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Glück ist, was Lächeln macht, was Angst, Sorge, Ungewissheit vertreibt und inneren Frieden schenkt.

Albert Einstein

Heute war der sechzehnte des Monats und da es nun mal, so komisch es auch klingen mag, zu unserem Ritual geworden ist, dass Christian und ich uns jeden sechzehnten beim ihm trafen, war ich nun auf dem Weg zu ihm. Ihr fragt euch bestimmt, wie es dazu kam. Nun ja heute vor knapp zwanzig Jahren, war ich zum ersten Mal bei Christian zu Hause. Es war der Abend, an dem ich, dass wahrscheinlich wichtigste Bild meines Lebens gemalt hatte und Christian und ich wohl unser ehrlichstes Gespräch führten. Es war der Abend an dem ich festgestellt hatte, dass ich ihm vertrauen konnte. Seitdem ist er mein bester Freund, wenn nicht sogar mein Seelenverwandter. Natürlich nicht auf einer romantischen Ebene. Nein wir hatten seither einfach eine besondere Bindung, die nur wir wirklich verstehen können.

Mittlerweile taucht auch schon das kleine Einfamilienhaus vor mir auf. Naja wenn ich ehrlich sein soll, ist es gar nicht so klein, aber für mich haben große Häuser immer etwas Kaltes an sich. Doch bei Christian zuhause, fühlte man sich gänzlich heimlich.

Christian hatte nach der Schule Psychologie studiert und dieses mit Auszeichnung abgeschlossen. Schon als er mir damals von seinen Studienplänen erzählte, war ich unglaublich stolz auf ihn und freute mich für jeden, der später einmal sein Patient werden würde. Immerhin hatte ich es am eigenen Leib erfahren, wie gut er ist. Er hat einfach dieses wunderbare Talent, wahrscheinlich kann man es schon eher als Gabe bezeichnen, den Menschen zu helfen. Er kann ihnen helfen, so wie er einst mir geholfen hat und es auch heute immer noch tut, auch wenn man dies auf den ersten Blick meist nicht sieht.

Immer wieder muss ich schmunzeln, wenn ich an den Tag zurückdenke, an dem er sein Zeugnis überreicht bekam. Mit wie viel Stolz er es mir zeigte und ich nur trocken sagte, dass ich mir nichts anderes erwartet hätte, bei der Übung, die er mit mir hatte.

In den Jahren nach seinem Abschluss hat er dann angefangen in einer privaten Praxis zu arbeiten. Doch schon nach kurzer Zeit, wirkte er immer müder und ich konnte mir nicht erklären warum. Damals dachte ich, er hatte genau das erreicht, was er wollte und ich glaube auch, dass er das selbst auch für eine Weile geglaubt hatte. Als er dann aber irgendwann zu mir ins Studentenheim kam und mir von seinen neuen Plänen erzählte, war seine Müdigkeit wie weggeblasen. An diesem Abend erzählte er mir, dass er mit seinem Studium etwas bewirken wollte und sich nicht für viel Geld irgendwelche pseudo Probleme anhören wollte. Kurze Zeit später sahs er dann auch schon in einem Flugzeug um ein freiwilliges soziales Jahr in einem Kriegsgebiet zu absolvieren. Er wollte all denen helfen, die sich nicht selbst helfen konnten. Und vor allen Dingen Menschen, die nicht einmal die Möglichkeit hatten sich Hilfe zu suchen. Und obwohl ich damals noch nicht wusste ob ich es so lange ohne Christian schaffen würde, verabschiedete ich ihn mit einem Lächeln im Gesicht. Denn immerhin ging er um etwas zu verändern, dass schon längst überfällig war.

Dort lernte er auch Sue kennen, die mir übrigens gerade die Tür öffnet und mich strahlend ansieht. Und genau dieses Strahlen konnte ich nur erwidern. Viel zu lange war es her, dass ich sie zuletzt gesehen hatte.

Nachdem Christian von seinem sozialen Jahr zurückkam, hatte er Sue mit im Gepäck. Die beiden waren im selben Dorf zuständig, mit dem einzigen Unterscheid, dass sie für Ärzte ohne Grenzen tätig war.

Ich müsste lügen, würde ich behaupten, dass wir uns von Anfang an verstanden hatten. Wir waren zwar immer freundlich zueinander gewesen und eigentlich hatten wir auch nichts persönliches an dem Anderen auszusetzten, es war einfach nur ungewohnt. Für mich war es komisch Christian plötzlich teilen zu müssen und irgendwie hatte ich auch Angst, dass er durch Sue keine Zeit mehr für mich finden würde, obwohl ich ihn doch immer noch brauchte. Und für Sue, glaube ich, war ich zu Anfang eine Konkurrenz. Ich meine damit, dass es für Christian und mich klar ist, was zwischen uns ist, es aber für außenstehende manchmal durchaus verwirrend sein kann. Immerhin kommt es auch nicht oft vor, dass zwei Jugendfreunde vom jeweils anderen Geschlecht über Jahre hinweg einen innigen Kontakt pflegen und das völlig ohne dabei romantische Gefühle für einander zu entwickeln. Ich glaube Christian und ich sind diesbezüglich wirklich die Einzigen. Die Freundschaft zwischen Sue und mir entwickelte sich tatsächlich erst, als Christian an seinem ersten Buch arbeitete. In dem Buch verarbeitet er seine Erlebnisse im Kriegsgebiet und schrieb über die Menschen denen er helfen konnte. Es war wahrhaftig keine Überraschung, dass das Buch kurz nach der Veröffentlichung auf der Bestsellerliste landete. Und da er in dieser Zeit logischer Weise nicht so viel Zeit für mich hatte und ich außer ihm nicht wirklich andere Freunde hatte, fühlte ich mich öfters einsam. Dass ich gegenüber Fremden immer noch verschlossen war und ich nicht mehr als Bekanntschaften hatte, kann man sicher vorstellen. Genaugenommen bestanden diese Bekanntschaften nur aus einer einzigen Person - meiner Mitbewohnerin.

In ewiger Liebe, EmelyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt