Kapitel 15

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Ghost und Harry wurden durch die andere Tür des Wagons hinausgebracht. Roman musste sich um weitere Probleme kümmern, weshalb Neo alle hinausgescheucht hatte. Trevor ging Allen voran und führte sie ein Stück weiter weg durch einen weiteren Tunnel. Die Gänge wurden immer dunkler, je weiter sie von der Hauptkammer wegkamen. Ghost erkannte ihn als einen, in dem er selbst gearbeitet hatte. Der Tunnel endete in einer Sackgasse und seine Aufgabe hatte darin bestanden ihn Weiterzugraben.
Als sie schon beinahe an der Sackgasse angekommen waren, blieb Trevor stehen. Er drehte sich zu den Faunus um und bellte: „Das ist weit genug. Legt den Mistkäfer hier auf den Boden.“
Ghost wurde auf harten Stein fallengelassen. Er spürte den Schmerz am ganzen Körper, außer an seinem Stumpf, bei dem das Betäubungsmittel nun zu wirken schien. Er musste sich etwas einfallen lassen, wie er aus dieser Situation wieder rauskam. Es gab zwar eine Möglichkeit… doch die wollte er nur ergreifen, wenn es nicht mehr anders ging. Das Risiko war zu groß und würde „Sie“ auf ihn aufmerksam machen.
Neben ihm hielten sie Harry noch immer im Klammergriff. Trevor beäugte ihn kurz. Er schüttelte kurz den Kopf und begutachtete dann Ghost. „Auf dem Boden liegend scheinst du nicht mehr so große Töne zu spucken. Was ist denn los? Hat es dir die Sprache verschlagen?“ Er versetzte Ghost einen Tritt. Im Gegensatz zu Roman’s Fausthieben waren Trevor’s Tritte beinahe eine Massage. Er ignorierte den kleinen Schmerz und konzentrierte sich.
Trevor versetzte Ghost zwei weitere Tritte. Die Faunus um sie herum lachten. Trevor gefiel es gar nicht, dass der Faunus vor ihm keine Reaktionen auf seine Schläge zeigte. „Du fühlst dich wohl besonders stark, was? Bist ein ganz Harter. Wollen wir mal sehen, wie lange das noch so bleibt.“
Trevor blickte einen Faunus hinter Ghost an und winkte ihn her. Die Wache tat wie ihm geheißen. Der Faunus übergab ihm einen Gegenstand, der Ghost’s Blut in den Adern gefrieren ließ. Trevor beugte sich vor. „Na? Erkennst du dieses Werkzeug? Ich muss sagen, du hast deine Waffe gut im Schuss gehalten. Ich muss es ja wissen, schließlich verdanke ich diesem Ding mein Upgrade“, sagte Trevor und deutete auf seinen metallenen Arm.
Ghost blickte auf die Waffe, voller Sehnsucht. Seine Augen weiteten sich. Sie ruhten noch einen Augenblick auf dem Gegenstand seiner Begierde, auf der Waffe, die ihn durch all diese Zeit begleitet hatte, auf die er immer zählen konnte. Dann verschwamm sein Blick und er erblickte nur noch den Mann vor ihm, der seine Waffe, seinen Schatz wie ein Spielzeug herumfuchtelte.
Es gab keine andere Möglichkeit mehr.
Er konzentrierte sich.
Harry, der neben ihm stand und nur zuschauen konnte, blickte auf Ghost hinab. Der plötzliche Wandel in den Augen seines Bruders war ihm nicht entgangen. Er wurde nun selbst panisch. Harry rüttelte an den festen Griffen seiner einstigen Kameraden. „Lasst mich los!“, rief er, „Wisst ihr nicht, wer ich bin? Ich bin euer Vorgesetzter! Lasst mich los!“
Die Menge begann noch mehr zu Lachen. Das Schauspiel schien ihnen immer mehr zu gefallen. Trevor fiel in das Lachen mit ein. Er blickte in Ghost’s Gesicht.
„Was meinst du, soll ich dich dasselbe spüren lassen, wie du mich? Naja, die eine Hand hast du schon verloren. Da können wir froh sein, dass du eine Zweite besitzt. Oder wollen wir es mal mit einem Bein versuchen?“
Das Lachen war ohrenbetäubend. Harry schrie: „Lass ihn in Frieden! Hört auf damit! Bitte. Lasst ihn gehen!“
Trevor stand auf und ließ die Klinge von Ghost’s Waffe hin und her baumeln. Die Menge brüllte und freute sich auf das, was gleich geschehen würde. Ihre Stimmen übertönten nun auch Harry’s Flehen.
Doch Ghost bekam nichts mehr davon mit. Alle Töne wurden ausgeblendet. Alle Gerüche, alle Berührungen, alle Schmerzen, waren verflogen. Er sah nur ihn… und bekam Hunger.
„Tu’s nicht, Remus!“, schrie Harry.

Schüsse ertönten aus der Ferne. Die ersten Faunus, die diese hörten, waren schlagartig ruhig, drehten sich in die Richtung um, aus der sie gekommen waren und bedeuteten ihren Kollegen, ebenfalls aufzuhorchen. Alle wurden still. Ihre Aufmerksamkeit galt den Schüssen, die rasch wieder aufhörten. Die Faunus blickten sich gegenseitig an. Trevor seufzte. „Jemand soll nachsehen gehen, was da vorne vor sich geht. Und nun zurück zu dir…“
Er drehte sich zu seinem Gepeinigten um. Ihm stockte der Atem. Ghost stand auf und nahm bei dem Prozess noch an Größe zu. Seine Haut wurde bedeckt von Fell. Seine Nägel wurden länger und formten sich zu Krallen. In seinem Mund traten Reißzähne hervor. Trevor blickte auf den aufrechtstehenden Wolf. „Was zum…“, setzte er an, röchelte aber dann nur noch, als sich die Zähne des Geschöpfes in seinen Hals bohrten.
Einen Moment war es still. Dann brach Panik aus. Die meisten Faunus ergriffen die Flucht, ein paar Wenige eröffneten das Feuer. Ghost’s Aura flackerte erneut.
Harry, den sie einfach zurückgelassen hatten, kam auf seine Beine und schlug auf den nächsten Faunus ein, der seine Waffe auf seinen Bruder gerichtet hatte. Es dauerte nicht lange, da wurde es wieder still in dem Gang. Die Kreatur sah zu Harry herüber, der außer Atem war. In der Ferne war eine Durchsage zu hören.
Harry nahm tief Luft und blickte seinem Bruder in die Augen. „Komm mit, ich bring uns hier raus.“

A Faunus TaleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt