Kapitel 28

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Als ich das Telefonat mit Angelika beendete war ich traurig, leer, enttäuscht und einfach unfassbar müde. All diese neue Erkenntnisse hatten mich enorm mitgenommen und ich konnte es einfach nicht verstehen! Natürlich war ich im Koma gewesen, aber war dies wirklich über ein Jahr gewesen? Es hatte mir damals zwar niemand gesagt, wie lange es gewesen war, aber trotzdem! Ich hätte schwören können, dass es sehr viel kürzer gewesen war! Höchstens ein paar Tage! Und dennoch hatte ich ein ganzes Jahr in der Hölle verloren. War es wirklich die richtige Entscheidung gewesen in die Hölle zu gehen? Ich stand auf und sah mich in meinem Zimmer um. War es all das Wert? Ich drehte mich um meine Achse und dachte über all das Erlebte nach. Meine wundervolle Bekanntschaften hier in der Hölle, meine neues Aussehen, mein Selbstbewusstsein. Und ich dachte an Dad. Ich stieg unbewusst immer weiter in die Höhe und drehte mich weiter. All die glücklichen und erfüllten Momente, die ich hier mit meiner Magie verbringen durfte! Ich hatte so viel über mich gelernt und ich war endlich die Person geworden, die ich schon immer sein wollte und verdiente zu sein! Es war endlich die Flamme in mir erwacht, die schon immer in mir geschlummert hatte und nun endlich erwachen konnte! Ja! Ja, es hatte sich gelohnt und es war es wert gewesen in die Hölle zu kommen!


Als ich mich wieder etwas beruhigt hatte, teilte ich Avari mittels Gedanken mit, dass ich nun fertig war. Als sie kam, erkannte sie wohl sofort an meinem Blick, was los war. Ohne weitere Worte umarmte sie mich fest und hielt mich so eine ganze Weile. „Du wusstest es?", schluchzte ich dann leise. Denn auch wenn mit Dad mitzugehen die richtige Entscheidung gewesen war, linderte diese Erkenntnis den Schmerz nur minimal. „Ja", bestätigte sie meine Vermutung. Sie hatte gewusst, dass ich nichts mehr auf der Erde finden würde und es mich nur verletzten würde. Das war natürlich sehr nett von ihr gewesen, aber dennoch hatte ich diese Entdeckung einfach für mich selbst machen müssen. Und nun musste ich lernen, mit den Konsequenzen umzugehen. Doch ich würde es schaffen! Denn ich war Lilith! Ich war die Prinzessin der Hölle!


Nachdem Avari gegangen war, blieb ich erst noch einige Zeit reglos in meinem Zimmer liegen. Abermals wusste ich nicht wirklich etwas mit mir anzufangen. Daher dachte ich einfach an die Zeit hier in der Hölle zurück. Wie ich angefangen hatte zu trainieren, erst allein meinen Körper und dann mit Dad meine Magie. Wie ich das erste Mal Kontakt zu ihr herstellen konnte.


Unweigerlich erinnerte ich mich nach einiger Zeit wieder an den weißen Trainingsraum und die versteckte Türe, die dort aus dem nichts entstanden war und mir den Eintritt verweigert hatte. Bereits einen Augenblick später war ich aufgesprungen und hatte meinen Entschluss gefasst: Ich würde dieser Türe auf den Grund gehen!


Um Zeit zu sparen teleportierte ich mich schnell vor das Eingangstor des Trainingraums, denn es wollte mir komischerweise partout nicht gelingen, mich hinein zu teleportieren. Wahrscheinlich hatte Dad einen Schutzzauber darum gelegt. Doch als der Dämon durch das Portal gekommen war, war es offensichtlich noch möglich gewesen. Lag es vielleicht an seinem unerwünschten Auftreten? Ich zuckte mit den Schultern und ging dann näher auf das Tor zu. Es war so unglaublich, dass ich mich teleportieren konnte! Außer den Teleportern, die allerdings ein Portal dafür benötigten, war nur Dad dazu in der Lage. Ich hatte wirklich Glück, dass ich diese Kräfte von ihm geerbt hatte! Fröhlich pfeifend darüber ging ich zu dem Tor und lehnte mich mit meinem gesamten Körpergewicht dagegen. Doch die Tür wollte nicht aufgehen! Ich zog verwirrt die Augenbrauen zusammen. Wie konnte das nur sein? Bisher war es doch auch kein Problem gewesen!


Für den Fall dass sie nur klemmte drückte ich zwei weitere Male dagegen. Doch da dies ebenfalls nicht half, beschloss ich es mit meiner Magie zu versuchen. Wahrscheinlich hatte Dad sie mit einer Barriere geschützt oder schützen lassen! Da ich noch immer mit ihr verbunden war, wurde nur mein Sichtfeld etwas dunkler und die reelle Welt dezent undeutlicher. Ich sammelte sie in mir und suchte eine Stelle auf dem Tor, welche für meine Magie empfänglich sein würde. Bestimmt hatte Dad einen Weg für mich eingeplant, wie ich hineinkommen würde. Schließlich hatte es bisher auch keinen Grund gegeben, warum ich nicht hier her kommen würde! Im Gegensatz, er hatte es sogar stets befürwortet, damit die Hölle außerhalb des Schlosses meine Magie nicht wahrnehmen können würde! Doch nachdem sich verbreitet hatte, dass ich wirklich hier war und ich mit meinen komplett schwarzen Augen offensichtlich die Magie von Dad geerbt hatte, war dies nicht mehr notwendig gewesen. Ich hatte mit meinen Lehrern nie in diesem Raum trainiert und ihn seit dem Auftauchen des Dämons nicht mehr betreten. Was hatte sich nur in dieser Zeit geändert?

Die Prinzessin der Hölle - Das Erwachen der FlammeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt