Part 1

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Mir geht es echt dreckig. Man kennt es als Mädchen: Bauchschmerzen, Krämpfe, Kopfschmerzen und Stimmungsschwankungen, die ich besonders habe. Die Schnauze habe ich deswegen auch gestrichen voll. Im Moment sitze ich im Unterricht, um genau zu sein ist es Mathematik, mit meiner neuen Klassenlehrerin, und strebe einfach vor Schmerzen. Bauchschmerzen schön und gut, aber gepaart mit Rückenschmerzen und Unwohlsein ... keine gute Kombination. Nörgeln möchte ich nun echt nicht, aber es ist echt mies.In der elften Klasse hat man es nicht leicht, wir alle versuchen das Abitur zu meistern und das auch eher schlecht als recht.Der Stundenplan ist seit diesem Schuljahr inzwischen auch deutlich voller. Heute sind es stabile acht Stunden. Die Parallelklasse hat es am Freitag noch härter erwischt, die haben zehn Stunden an einem verdammten Freitag. Das sollte als Folter gewertet werden. Wir haben gerade die dritte Stunde begonnen und ich kann wirklich nicht mehr. Normalerweise werden wir menstruierende Personen von der Gesellschaft genötigt uns nichts anmerken zu lassen und die Schmerzen einfach weglächelnd, aber heute geht es einfach nicht. Am Anfang der Stunde bin zu unserer neuen Klassenlehrerin gegangen und habe Sie gefragt, ob ich nach Hause gehen könne und dann meinte Sie doch ernsthaft zu mir „Annika, du bist erst siebzehn Jahre alt, dich muss ein erziehungsberechtigte Person abholen oder jemand, der von dieser Person geschickt wird. Du darfst nicht alleine gehen."Dadurch, dass diese Frau die Regeln so genau nimmt, muss mich also eine Person abholen. Und so wie Gott will, hat Raphael keine Zeit mich abzuholen. Deswegen kommt jetzt sein bester Freund und holt mich ab. Ich kenne seinen besten Freund zwar, also von Bildern und einmal weil ich an Raphaels Telefon gegangen bin, denn er war gerade unter der Dusche, aber sonst kenne ich ihn nicht.Aus genau diesem Grund habe ich jetzt etwas Muffensausen. Dazu weiß ich auch, dass ich nicht leicht zu ertragen bin, wenn ich meine Tage habe.In der Mathestunde konzentriere ich mich eher weniger und lehne mit dem Kopf gegen Antons Schulter. Bis es zur Pause klingelt und Frau Dr. Fisch, so wie ich Fr. Dr. Zander gerne nenne, uns alle auf den Hof schickt, auch mich. Anton, der in jedem Kurs neben mir sitzt, da wir beste Freunde sind, hilft mir bei meiner Tasche, in dem er sie für mich herunterträgt. Er kennt meine Schmerzen, wenn ich meine Periode habe. Einmal wollte er mir nicht glauben und meinte "Kann ja nicht so schlimm sein"... Daraufhin habe ich ausgeholt und ihm voll in den Bauch geschlagen. Seid dieser Aktion weiß er wie dolle es schmerzt oder hat keine Lust nochmal eine in den Magen zu bekommen.Wir brauchen ewig, da selbst eine Schnecke schneller ist als ich.Die Schüler jagen, geradezu in Lichtgeschwindigkeit, an uns vorbei.Als wir endlich den Hof erreichen, sehen wir die Schülermasse, die normalerweise verstreut auf dem Hof steht, versammelt am Zaun stehen. Manche etwas gedrängter und mache schauen es sich mit etwas Abstand an. Langsam bewegen wir uns in die Richtung der Masse.Nach der Hälfte des Weges fällt uns ein anthrazitfarbener Maserati GTS, mit lauter Rap-Musik, auf. Wie unauffällig.„Ist das nicht Raf's Auto?" kommt von Anton, ich nicke als Bestätigung. „Ich dachte, er kann nicht kommen?" und ich nickte wieder. Mein bester Freund klingt genauso fragend, wie ich mich fühle. Er kennt als einziger mein Geheimnis und ich habe das Gefühl, dass es nicht mehr lange ein Geheimes sein wird. Was mich jetzt schon nervt, aber ich auch deutlich eingestehen muss, dass es ein „Montagsproblem" wird und ich mich jetzt nicht damit beschäftigen werde.Das Auto parkt direkt vor dem Tor, die ganzen Köpfe der Schüler*innen schauen zu dem Wagen und sie tuscheln. Bisher scheint noch niemand ausgestiegen zu sein, was die Schüler*innen noch neugieriger macht.Bis plötzlich die Tür aufgeht, er aussteigt und für drei Sekunden ist alles leise. Kennt ihr die Menschen, die von Nah tot Erfahrungen berichten und sagen, dass kurz bevor sie gestorben sind, ihr Leben an ihnen vorbeigezogen ist. So fühlt es sich gerade an. Alle schönen Momente mit meiner Mama, meinem Papa und Raphael ziehen an mir vorbei.Bis dann ruckartig das Geschrei losgeht und alle drängen sich dichter an den Zaun. Man hört das Metall klimpern und Schuhe, die auf dem Boden aufkommen, die Menge rastet komplett aus. Vorher war es ein ruhiger Tumult, als ob sich alle darauf versucht haben vorzubereiten, aber das ist ihnen nicht gelungen. Ich sehe vereinzelt Mitschüler*innen, die sich schubsen, um einen besseren Platz zubekommen. Alles spielt sich in Zeitlupe ab, aber irgendwie auch nicht. „Ach du heiliger grüner Dünnschiss" kommt es von links und ich konnte wieder nur nicken. Fuck. Ich habe gar nicht mitbekommen, dass wir stehen geblieben sind. Anton zieht mich weiter und in dem Moment schießen mir die Fragen durch meinen Kopf:Was soll der Scheiß?!Wieso kann mich kein normaler Mensch abholen?Warum macht Raf das?Wir versuchen dieses scheiß Geheimnis seit neun Jahren geheimzuhalten und dann kommt dieser Trottel und macht alles kaputt oder wie?Ist ja nicht so, dass mein Nachname schon für Aufsehen erregt hat.Mittlerweile scheinen am Tor drei Lehrer*innen angekommen zu sein, darunter mein Sportlehrer und der diskutiert gerade mit dem Störenfried, und sieht dabei nicht erfreut aus. Der Störenfried steht jedoch nicht auf dem Schulgelände, sondern hinter dem Zaun, auf dem Parkplatz. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er dieses Tor nicht aufmachen möchte. Er könnte von den Massen erdrückt werden oder gar nicht mehr herauskommen.Mittlerweile haben wir uns durch die Masse geschlagen, wie in einem scheiß Urwald. Es hat nur noch die Machete gefehlt. Bruchteile von der Konversation dringen in mein Ohr „... ollen Annika abholen?" ein arroganter und verächtlicher Unterton spielt in der Stimme meines Sportlehrers. Sein Gegenüber nickte einfach nur, doch es ist so ein passiv-aggressives Nicken. Im Sinne von "Ja, du Affe."„Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Wir bräuchten den Ausweis zum Abgleich." Oh mein Gott, wie peinlich. Er kramt in seiner Bauchtasche, die anscheinend von Nike ist, holt sein Portemonnaie heraus und zeigt Herrn Lang seinen Ausweis. „Annika." es war einfach nur eine Feststellung von Herrn Lang, dass ich da bin. Peinlich berührt schaue ich zu Boden. Antons Hand fährt beruhigende Kreise auf meinem Rücken. Ich hasse diese Bewegung und finde sie auch nicht beruhigend, nichtsdestoweniger lasse ich sie über mich ergehen.Mein Lehrer holt ein Telefon aus seiner Tasche und wählt eine Nummer. „Hallo, hier ist Herr Lang, der Sportlehrer von Annika. Entschuldigen sie die Störung, aber wie heißt die Person, die Annika abholen soll?"Der große Mann, mit dem Basecap und dem Nikeanzug schnauft leicht aggressiv und mit einem Tropfen Verachtung. Von meinem Lehrer kommt jetzt nur noch sowas wie: mmh; okay; und sein Geburtstag; alles klar; gut; danke; auf Wiedersehen, damit legt er auf, gibt dem Riesen seinen Personalausweis wieder und wand sich zu mir „Annika, kennst du diesen Mann." ich nickte, obwohl dies eine Lüge ist, obwohl ich ihn aus Telefonaten mit Raphael kannte oder von Bildern. Egal. „Könnten wir jetzt bitte gehen. Ihr geht es sichtlich nicht gut." Es war keine Frage. Es war eine Aussage, mit einem dominanten Unterton, der keine Widerrede zuließ.

Einmal krank! [Bonez MC FanFiction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt