. Von seinen Eltern aufgegeben und Hunderte Kilometer von seinen Freunden entfernt, bekomm...