Schon seitdem wir vor einer Stunde bei Chenle ankamen, warte ich darauf, dass er mich auf Jaemin anspricht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er davon erfahren hat- Immerhin redet mein ganzer Jahrgang davon wie ich Jaemin geschlagen habe und dann trotzdem mit Blut im Gesicht geendet bin.
Zumindest hat Jaemin bekommen, was er verdient.Nervös starre ich in den Spiegel vor mir. Strähne nach Strähne fällt zu Boden. Ob es wirklich eine gute Idee war, Chenle die volle Macht über mein Aussehen zu geben? Erst recht nach dem mit Jaemin?-
Ich weiß es ist komisch, zu wissen, dass er mich nur für seine Gefühle ausnutzt und trotzdem noch bei ihm zu bleiben- aber jetzt ist es doch auch schon egal. Soll er mich doch ausnutzen, solange es noch geht- dann habe ich zumindest eine Sache in meinem Leben erreicht und vielleicht sogar sein Leben besser gemacht.. und jemanden glücklich zu machen war immer schon das einzige, was ich je wollte.Mein Blick liegt auf Chenles Reflektion. Nicht lange darauf finden auch seine Augen durch den Spiegel zu meinen und ein kleines Lächeln zeigt sich auf seinem Gesicht. "Wieso siehst du mich so an?", fragt er amüsiert von meiner Unsicherheit. "Denkst du etwa, du endest mit einem Boxerschnitt?"
"Du hättest doch jeden Grund dazu, es zu versauen.", antworte ich leise- meine Worte nicht vorher überdacht.
Die Schnitte hören kurz darauf auf und seine Hände landen an meinen Schultern- die Schere bedrohlich nahe an meinem Hals. "Wovon redest du?"
Ich versuche mit einem leisen "Nichts" auszuweichen.
Chenle starrt mich durch den Spiegel an.
Nach sieben stillen Sekunden, meint er beängstigend ruhig: "Ich weiß von dem mit Jaemin."
Ein Schauer läuft mir den Rücken hinab. Seine Finger drehen die Schere etwas, so dass sie meiner Kehle noch näher ist- Ich würde ja sagen, er macht das unbewusst, aber irgendetwas in mir weiß, dass er es mag, zu sehen wie ich Angst bekomme.
Die Luft bleibt mir im Hals stecken. Kein weiteres Wort fällt, ehe er weiter meine Haare bearbeitet."Er hat es mir gleich nach der halben Stunde Nachsitzen erzählt. Du hättest ihn sehen sollen- ganz aufgebracht wie ein kleines Kind. Naja..so ist Nana eben~" Chenle fügt am Ende noch ein kaum höhrbares Kichern hinzu.
"Du bist gar nicht wütend?", frage ich zögernd- meine Stimme gebrochen durch die Angst, was er alles mit dieser Schere tun könnte.
"Nein- Das hat Jaemin doch verdient- der Typ kann echt nervig sein. Und wieso sollte ich wütend sein, wenn du doch schon dafür bestraft wurdest, Jisung?" Erneut sieht er mich durch den Spiegel an, sein Blick kurz auf die Wunde an meiner Lippe gerichtet. Meinen Namen aus seinem Mund zu hören, fühlt sich so gut an- jeder würde mich für armselig halten, wenn sie wüssten, wie erleichtert ich mich nur durch diese kleine Sache fühle. Für zumindest einen Moment denke ich dadurch, dass ich einmal in meinem Leben wirklich eine Person für jemanden bin- ein normaler Mensch, nicht nur jemand, der einfach immer da ist ohne Grund.
Wie gerne ich Chenle auch glauben würde, werde ich das Gefühl nicht los, dass er mich dafür noch büßen lassen wird.Das Gespräch findet dort auch schon sein Ende.
Eigentlich ist die Stille zwischen uns wieder normal- wäre da nicht noch dieses Wissen, dass Chenle immer noch die Chance hat, meine Haare zu vermasseln- oder schlimmeres. Die Angst davor, dass Chenle nur so tut, als ob er nicht wütend ist, bringt mich jetzt schon um.
In der ganzen Zeit habe ich kaum auf meine Haare geachtet. Erst als er lächelnd "Fertig!" sagt, fällt mir die Veränderung auf.
Meine Stirnfransen hängen mir jetzt nicht mehr halb über den Augen und auch hinten hat er sie kürzer geschnitten. Der Schnitt ist nichts besonderes, aber ich sehe deutlich besser aus.
Lächelnd in den Spiegel sehend meine ich: "Das nächste mal solltest du sie mir auch blondieren, so wie deine Haare."
Ich kichere leise, doch kurz darauf verschwindet mein Lächeln. Mir fällt plötzlich auf, dass es kein nächstes mal geben wird…
"Kann ich gerne machen.", antwortet er grinsend, während er seine Sachen wegräumt.Seit einer Woche denke ich oft daran, wie Chenle reagieren würde, wenn ich dann weg bin.
Ich weiß, dass es ihn wahrscheinlich nicht interessiert und er nur sein Leben weiterleben wird, aber ich kann nicht aufhören daran zu denken, dass es vielleicht nicht so ist… Immerhin will ich doch, dass sie dann alle glücklich sind, dass ich weg bin und dann zu wollen, dass er sich an mich erinnert- oder sogar um mich trauert- würde dem widersprechen. Ich will nicht, dass er traurig ist...aber ganz tief in mir..will ein Stück von mir das doch. Ich will ihm etwas bedeutet haben..mehr nicht. Er muss nicht unbedingt traurig sein- ich will nur, dass er es nicht ignoriert…
Aber wenn ich dann weg bin, werde ich sowieso nicht wissen, wie er reagiert, also hasse ich mich dafür, dass ich so viel darüber nachdenke.
DU LIEST GERADE
𝑹𝒂𝒊𝒏𝒚 𝑫𝒂𝒚𝒔 / {𝐶ℎ𝑒𝑛𝑗𝑖}
FanficJisung wird bald 16 und für seinen Geburtstag hat er nur ein Ziel im Kopf; der Tod. Jedoch erzählt er dies niemanden. 16 Jahre lang wurde er von seinen Eltern und der restlichen Welt wie ein niemand behandelt. Dazu kommt noch, dass er seit vier Jahr...