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Fenster hat das Apartment keine, selbst in den Schlafzimmern nicht, die durch eine unscheinbare Tür abgetrennt sind. Wahrscheinlich aus Sicherheitsmaßnahmen. Die Leute, die sonst hier beherbergt wurden, müssen um einiges wichtiger sein, als Hazel und Runa es sind. Sie fühlt sich erdrückt, obwohl das Wohnzimmer und die angeschlossene Küche zusammen größer sind, als all ihre bisherigen Wohnungen. Runa hat sich hingesetzt, genau auf die Mitte des langen, grauen Sofas und starrt auf die schwarze Küchenzeile. "Was ist da vorhin passiert? Als wir rüber gelaufen sind?" Ihre Stimme bricht während sie spricht, der Blick ist glasig und ihre sonnenverbrannten Finger krallen sich in ihre noch röteren Unterarme. Sie schafft es nicht den Blick auf Hazel zu richten, selbst das Reden fällt ihr schwer. "Es war das Virus, dass selbe das für die Mordreihe verantwortlich war. Harvey hat darauf gesetzt, dass wir versuchen würden zu fliehen."

Hazel Finger fahren über das dunkle Holz der Arbeitsplatte, was sie an Harveys unruhiges Trommeln mit seinen Händen oder Beinen erinnert, weshalb sie ihre Hand zum Stopp zwingt und sich wieder voll auf Runa konzentriert. "Sie sind tot, wegen uns. Wir haben Mitschuld." Ihr schmaler Körper hat angefangen zu beben, die trockenen Lippen zu zittern und ihre Fußsohlen hat sie so stark in den Boden gedrückt, dass es zu schmerzen anfängt. Hazel will sie trösten, ihr die Hand auf die Schulter legen, aber sie kann es nicht. "So darfst du nicht denken. Wir müssen nur bedachter vorgehen, aufhören uns aus allem rauszuhalten und dann werden wir es schaffen wieder aus all dem rauszukommen." Das Beben wird nicht schwächer und Runas Stimme zittert so stark, dass Hazel kaum die Worte versteht, die ihre Lippen verlassen.

"Du meinst wir müssen sie austricksen, Harvey und Nathan? Ich will nichts mit alldem zu tun haben, außerdem habe ich Angst um Josephine. Ich würde sie im Stich lassen. Das kann ich nicht, allein das heute war schrecklich für mich." Hazel versteht ihre Worte, hat Verständnis und Emphatie für ihre Sichtweise, aber sie kann nicht verhindern wütend zu werden. Runa hat keinen Grund so zu fühlen, besonders nicht nach den Geschehnissen heute. "Sie hat riskiert, dass wir sterben. Josephine wusste von Harveys Vorhaben, sie hat das Risiko in Kauf genommen. Wir wurden im Stich gelassen, nicht andersrum." Die Worte kann Runa nicht akzeptieren, zwar weiß sie tief in ihren Inneren, dass Hazel Recht hat, aber sie kann sich das selbst nicht eingestehen. Wenn sie das tut, verliert sie nicht nur Josephine, sondern auch sich selbst. "Runa, ich weiß, dass es schwer ist. Josephine bedeut mir doch auch viel, aber wenn wir hier heil rauskommen wollen, müssen wir anfangen geplanter vorzugehen und zu verstehen um was es eigentlich geht. Wir wissen noch immer fast nichts, nur dass Harvey und Nathan Tick leiten. Tick wiederum sich an einen Virus, entstanden aus Soliun und meiner DNA bedient und Kontakt zu einer Sekte hat, die ihre Interesse vertritt. Wir wissen aber nicht wie viele Mitglieder Tick hat, was genau Harveys und Nathans Vorhaben ist und was unsere eigentliche Rolle in ihrem Spiel ist.

Wir sind ihnen anscheinend nützlich, für den Moment brauchen sie uns, planen etwas für dass wir notwendig sind, aber sie planen nicht uns einen festen Teil von Tick sein zu lassen. Sonst hätten sie wenigstens versucht uns auf ihre Seite zu bringen, statt mit Lügen unser Verhalten und unsere Gedanken zu lenken und zu manipulieren. Das heute, der Kuss auf den Balkon, war nur dazu da um uns ein Flucht unmöglich zu machen, weil unsere Vertrauenswürdigkeit zerstört ist. Josephine ist unsere Chance an Informationen zu kommen, wenn wir Tick verstehen, wissen wie die eigentliche Situation ist, dann könnten wir einen Übergang vielleicht doch noch schaffen."

Sie ist an Runa herangetreten, blickt auf ihre roten Locken wieder, die wirr von ihrem Kopf abstehen und den gestressten und hilflosen Blick in ihren Augen wiederspiegeln. "Du meinst wir sollen ausfragen, bis wir so viel Wissen, dass wir Harvey und Nathan in Bedrängnis bringen können?" Sie hört sich nicht begeistert von der Idee an und auch die verkrampfte Haltung hat sich nicht gelöst. "Ja, wir können nicht riskieren, Harvey und Nathan vollständig das Ruder zu überlassen." Ihren eigentlichen Gedanken spricht Hazel nicht aus, höchstwahrscheinlich weil er ihr selbst zu viel Sorgen bereitet um ihn laut aussprechen zu können. Wenn es  stimmt, dass Harvey und Nathan sie einzig und allein bei sich behalten, weil sie ihnen noch von Nutzen sind, ist die Frage was passiert, wenn sie ihren Zweck erfüllt haben. Der Tod der Sicherheutsleute hat bewiesen, dass sie bei Harvey nicht auf Gnade oder ein Gewissen hoffen kann. Es geht seit Heute viel mehr um den Weg zurück in ihr altes Leben. Stattdessen werden sie dafür kämpfen müssen, überhaupt noch eine Zukunft zu haben.

TickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt