Kapitel 4

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"Ich will mein Geld zurück, hab ich gesagt!", schnauzte der Mann seinem Gegenüber ins Gesicht. Spucke flog aus seinem Mund, während er gehässig Befehle gab.
Der Hotelbesitzer hinter dem Tresen lies es über sich ergehen und wartete darauf, dass sein Kunde endlich Luft holte. Hinter ihm versteckte sich ein eingeschüchterter, junger Rezeptionist.
Der wütende Mann hielt inne und sah den Besitzer erwartungsvoll an. Dieser rückte kurz seinen Anzug zurecht und meinte dann: "Sie haben sich für dieses Zimmer entschieden, also akzeptieren sie es auch. Sie haben eine Nacht darin übernachtet, wie sie es sich gewünscht haben, also zahlen sie auch den entsprechenden Betrag, wie jeder Andere auch. Oder wollen wir das lieber mit der Polizei klären?"
Der Mann hielt kurz inne, während sein Kopf rot vor Zorn anlief. Schließlich drehte er sich um und machte sich auf in Richtung Tür. "Das wird noch ein Nachspiel haben!", waren seine letzten Worte, bevor er das Hotel verlassen hatte.
Ein paar Sekunden hielt die Anspannung noch an, bis sich der alte Hotelbesitzer endlich entspannte. "Das war vielleicht ein hartnäckiger Kerl", meinte er zu dem Jungen. Dieser nickte nur. Nach einem kurzen Moment fragte er seinen Vorgesetzten: "Meint ihr nicht, dass wir der Sache langsam nachgehen sollten? Das ist mittlerweile der 3. Gast der sowas erwähnte über dieses Zimmer." Sein Chef machte mit der Hand eine Bewegung, um ihm mitzuteilen, dass er sich beruhigen soll. "Ich weiß selber, dass ich langsam mal was unternehmen muss. Nur sind wir sonst schon knapp bei Kasse. Wie wollen wir uns da einen Spezialisten leisten können?"
Bevor sie ihre Arbeit wieder aufnehmen konnten, klingelte die Eingangstür. Eine in eine Kapuze und Umhang gehüllte Gestallt trat ein. Die Hundeohren waren jedoch noch klar unter dem Stoff erkennbar.
Der Besitzer adressierte den Neuankömmling sofort: "Kannst du nicht lesen? Draußen steht klar und deutlich: "Keine Faunus erlaubt". Also scher dich fort!"
Ghost näherte sich dem Tresen und legte ein bisschen Geld vor ihnen hin. "Ein Zimmer für eine Nacht." Der Besitzer war ein wenig irritiert. "Bist du etwa auch noch taub? Ich habe gesagt: Keine verdammten Faunus erlaubt! Also such dir einen anderen Platz zum Schlafen!"
Ghost blickte ihm in die Augen. Er stellte sein Gepäck ab und zog dann langsam sein Halstuch von seinem Mund weg. Er ließ sich Zeit damit, was die Angestellten sichtlich nervös machte. Das selbstsichere Auftreten machte die Menschen vor ihm unsicher. Dann begann der Faunus langsam zu sprechen: "Es tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen. Leider bin ich nicht taub und musste mir dein ganzes Geschwafel anhören, wie ihr euch nichts leisten könnt. Ich dachte ihr hättet das Geld nötiger, als irgendwelche komischen Richtlinien."
Auf dem falschen Fuß erwischt, erstarrte der Besitzer einen Augenblick lang. Er wusste nicht mehr, was er darauf antworten sollte. Deswegen fuhr Ghost für ihn fort: "Also sehe ich das Geschäft für abgeschlossen." Er nahm das Gepäck schon wieder auf, also ihn der Hotelbesitzer erneut ansprach: "Es tut mir leid, aber wir besitzen kein freies Zimmer mehr."
Der Faunus bedeckt seinen Mund von neuem und lief an ihm vorbei die Treppe hoch. "Ich bin nicht sehr wählerisch. Deshalb kann ich auch das nehmen, was vor ein paar Minuten frei wurde. Ihr braucht nicht einmal aufzuräumen oder frisch zu machen. Ich brauche nur ein Bett. Das reicht."
Der Junge schien aus dem Gespräch komplett ausgestiegen zu sein. Sein Mund blieb offen, nicht fassend, was gerade vor seinen Augen geschah. Der alte Mann hingegen fasste sich erneut, wollte Einspruch erheben, ließ es dann aber bleiben. Einen Streit konnte er nicht noch einmal gebrauchen. Vor Allem, wenn es um dieses Zimmer geht. Wenn der Faunus tatsächlich Alles gehört hatte, dann wusste er auch um das Risiko Bescheid.
Er packte dem Schlüssel und rannte seinem neuen Kunden hinterher, um ihm die Tür zu öffnen und den Schlüssel zu übergeben.
Als er ihn endlich einholte, stand Ghost bereits vor der Tür. Als der Hotelbesitzer ihm aufgeschlossen hatte, zog er den Faunus zu sich heran. "Ich warne sie. Nur eine Nacht und kein Wort an irgendwen. Sie lassen sich sonst nicht in den Gängen oder dem Saal blicken, außer zum auschecken."
Ghost begann zu lachen. "Wenn das deine einzigen Sorgen sind?" Er nahm ihm den Schlüssel ab und betrat seine Übernachtungsstätte.
Der Alte wusste nicht, ob er erleichtert sein sollte, oder wütend. Seine Hand ballte sich zur Faust, als er sich umdrehte und zurück zum Empfang ging. Da sah er den Rezeptionisten, wie er das Geld zählt. Verdutzt schaute er zu seinem Chef hoch und stammelte: "...er...er hat fast das Doppelte bezahlt.

Das Zimmer war kaum eingerichtet. Die vier Wände waren allesamt aus Holz, einschließlich dem Boden und der Decke. Ein kleines Fenster tapezierte die eine Wand. Dem gegenüber war ein Bild aufgehangen, die eine Klippe am Rande des Meeres aufzeigte. Genau unter dem Fenster war ein kleines Bett hergerichtet. Der Gast vor ihm hatte sich keine Mühe gemacht, das Bett wieder her zu richten.
Ghost seufzte noch kurz, bevor er die Bettwäsche auf den Boden warf und seinen eigenen Fetzen Stoff darauf auszubreiten begann. Aus seinem Gepäck holte er sich dann ein Stückchen Brot und Käse, um vor dem Schlafen gehen wenigstens etwas Kleines zu sich genommen zu haben. Während er in den Laib biss, besah er sich das Bild, das ihm gegenüber war. Nach ein paar Sekunden der Bewunderung, wanderte sein Blick jedoch nach draußen zur untergehenden Sonne. Er war den ganzen Tag unterwegs gewesen und hatte die Hauptstadt endlich hinter sich gelassen. Die Vorräte, die er eingepackt hatte würden für ein paar Tage reichen. Er musste nur herausfinden, wie er an Essen rankommen konnte. Die Menschen würden ihn wohl kaum freiwillig und kostenlos durchfüttern wollen.
Er machte sich ein paar Gedanken, kam aber auf keinen grünen Zweig, weshalb er sich nach dem letzten Bissen auszog und sich mit seinem Pyjama kleidete, ehe er sich auf das Bett legte.
Es war eine Menge passiert. Doch vielleicht musste es so kommen. Die Götter schienen mit ihm noch andere Pläne zu haben, als dass er sich jetzt schon zur Ruhe setzen konnte.
Er drehte sich um, um eine geeignetere Position zu finden, blickte aber dadurch noch kurz auf seine verarztete Hand. Den Verband müsste er auch bald ersetzen müssen. So oder so würde er früher oder später einen Arzt aufsuchen müssen. So konnte es nicht bleiben.
Langsam schloss er die Augen und konnte sich endlich entspannen.

"Wach auf und gesell dich zu mir"

Die Worte drangen an sein Ohr, zusammen mit dem Rauschen der Wellen. Als er seine Augenlieder öffnete, befand er sich nicht mehr dort, wo er eingeschlafen war. Weit weg, außerhalb seines bequemen Betts, war er an einer Klippe am Rande des Meeres wieder aufgewacht. Und da stand sie, direkt am Abgrund, eingekleidet in rote, weite Kleider und mit einem breiten lächeln im Gesicht. Die weißen Haare schwangen mit dem Wind hin und her, als die Faunus sagte: "Endlich bist du erschienen."

A Faunus TaleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt