✞︎𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 24✞︎

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"Was machst du?"
"Wenn du nicht mit mir redest, ist es nutzlos wütend auf mich zu sein!"
"Red doch mit mir, Jisung!"
Chenle nervt mich weiterhin mit seinen leeren Worten, während ich verzweifelt nach meinem T-Shirt suche, um es so wie meine anderen Sachen in meinen Rucksack zu packen. 
Es verwundert mich ehrlich gesagt etwas, dass er nicht sofort weiß, was er getan hat. Entweder er ist wirklich so dumm oder er hat noch viel mehr angestellt und weiß nicht, was davon ich rausgefunden habe. 

"Wo willst du überhaupt hin? Wieder in den Garten und halb erfrieren? Du kannst froh sein, dass du hier bleiben darfst!"
Als ich ihn das sagen höre, drehe ich mich schlagartig um und schubse ihn- etwas fester als gewollt. "Fick dich doch, Chenle!", schreie ich ihn verletzt an. Bin ich etwa nur ein Witz für ihn? Findet er es lustig, dass ich nirgends hingehen kann- Dass ich nirgends mehr sicher bin??
Er will etwas sagen, doch ich führe meine Worte mit aufgebrachter Stimme fort: "Ich sollte dankbar sein?? Wofür? Dass du mir immer wehtust? Oder eher dafür, dass du mich immer hintergehst?! 
Danke, Chenle- Danke dafür, dass du Jaemin und wem auch immer sonst noch davon erzählst, wie erbärmlich und schwach ich bin!"
Eine unerträgliche Stille entsteht. Es bringt mich um den Verstand, wie er mich nur wortlos und mit diesem unlesbaren Blick anstarrt. 
Erneut stöße ich ihn nach hinten und schreie ihn an: "Warum sagst du denn nichts?!"
Durch mein Schubsen stößt er gegen die Kante seines Schreibtisches, doch es kommt erst Reue in mir hoch, als er sich an die Hüfte greift und sich Schmerz in seinem Gesicht zeigt.
Ein unbeschreiblich grausames Gefühl breitet sich in mir aus, als ich ihn so sehe. Ich habe ihm weh getan. Es ist meine Schuld, dass er Schmerzen hat.
"Es tut mir so leid", entschuldige ich mich panisch und voller Angst- Angst davor, dass er mich jetzt noch mehr hasst.

Seine Reaktion ist aber ganz anders als ich sie erwartet hätte. Er nimmt mich einfach in den Arm, wie als wäre nichts passiert- wie als hätte ich ihn gerade nicht noch vor 10 Sekunden angeschrien und verletzt. Chenle drückt mich fest an sich- vielleicht braucht er das gerade mehr als ich es tue… 
Zögernd erwidere ich die Umarmung. 
"Es tut mir leid, Jisung. Jaemin hat mir gedroht. Ich musste es ihm sagen-"
"Um dich selbst zu schützen?", unterbreche ich ihn.
Es überrascht mich nicht wirklich… Ich bin mir sicher, Jaemin hat ihm damit gedroht Jeno zu erzählen, dass er etwas mit mir zu tun hat. Ich kann es nicht wirklich nachvollziehen, warum Chenle solche Angst hat aus der Clique zu fliegen, weil ich schließlich keine Freunde habe… Aber vielleicht verstehe ich ihn ja doch ein wenig..Er will nicht allein sein, denn einsam zu sein ist das Schlimmste, das es auf dieser Welt gibt. Klar könnte er mich statt ihnen haben- aber wer würde das schon wollen. 

Chenle gibt keine Antwort darauf. 
Ein Schluchzen ertönt im Raum, doch zum ersten mal kommt es nicht von mir.
"Es tut mir so leid, Jisung. Ich wollte das nicht!"
Es ist das erste mal, dass Chenle es sichtlich bereut, mich hintergangen zu haben- das erste mal, dass ich es deutlich sehen kann. Kein hingefetztes "Tut mir Leid" auf einem Papierbecher- kein "Es tut mir leid" wie das gestern, nur damit ich mich nicht vielleicht seinetwegen von einer Brücke werfe. Er meint es diesmal wirklich ernst. Ich kann es in seiner Stimme hören- die Angst- der Schmerz- die Überforderung. 
Es macht nicht gut, was er mir angetan hat… Aber ich akzeptiere die Entschuldigung, denn ich weiß, wie er sich gerade fühlt… 
Meine Hand streicht sanft über seinen Rücken.
"Ich verstehe es…", flüstere ich nach langem Schweigen in sein Ohr. Chenle sieht verheult zu mir hoch und murmelt ein leises Danke, ehe er sich langsam von mir löst. Bevor ich dazu komme, wischt er sich die Tränen schon in seinen Ärmel.
Auch wenn ich ihm vergebe, ist es wohl besser, wenn ich doch gehe… Nicht nur für mich, sondern auch für ihn. Ich bringe ihn nur in Schwierigkeiten. 
Wenn ich weiterhin zögere, knicke ich nur wieder ein… 

"Hast du mein T-Shirt gesehen?", versuche ich abzulenken und entferne mich wieder von ihm um weiter zu suchen. 
Chenle verneint meine Frage mit leiser Stimme.
"Hmn..Ach egal- Hab es sowieso nur als Pyjama verwendet…"
Ich greife nach meiner Schultasche, welche ich auf den Rücken nehme. Den Rucksack nehme ich auf meine rechte Schulter. "Du gehst also wirklich?", höre ich Chenle leise- wenn nicht sogar etwas verletzt- fragen.
Mein Blick schwankt zu ihm und ich nicke leicht. Es ist wie in einem Film, wenn das Paar schluss macht und einer auszieht- aber so weit waren wir doch noch gar nicht, oder? Wir waren doch gar kein Paar… oder?

𝑹𝒂𝒊𝒏𝒚 𝑫𝒂𝒚𝒔 / {𝐶ℎ𝑒𝑛𝑗𝑖}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt