Kapitel 18

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Die Tage vergingen in Pestileia wie im Flug, ohne, dass Labartu wieder zurückkehrte. Livia war öfters mit Casey unterwegs gewesen, weshalb Remus das Haus wiederherrichten wollte. Nebenbei hatte er die Ohren nach neuen Informationen gespitzt, die ihm in seinem Vorhaben helfen könnten.
Er hatte sich auch im Rathaus umgehört. Niemand schien zu wissen, wohin Labartu verschwunden war und wie lange sie fort sein würde. Kelly hatte ihn versucht zu beruhigen, doch machte es Remus immer mehr zu schaffen. Hier lagen Leben auf dem Spiel.
Zu allem Überfluss schien Livia ihm aus dem Weg zu gehen. Er konnte es ihr nach dem Gespräch über Labartu nicht verübeln, doch war dies der falsche Zeitpunkt. Natürlich konnte Livia nichts darüber wissen, was auf ihm lastete, doch würde es nur schlimmer werden, wenn sie es wissen würde.
So versuchte Remus einen Zeitvertreib zu finden und stürzte sich deshalb in die Hausarbeit.
Am vierten Tag war Remus erneut zum Rathaus gegangen, um sich bei Kelly zu Erkundigen.
Kaum war er durch die Tür getreten, blickte die Katzen-Faunus schon auf und strahlte ihn an. „Hallo, Remus. Sie ist endlich zurück.“
„Ehrlich?“, fragte er nach, machte sich aber bereits auf den Weg zu Labartu’s Zimmern. Kelly stellte sich vor ihn und hielt ihn auf. „Es tut mir leid, aber sie braucht einen Moment Zeit für sich. Du kannst gerne später wiederkommen. Ich habe dir den ersten Termin am Nachmittag bereits reserviert.“ Remus winkte ab und versuchte sie auf die Seite zu schieben. „Ich habe keine Zeit zu warten. Tut mir leid. Es ist dringend.“
Schon hatte er sich an Kelly vorbeigedrückt und lief auf die Treppen zu. Kelly rief ihm hinterher: „Remus, das geht nicht. Warte doch.“ Doch ihre Rufe erreichten ihn nicht mehr. Er war bereits an mehreren Zimmern vorbeigehuscht und blieb vor Labartu’s Gemächern stehen, an deren Tür er anklopfte. Nach ein paar Sekunden wurde die Tür von innen geöffnet und eine zerzauste Faunus mit weißem Haar kam durch den Türspalt zum Vorschein. Sie blinzelte durch ihre Augenlieder und versuchte ihn zu erkennen.
Remus redete schon los: „Labartu, ich muss mit dir sprechen. Es ist wirklich dringend.“
Sie blickte ihn verwirrt an. „Auch dir guten Morgen Remus“, sie gähnte, „kann das nicht später behandelt werden? Ich muss mich erstmal erholen.“
„Nein, kann es nicht“, sagte Remus bestimmt, „Es kann nicht aufgeschoben werden.“
Labartu gähnte erneut. „Wenn es so wichtig ist, wende dich doch an Lory, oder Trivia.“
Sie versuchte die Tür wieder zu schließen, doch Remus blockierte sie mit seinem Fuß. Sie blickte ihn verwirrt an. Remus kam dem Türspalt näher und flüsterte: „Es geht um den Auftrag. Du weißt schon welchen.“
Labartu brauchte einen Moment. Sie dachte kurz nach, öffnete ihm aber die Zimmertür schlussendlich doch. Remus huschte hinein und setzte sich unaufgefordert auf ein Kissen. Früher hatten sie sich viele Male hier drin getroffen. Dabei war es aber nicht immer nur um die Arbeit gegangen. Damals hatte er Livia noch nicht gekannt. Labartu und er hatten eine schöne Zeit zusammen verbracht und waren viel gemeinsam unterwegs gewesen. Seit er jedoch Livia kennengelernt hatte, hatte er sich notgedrungen ein wenig von Labartu distanziert, da er die Gefühle seiner Frau respektierte. Nichtsdestotrotz waren sie immer gute Freunde geblieben.
Labartu schloss die Tür wieder und setzte sich auf ihr Bett. Sie trug einen roten Pyjama und trug ihre Haare offen. Anscheinend hatte Remus sie tatsächlich gerade aus dem Bett gescheucht. Doch darauf durfte er keine Rücksicht nehmen. Es gab Wichtigeres zu besprechen.
„Hattest du Kontakt mit dem Professor?“, fragte Remus Labartu ohne Umschweife. Sie rieb sich den letzten Schlaf aus den Augen und setzte sich dann im Schneidersitz hin. „Nein, tut mir leid. Ich habe seit langem keinen Kontakt mehr zur Organisation. Sie haben die Zusammenarbeit mit uns gekündigt, weißt du das nicht mehr? Du bist die einzige Person, die uns noch Informationen liefern kann.“
Remus seufzte. „Jetzt nicht mehr“, meinte er.
Labartu sah ihn verwundert an. „Wie meinst du? Was ist passiert?“, fragte sie.
Remus dachte nach, wie er es erklären sollte. Er wollte es ihr schon die ganzen letzten paar Tage mitteilen, doch nun, da es so weit war, wusste er nicht, wie er es formulieren sollte.
„Naja, der Job ist ein wenig zu weit gegangen. Ich dachte, ich würde helfen. Ich dachte, ich würde beim Aufbau einer besseren Zukunft mitwirken, doch habe ich zu viel erfahren. Ich habe gekündigt und mich zurückgezogen. Der Professor hat mich gehen lassen und mir angedroht, dass wenn ich etwas preisgeben würde, ich es bitter bereuen würde. Doch wir müssen etwas gegen ihn unternehmen.“
„Halt, warte“, Labartu hob eine Hand, „nicht so schnell. Was hat er denn vor? Hast du irgendetwas herausgefunden?“
Remus begann zu zittern. „Ich weiß nicht, was er plant. Ich weiß nur, dass Menschen und Faunus sterben werden. Er führte Tests an Faunus durch. Niemand hat die Testräume lebend verlassen. Er braut in seinen Laboren etwas zusammen und es verheißt nichts Gutes.“
Labartu ging zu Remus hin und kniete vor ihm hin. „Warum bist du hier?“
„Er respektiert dich. Er hat große Hochachtung vor dir und würde dir kein Haar krümmen. Deshalb ist es in deiner Nähe am sichersten für meine Familie.“
Labartu nickte. „Ich hoffe, das reicht aus, aber du hast mich missverstanden. Ich meinte, was willst du von mir, dass ich tue?“
Der Faunus vor ihr brauchte einen Moment, bevor er ihr antwortete. „Ich möchte, dass du deine Kontakte spielen lässt und herausfindest, wie ich an ihn rankomme, damit ich es ein für alle Mal beenden kann. Und ich möchte, dass du bitte auf meine Familie achtgeben wirst.“
Remus umfasste seine bebende Hand, um sie zu beruhigen, was das Zittern nur verstärkte.
„Das werde ich“, flüsterte Labartu ihm ins Ohr und umarmte ihn.

A Faunus TaleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt