Kapitel 37

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Mein geschockter Schrei hallte nicht nur durch das ganze Badezimmer, sondern erfüllte auch die Luft in dem gesamten Haus. Wahrscheinlich konnten sogar noch die Bewohner der Häuser nebenan ihn klar und deutlich hören. Doch in diesem Moment mir war das alles komplett egal und ich nahm es nicht einmal richtig wahr. Alles was ich tat, war voller Entsetzen in das Spiegelbild zu starren, dessen schrecklicher Anblick sich direkt vor mir bot. Dann hörte ich aufgeregte Stimmen und Schritte, wie sie hastig die Treppe hinaufeilten. „Alles in Ordnung?" fragte Nelatia besorgt außerhalb der Türe. „Ist etwas passiert?", schloss sich Feonis Stimme sorgenvoll an. „Nein... Es ist nichts...", sagte ich leicht zitternd, nachdem ich mich kurz gesammelt hatte und mich sann wieder weit genug abgeregt, um zu antworten. „Was ist dann los? Stimme irgendetwas nicht?", ertönte abermals Nelatia fürsorgliche Stimme. „Nein, nur...", sprach ich leise. Was sollte ich nur sagen? Noch immer stand ich zu sehr unter Schock, als dass mir auf die schnelle eine gute Lüge eingefallen wäre. Außerdem wollte ich die beiden auch wirklich kein bisschen mehr als unbedingt notwendig anlügen. Also antwortete ich wahrheitsgemäß und dabei leicht stotternd, „Ich sehe nur wirklich furchtbar aus..." Das erleichterte Ausatmen auf der anderen Seite der Türe konnte ich selbst in dieser Entfernung auch ohne Magie deutlich hören. „Tut mir leid, dass ich euch so erschreckt habe", nuschelte ich dann leise und beschämt. Aber sie konnten mich dennoch hören. „Alles gut, Schatz. Das macht doch nichts", versicherte die hübsche Dämonin mir sofort, „Hauptsache dir geht es gut" „Und das wird auch viel besser, nachdem du ein Bad genommen hast", warf mein Bruder sofort ehrlich hinzu. Natürlich wollte er mir helfen, mich aufbauen und Zuversicht geben. Aber die hatte ich keineswegs. Nicht einmal einen Funken Hoffnung konnte ich darauf verspüren. Denn absolut Nichts könnte bei solch einer widerlichen Kreatur wie mir helfen. Nicht einmal eine Schönheits-OP hätte mich noch retten können, geschweige denn ein einfaches Bad. Aber ich wollte sie nicht verunsichern, daher nuschelte ich halbherzig ein leises „Sicher..." Als die beiden sich absolut sicher waren, dass ich unversehrt war, verließen sie ihre Position vor dem Badezimmer und gingen wieder die Treppe hinunter. Als ich mir sicher war, dass sie außer Hörweite waren, stieß ich einen lauten Schluchzer aus. Wenn ich gekonnt hätte, wären mir nun wohl Tränen übers Gesicht gelaufen. Aber dies war in dieser scheußlichen Hülle eben einfach nicht möglich.


Abermals blickte ich mich angewidert und fassungslos an. Denn mein gesamter Körper bestand aus einer enormen widerlich grau, schuppig und faltige Haut. Sie war beinahe an meinem gesamten Körper von dunklen Flecken, aufgeschürften Wunden, abstehenden Hautfetzen eitergefüllten Blasen und extrem dunkelrotem Blut versehrt. Mein gesamter Körperbau war mager und knochig. Daher hingen einige Hautlappen an so ziemlich jeder Stelle meines Körpers. Unglücklicherweise zeigte ich zudem auch noch sehr viel Haut, da ich nur ein zerfetztes Stofftuch trug, welches gerade einmal die nötigsten Stellen knapp bedeckte. Dazu kamen meine ekelhaft fettigen Haare, welche lediglich ein paar wenige lose Haarbündel bildeten. Ekelhaft hingen sie mir als einzelne Strähnen ins Gesicht und die ausgefransten Enden gingen mir beinahe bis zu meinen Knien. Anstatt richtige Ohren hatte ich komisch deformierte Hautknüppel. Das Schlimmste war jedoch mein Gesicht. Es war mit Abstand das hässlichste, was ich jemals gesehen hatte. Und mittlerweile hatte ich schon wirklich viele hässliche Dämonengesichter gesehen! Doch ich hatte einfach viel zu große, beinahe runde Augen. Das braun meiner gewöhnlichen Iris, welches für die Schwäche beziehungsweise das nicht Vorhandensein meiner Magie sprach, war bei meinen blutunterlaufenen Augen beinahe nicht wahrzunehmen. Zudem hingen riesige Eiterballen an meinen gesamten Augen verteilt. Zudem war meine knochige Nase viel zu breit, zu flach und ausgebeult. Aus ihr war offensichtlich Blut gelaufen, welches nun voll mit dranklebendem Staub und Sand festgetrocknet war. Auch hier hatten sich bereits die ersten Eiterblasen gebildet. Mein Mund war schmal, sehr lang und komplett eingerissen. Aber nicht nur die Haut direkt daran, sondern auch weit über die Ränder meiner Lippen hinaus. Abermals war überall Dreck, eingetrocknetes Blut und Eiter. Allgemein war von meinem Gesicht nicht viel außer Schmutz, Blut und Eiter zu sehen. Bei diesem Anblick wurde mir sogar enorm schlecht und übel. Es war so schlimm, dass ich sogar wegschauen musste, um mich nicht an Ort und Stelle noch zu erbrechen. Denn beinahe hätte ich genau dies das gemusst. Ich ekelte mich so sehr vor mir selbst, vor meinem eigenen Spiegelbild, dass es mich zum Erbrechen brachte. Von meinem Gestank ganz abgesehen. Wie hatten das meine neue Mutter und mein Bruder neben mir nur ausgehalten?

Die Prinzessin der Hölle - Das Erwachen der FlammeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt