Türchen 23: Lance Stroll

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„Dauert es noch lange? Kommen wir irgendwann bei deinen Eltern an?", fragte ich nörgelig vom Beifahrersitz und blickte zu Lance herüber, der bloß grinste.
„Jetzt üb dich mal in Geduld!", antwortete er, ohne von der Strecke zu schauen. Wie so oft fragte ich mich, warum er immer so konzentriert auf die Strecke starrte. Als Formel 1 Fahrer sollte man doch meinen, dass er gut Auto fahren konnte. Dennoch sah er jedes Mal aus wie eine alte Oma, die kaum mehr als einen Meter vor sich schauen konnte.
„Ich üb mich seit einer Stunde in Geduld!", keifte ich lachend. Lance verdrehte die Augen, dann bog er um eine Ecke. Meine Frage ließ er unbeantwortet, sodass ich mich trotzig auf den Beifahrersitz zurückwarf und auf die nasse Strecke schaute. Die Nervosität, die meinen Gefühlswelt in den vergangenen Wochen, seit Lance und ich entschieden hatten, dass wir über die Feiertage bei ihm in Kanada sein würden, wurde durch völlige Langweile von einer langen, nicht wirklich ereignisreichen Fahrt ersetzt. Wir fuhren seit einer Stunde schon durch Montreal und ein Ziel schien mir momentan nicht in Sicht, was meine Langweile, nach einem ewig langen Flug aus Paris, nur noch verstärkte.
Lance drehte das Radio etwas lauter, sodass die Weihnachtsmusik den kleinen Raum füllte. Gerade lief der neue Hit von Justin Bieber, wobei er eigentlich sein altes Lied nur noch einmal neu gesungen hatte. Mir persönlich war das recht Schnuppe. Wäre meine beste Freundin nicht so ein großer Justin Bieber Fan, würde ich vermutlich nicht einmal wissen, dass das seine Stimme war.
"Wann sind wir daaaa?", fragte ich abermals gelangweilt, nach einer halben Ewigkeit in der immer noch nichts geschehen war. Ich verfluchte Lance, dass er kein Navi brauchte, denn sonst würde dieses uns zumindest im Ansatz zeigen, wie lange wir noch brauchten.
"Jetzt!", meinte Lance auf einmal, als er in eine Wohnsiedlung fuhr, die geprägt von großen, luxuriösen Villen war. Ich schluckte schwer. Mir war durchaus bewusst, dass Lance Vater reich war, dennoch überschlug das meine Erwartungen.
Ich hielt die Luft an, als Lance gerade aus fuhr und auf die größte von allen Villen zusteuerte. Sie war weiß, mit vielen Dachhauben und goldenen Verzierungen. Ziemlich protzig, das Haus unterstrich schon das Vermögen. Es erinnerte mich etwas an die ganzen Schlösser aus Barbie, nur weniger kindisch. Es hatte etwas. Nur war es eben absolut nicht meine Preisklasse.
Meine Preisklasse war Zara und ein, zwei Sachen von Tommy Hilfiger. Das Studium hatten sich meine Eltern für mich nur leisten können, weil sie Jahre zuvor gespart hatten. Dieses Haus war wie das totale Gegenteil von mir.
Ein kleiner Teil von mir wünschte sich, dass Lance noch einmal um die Ecke bog und vor einem deutlich kleineren Haus hielt, doch dies geschah nicht. Stattdessen hielt er vor der Umzäunung, gab einen Zifferncode ein, wodurch sich die dicke, große Metalltür aufschob. Er fuhr mit dem Auto die betonierte Einfahrt entlang, durch den großen Hof, der wie ein eigener Stadtteil für sich war.
Ich hielt meine Luft noch immer an, beobachtete den großen Vorhof aus dem Fenster. Er war so groß, wie der Park vor mir vor dem Haus. Ich fühlte mich etwas unwohl.
Lance fuhr vor eine große Garage, beziehungsweise drei aneinander gereihte Garagen. Er stoppte den Wagen, holte den Schlüssel raus und sah dann zu mir.
"Na, gefällt es dir?", fragte er mit einem freudigen Grinsen, vermutlich, weil er endlich Zuhause war. Durch die Formel 1 war er so oft unterwegs, dass er kaum Zeit in Kanada verbringen konnte. Er freute sich seit Tagen wie ein kleines Kind auf das nach Hause kommen.
"G.. gehört das alles euch?", fragte ich etwas stutzig. Lance nickte, als sei es nichts besonderes, und wollte dann aus dem Haus treten. In diesem Moment legte ich ihm eine Hand auf den Oberschenkel und behielt ihm so im Auto.
"Du hast nicht gesagt, dass ihr so reich seid!", zischte ich ihm zu. Lance zog im ersten Moment die Augenbrauen zusammen, bevor er schmunzeln musste.
"Im Internet steht doch, dass mein Vater viel Geld hat!"
"Ja, aber nicht SO viel!", brummte ich und legte dabei jegliche Betonung auf das Wort So. Lance verstand meine Worte scheinbar nicht wirklich, denn er lachte bloß und stieg dann aus. Ich tat es ihm gleich, auch wenn meine Beine etwas wackelig waren, da ich mich so fehl am Platz fühlte. Ich schluckte schwer, als ich in die kühle Abendluft raustrat, beugte mich noch einmal in den Wagen und holte mir die schwarze Winterjacke raus, die nebenbei von H&M war. Irgendwie fühlte ich mich nun nur noch mehr fehl am Platz.
Ich war sie mir über die Schulter, nahm meinen Schal und legte ihn so um meinen Hals, dass er das H&M Zeichen verbarg.
"Babe, stell dich doch nicht so an. Meinen Dad juckt es nicht, von welcher Marke deine Klamotten sind!", las Lance scheinbar meine Gedanken. Er war um den Wagen gelaufen und beäugte mich skeptisch. Ich blickte ihn etwas genervt an.
"Du hättest mir sagen sollen, dass ihr wie ein König lebt!", grummelte ich beleidigt. Lance seufzte frustriert und trat näher zu mir. Seine Arme schoben sich um meine Hüften und zogen mich näher an ihn.
"Wärest du denn dann mit mir mitgekommen?"
"Ja klar!", antwortete ich. Skeptisch zog mein Freund eine Augenbraue hoch.
"Wärest du nicht!", widersprach er mir: "Du hättest dir irgendeine schwachsinnige Begründung überlegt, dass du nicht mit musst!"
Ich seufzte, sah zu ihm hoch und teilte ihm auf telepathische Art und Weise mit, dass er vermutlich recht hatte.
"Honey, ich liebe dich, meine Familie will dich endlich kennenlernen und ich bin mir sicher, dass sie dich auch mögen werden. Ja, wir haben Geld, aber ich habe keine Lust mehr darauf beschränkt zu werden. Das bin nicht ich, das weißt du und genauso wenig ist das meine Familie, das wirst du schnell feststellen. Also mach dir bitte nicht so viele Gedanken und lass uns jetzt zu meiner Familie, sie warten schon!"
"Hmpf", brummte ich, ließ mich dann aber von Lance in Richtung der Tür ziehen.
Wir durchliefen den großen Hof, bis wir einige Treppenstufen hochstiegen und vor einer großen, schwarzen, mit Silber verzierten, Holztür. Lance klingelte und es dauerte nicht lange, bis uns eine ältere Dame die Tür öffnete. Anhand ihrer schwarzen Kleidung und der weißen Schürze, vermutete ich, dass es die Haushaltshilfe war, von der Lance immer berichtete.
Sie fing an zu strahlen, als sie Lance sah.
"Lanceeee!", rief sie freudig und öffnete ihre Arme.
"Laura", jubelte er auch und zog sie in seine Arme. Die beiden umarmten sich stürmisch, dann lösten sie sich von einander. Sie blickte zu mir herüber, kurz hatte ich das Gefühl, als würde sie mich rötgen.
"Ist sie das?", fragte sie dann Lance leise. Lance nickte. Dann streckte sie mir die Hand entgegen und begrüßte mich. Anschließend bat sie mich in die große Villa herein. Wir traten direkt in einen riesigen Korridor, an wessen Ende eine Treppe hoch führte. Sie Treppe eilte schon eine Dame und ein Herr herüber.
"Dad, Mum!", rief Lance. Ich schluckte schwer.
Beim Lauf der Frau erkannte ich sie, in langen Jogginghosen und einem weihnachtlichen Pullover, der ein totaler Gegenteil zur luxuriösen Ausstattung war.
"Warum hast du mir denn nicht Bescheid gegeben, dass ihr kommt? Dann hätte ich mich noch umgezogen!", beschwerte sie, indessen sie zeitgleich Lance in ihre Arme zog. Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen.
Lance Vater trat zu mir.
"Du bist vermutlich Bella", grüßte er mich. Ich nickte.
"Ich bin Lawrence!", grüßte er mich und hielt mir die Hand entgegen. Ich grüßte ihm, mit meiner schwitzigen Hand und schenkte ihm ein schüchternes Lächeln.
"Nicht so kalt!", beschwerte sich Lances Mutter. Sie tätschelte Lance Wange und strahlte mir dann entgegen.
"Männer!", beschwerte sie sich mit einem Augenrollen: "Ich hoffe Lance ist netter als mein Mann"
Ich lacht leise und nickte dann.
"Ist er!", versicherte ich und schielte dann zu meinem Freund.
"Meistens!", fügte ich hinzu. Lance streckte mir die Zunge entgegen.
"Immer!", korrigierte er mich.

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