Kapitel 19

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„Lilith!" Dads Ruf nach mir hallte noch in meinen Ohren nach, als ich langsam meine Augen öffnete. Danach blinzelte ich erst einmal verwundert. Denn alles um mich herum war in einen milchig trüben Schleier gewickelt. Allerdings war dieser Rabenschwarz. Dadurch war alles sehr dunkel und es fiel mir schwer, überhaupt etwas um mich herum zu erkennen. Insbesondere, da im Schloss sowieso stets alles schwarz gemauert war. Es schoss mir sofort durch den Kopf, dass es genau so schwarz war wie eben zuvor, in diesem Ort in mir. Verwundert drehte ich meinen Kopf etwas und blickte mich um. Der Schleier blieb. Es war fast so, als wäre ich nicht wirklich hier, sondern würde durch ein Fenster dieser Schwärze schauen. Unsicher, ob ich meinen Körper überhaupt bewegen können würde, hob ich langsam einen Arm in mein Blickfeld und betrachtete ihn. Dabei drehte ich ihn nach links und dann nach rechts um mich selbst. Obwohl ich meinen Arm bewegen konnte, fühlte es sich an, als wäre ich in einer Blase gefangen und würde aus dieser heraus, wie einen Roboter, meinen Körper steuern. Zudem drängten leise, durch meinen Hinterkopf, Geräusche an mein Ohr. Zunächst hatte ich sie ausgeblendet, doch plötzlich forderten sie meine Aufmerksamkeit. Doch ihnen diese zu schenken stellte sich als sehr schwer heraus, denn es war als sein ich unter Wasser. Ich konzentrierte mich lange und intensiv auf sie und langsam, aber sicher, wurden die Geräusche immer deutlicher. 


Plötzlich schnappte ich verblüfft nach Luft und riss meine Augen weit auf. Denn diese komischen Geräusche waren Dad! Auch wenn ich noch nicht verstehen konnte, was er sagte, war ich mir absolut sicher, dass es seine Stimme war. Also konzentrierte ich mich umso mehr darauf und als ich schließlich meine Augen schloss, gelang es mir. „Lilith? Lilith, wie geht es dir? Sag doch was! Lilith!" Ich zuckte bei den verzweifelten Worten meines Dads zusammen und kniff meine Augen zusammen. Direkt darauf öffnete ich sie ruckartig wieder. 


Diesmal sah ich schon viel klarer und war eindeutig tatsächlich wieder in der reellen Welt. Dennoch war der schwarze Schleier immer noch vorhanden und auch weiterhin sehr dominant. Doch ich konnte den Raum um mich wahrnehmen, denn ich war in dem weißen Trainingsraum. Erst in diesem Moment wurde mir bewusst, wie dicht die Schwärze zuvor gewesen war. Denn ich hatte die weiße Wände absolut nicht wahrnehmen können, sodass ich dachte ich wäre beispielsweise in meinem Zimmer mit schwarzen Wänden. Zudem konnte ich Dads besorgtes Gesicht direkt vor mir sehen. „Lilith?" Seine Stimme klang immer noch als komme sie von weit, weit her und als wäre ich tief unter Wasser. Doch nun konnte ich ihn dennoch mit nur recht geringen Mühen ziemlich klar verstehen. Mühsam hob ich meine linke Hand, um ihm zu signalisieren, dass ich nun wirklich wieder hier war. Dabei musste ich feststellen, dass mein gesamter Körper extrem träge und erschöpft war. Fast so, als wäre ich aus einem langen Koma erwacht. 


„Daaaad?" Mein Mund wollte mir nicht recht gehorchen und war ebenfalls sehr schwerfällig. Meine Muskeln waren zudem so schlaff, dass ich das A seltsam in die Länge zog und sich mein „Dad" fast nicht mehr als solches identifizieren ließ. Dennoch fiel er mir erleichtert um den Hals. „Lilith...", flüsterte er, „Ich habe mir solche Sorgen gemacht... Ich habe mir solche Sorgen gemacht..." Wie in einer Trance wiederholte er immer wieder die gleichen Worte, ehe er sich sehr langsam und schwerfällig von mir löste. Dann erst wurde mir bewusst, dass ich scheinbar alles langsamer sah, als es in Wirklichkeit passierte. Zudem blendete mich das grelle Weiß und wenn es die Sonne gewesen wäre, hätte ich meine Hände zum Abschirmen des Lichtes genommen. Doch da dies hier nichts bringen würde, unternahm ich erst gar nicht den Versuch dazu. Dafür war es mir viel zu anstrengend.


Ich fühlte mich so seltsam und mein ganzer Körper war von einem unbekannten Gefühl beherrscht. Was war das nur? Wie konnte es nur sein? Was geschah hier überhaupt?! 

Die Prinzessin der Hölle - Das Erwachen der FlammeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt