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Die Summe unseres Lebens sind die Stunden, wo wir lieben.

Wilhelm Busch

Eine Woche war nun schon seit meiner ersten Gruppenstunde vergangen und Mr. Westwood hatte tatsächlich einen Termin mit Dr. Denton und meinen Eltern vereinbart. Genau deswegen saß ich auch gerade im Warteraum der Praxis von Dr. Denton und wartete. Wartete darauf, wie sie sich bezüglich mir entscheiden. Ich habe meine Hoffnung in Mr. Westwood noch nicht aufgegeben. Vielleicht überzeugte er gerade jetzt meine Eltern, dass ich das alles gar nicht brauche und ein ganz normaler Teenager war.

Doch als ich nach der langen Warterei dann ins Büro von Dr. Denton gerufen wurde und ich meinen Eltern in das Gesicht blickte, verlor ich sofort alle Hoffnung die ich hatte. Ich konnte es förmlich in ihren Augen lesen welch Ende das Gespräch genommen hatte. Alles was ich dort erkennen konnte, war Traurigkeit und Enttäuschung.

"Emely, wir werden für dich einen passenden Therapeuten finden, zu dem du dann zweimal die Woche hingehen wirst." Ich nahm die Worte von Dr. Denton gar nicht richtig war. Mein Blick haftete noch immer auf den Gesichtern meiner Eltern. Ich dachte immer, sie würden sich freuen oder wären erleichtert, wenn ich eine Therapie anfangen würde. Aber als ich sah, wie sich meine Mum die Tränen, die sie in den Augen hatte, wegblinzelte, wurde mir bewusst, dass ich völlig falsch lag. Sie machten sich einfach nur Sorgen um mich. Sie wollen nur, dass es mir gut ging. Sie wussten einfach nicht weiter, da ich mich vor ihnen so verschloss. Mir wurde gerade bewusst, wie sehr ich sie damit verletze und so sehr ich ihnen, dass auch sagen wollte, konnte ich es einfach nicht. Kein einziges Wort drang aus meiner Kehle. Genau deswegen habe ich jetzt ein schlechtes Gewissen ihnen gegenüber. Ich wollte nicht, dass sie sich Sorgen um mich machen mussten. Ich wollte sie auch nicht enttäuschen. Aber scheinbar habe ich, dass alles was ich nicht wollte, ziemlich gut hinbekommen.

Als wir die Praxis verlassen hatten und auf dem Weg zum Auto waren, beschloss ich mich bei meinen Eltern zu entschuldigen. Es musste sein. Ich habe ihnen einfach zu viel angetan. Zwar habe ich dies nicht absichtlich getan, aber ich habe es trotzdem getan. "Es tut mir leid." Sofort drehten sich meine Eltern zu mir um. In ihren Blicken lag Verwunderung. Verwunderung darüber, da es nur sehr selten vorkam, dass ich mich für etwas entschuldigte. Ich glaube auch, dass sie es im ersten Moment gar nicht richtig begriffen hatten, was ich da zu ihnen sagte. Wenig später aber, nahm mich meine Mum dann in den Arm und flüsterte mir zu, dass es okay wäre und dass alles wieder gut werden würde. Mein Dad klopfte mir liebevoll auf die Schulter und sagte, wie lieb er mich hat. Ich schenkte ihnen noch ein Lächeln, bevor wir unseren Weg fortsetzten. Ich glaube einen so echten und ehrlichen Moment, wie es in anderen Familien vielleicht normal war, hatten wir schon gefühlte Ewigkeiten nicht mehr.

Da mein Dad noch zur Arbeit musste, waren wir mit zwei Autos gekommen. Hingefahren bin ich mit meinem Vater, da ich es einfach viel zu sehr mochte ihm beim Autofahren zuzusehen. Jetzt allerdings fuhr ich bei meiner Mum mit. Wir fuhren noch einen kleinen Umweg nachhause, da wir uns, zu Feier des Tages, wie meine Mum es so schön formulierte, bei unserem Lieblingsitaliener Pizzen bestellten. Zu Hause angekommen, beschloss meine Mum, dass wir uns gleich während des Essens über die Therapeuten, die uns Mr. Westwood empfohlen hatte, zu informieren. Sie meinte, man könnte sich ein Bild über die Therapeuten machen, indem man die Berichte von seinen Patienten liest. Ich wusste nicht einmal, dass man als Patient ein öffentliches Feedback geben kann. Aber meine Mum hatte sich scheinbar schon sehr gut mit dem Thema auseinandergesetzt.

Nach etwa zwei Stunden, hatten wir erst ungefähr die Hälfte der Liste, die uns Mr. Westwood gegeben hatte durch. Und mittlerweile konnten wir uns auch beide schon nicht mehr richtig konzentrieren. Naja zumindest war es bei mir so. Ich konnte kaum noch meine Augen offenhalten, geschweige denn einen Satz bewusst lesen. Auch die Therapeuten verwechselte ich schon ständig und ich weiß nicht mehr über wen etwas Positives berichtet wurde und welcher laut diese Beurteilungen nichts auf dem Kasten hatte. Ich glaube aber meiner Mum geht es genauso, da sie schon seit einer Weile ununterbrochen gähnen musste.

In ewiger Liebe, EmelyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt