Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünscht für diese Welt.
Mahatma Gandhi
Seit Wochen hatten wir nun nichts anderes gemacht als zu hoffen endlich einen passenden Spender für Christian zu finden. Und jeden Tag beteten wir, dass sich bis es soweit ist sein Zustand nicht noch verschlechtert. Dass für ihn noch genug Zeit übrig war um zu warten.
Wie kann man mit gerade mal Mitte dreißig so krank werden? Nie hatte ich mich damit befasst. Warum auch? Ich kannte niemanden in meinem Umfeld der darunter litt. Und sollte doch mal jemand krank werden, so würde es die moderne Medizin schon irgendwie richten können. Wie ich erfahren habe kann sie das in den meisten Fällen auch. Nur leider nicht bei Christian. Denn genau diese hatte ihn schließlich in diesen Zustand gebracht und paradoxer Weise, war auch sie die Einzige, die ihn retten konnte.
Jahrelang habe ich mich gefragt, wo Christian war, wenn er für ein paar Tage verschwunden war. Oft hatte ich ihn gefragt. Seine Antwort war aber immer wieder die selbe "Familienkram".
Warum habe ich nicht gemerkt, dass etwas nicht stimmte. Wäre ich nur etwas stärker gewesen und hätte er mich nicht immer vor mir selbst retten müssen, hätte er vielleicht was gesagt. Dann hätte vielleicht ich ihm zur Abwechslung mal helfen können. Vielleicht wäre es dann heute anders. Möglicherweise hätte er dann mehr Energie für sich selbst gehabt und hätte nicht so viele Medikamente und Chemotherapien gebraucht um den Krebs zu besiegen. Dann würde er heute vielleicht nicht leiden und seine Nieren und seine Lunge würde einwandfrei funktionieren. Wir hätten nicht die letzten Wochen im Krankenhaus hoffend und betend verbracht, sondern glücklich.
Die Ärzte hatten Christian mittlerweile auf der Warteliste weiter vorne einschreiben können, da er aus irgendeinen Grund die Dialyse nicht so annimmt wie er es sollte. Und da das alles scheinbar noch nicht genug ist, hat Christian auch noch eine Blutgruppe die relativ selten ist und nicht gut mit anderen zusammenpasst. Im Klartext bedeutet all das, dass Christian Krebs hatte und diesen besiegte, allerdings mit den Folgen das seine Nieren sowie seine Lunge langsam versagte.
Seit Wochen hofften wir nun endlich aus diesem Albtraum aufwachen zu können. Vergeblich. Den mit jedem Tag der verstricht, verschwindet auch ein Teil der Hoffnung. Jeden Tag wünschen wir uns, dass es ihm bessergeht. Beten, dass sich sein Zustand nicht verschlechtert. Doch all unsere Wünsche gehen nicht in Erfüllung. Manchmal haben wir Glück und unsere Gebete scheinen erhört worden zu sein, doch an den meisten Tagen hören wir nur, dass er einen schlechten Tag habe.
Bis zum heutigen Tag konnte ich nie verstehen warum sie von einem schlechten Tag sprechen. Es hörte sich immer so an, als sei er einfach nur mit dem falschen Fuß aufgestanden. Aber nun, nun weiß ich warum es nur ein schlechter Tag genannt wird, wenn sich seine Werte nur etwas verschlechtert hatten. Denn heute wurde die Last unerträglich.
Als die Ärzte uns mitteilten, dass sein Zustand kritisch sei, konnte ich nicht mehr klar denken. Es war als würde etwas gegen meinen Brustkorb drücken und mich am Atmen hindern. Alle Hintergrundgeräusche waren plötzlich verschwunden und ich vernahm nur mehr ein Rauschen. Meine Sicht verschwamm durch die vielen Tränen in meinen Augen, doch keine einzige bahnte sich den Weg nach draußen. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen, alles woran ich denken konnte, war dass es so nicht enden darf. Ich konnte mir nicht vorstellen wie schwer das alles für Sue sein musste. Oder für Jason und Grace. Sie sollen nicht ohne ihren Vater aufwachsen müssen. Was würde aus seinen Patienten werden, die sich allesamt auf ihn verließen. So vielen Menschen hatte er geholfen, sie gerettet und dass soll jetzt so zu Ende gehen? Das ist nicht fair. Nichts davon, dass seit Wochen geschieht ist fair. Auf dieser Welt darf so viel Schlechtes, so viel Böses existieren. So viele Menschen, die andere verletzten dürfen leben, aber jemand der sein ganzes Leben lang Anderen geholfen hat und diese Welt zu einem besseren Ort gemacht hat, hat kein Recht zu Leben? Wie kann das alles überhaupt möglich sein? Welcher Gott könnte diese Ungerechtigkeit dulden oder sogar unterstützen? Welchen Sinn sollte man darin sehen können, einem Menschen der stehts das Richtige tat, gekämpft hatte um seine Krankheit zu besiegen, den Kampf sogar gewonnen hatte, letzten Endes dann doch wieder das Leben nehmen?
Christian ist einer der wenigen Menschen die das Leben lebenswert machen. Er hätte es verdient ein langes und glückliches Leben zu führen. Im hohen Alter auf der Terrasse zu sitzen und mit einem Lächeln seinen Enkelkindern beim Spielen zuzusehen, während seine geliebte Frau neben ihm sitzt und seine Hand hält. An all die unvergesslichen Momente, die das Leben lebenswert machen, zurückblicken zu können und gleichzeitig immer wieder neue solcher Momente sammeln zu können. Diese mit seinen Kindern und Enkelkinder teilen zu können und ihnen damit zu zeigen, wie wichtig es ist im Moment zu leben. Um ihnen beizubringen, was wirklich zählt. Und genau an diesem Punkt traf ich eine Entscheidung. Christian sollte noch jede Menge solcher Momente erleben. Manche für sich alleine, andere mit Sue und wieder andere mit Jason und Grace. Es soll diese Momente genießen und an alle weitergeben, die sie dringend brauchen. Er soll weiterhin Menschen dabei helfen, ihr Leben nicht nur zu meistern, sondern es auch zu leben. Und dafür werde ich nun kämpfen, koste es was es wolle.
![](https://img.wattpad.com/cover/187580206-288-k750786.jpg)
DU LIEST GERADE
In ewiger Liebe, Emely
Teen FictionFür Emely hatte das Leben schon immer Hindernisse breit. Da sie verschlossen und etwas ruhiger ist als gewöhnliche Teenager in ihrem Alter glauben ihre Eltern sie ist depressiv und schleppen sie gerne von Arzt zu Arzt. Dabei will Emely einfach nur i...